Wenn leitende Personen aus Familienunternehmen in die Diskussion um Nachhaltigkeitsregulierung einsteigen, wiederholen sich ihre Reaktionen in auffälliger Weise. Wir arbeiten schon immer nachhaltig! Nachhaltigkeit liegt doch in unserer DNA! Bei uns leben wir Verantwortung – auch ohne Regulierung! Dass es uns in der x-ten Generation gibt, ist Beweis genug! Diese und ähnliche Aussagen sind zwar oft richtig, bilden aber nur einen kleinen Teil der anstehenden regulatorischen Erwartungen ab. Das betrifft auch einen Großteil der Textilunternehmen und Textilhändler. Und in dieser Branche ist durch die Katastrophe von Rana Plaza durchaus das Bewusstsein entstanden, dass gerade in den eigenen Lieferketten noch vieles getan werden kann und muss.
Von Norbert Taubken
Inzwischen sind die Vorgaben der europaweiten Nachhaltigkeitsregulierung weitestgehend geklärt. Nach dem Jahr 2025 wird diese fast 15.000 Mittelständler und Familienunternehmen allein in Deutschland betreffen. Und die meisten von ihnen haben sich noch nicht ausreichend auf den Weg gemacht, um den Anforderungen gerecht zu werden. Inzwischen ist Eile geboten.
Familienunternehmen. Was macht sie aus?
An welche Art von Unternehmen richtet sich dieser Beitrag: Familienunternehmen? Mittelstand? KMU? Ich möchte hier Unternehmen in den Blick nehmen, die durch Gründerinnen und Gründer oder Eigentümerfamilien mit einer aktiven Rolle in ihren Entscheidungsgremien geprägt werden. Unabhängig von ihrer Größe. Viele davon verstehen sich in Deutschland als „Mittelstand“, auch wenn sie längst mit mehreren Tausend Angestellten global ihre Geschäfte umsetzen. Diese familiengeprägten Unternehmen sind in allen Sektoren unserer Wirtschaft zu finden und eine besondere Wertekultur zeichnet sie oftmals aus. Bereits 2020 veröffentlichte das Wittener Institut für Familienunternehmen (Wifu) eine Studie zu Nachhaltigkeit in Familienunternehmen und bestätigte, dass es in vielen ein ausgeprägtes Engagement für die eigenen Mitarbeitenden und im Umweltbereich gibt.
Aus regulatorischer Sicht stellt sich die Lage anders dar: Die Wirtschaftsprüfgesellschaft PwC resümiert in einer Studie vom März 2023, Familienunternehmen würden sich nicht genug im Bereich ESG und Diversität engagieren. Anlass dieser Studie war, dass die meisten dieser Unternehmen für das Jahr 2025 erstmals unter die Offenlegungspflicht für ESG-Kennzahlen fallen, wie sie in der europäischen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) ausgearbeitet ist.
Einiges können sich familiengeprägte Unternehmen von den börsennotierten Konzernen abschauen, wenn es um den Umgang mit regulierter Nachhaltigkeitsberichterstattung angeht. Zugleich ist auch klar: Mit Blick auf Nachhaltigkeit „ticken“ Familienunternehmen anders als DAX-Konzerne. Ihre spezifischen Besonderheiten sollten auch berücksichtigt werden, wenn sie nun ihren Weg durch die EU-Regulierungsvorgaben zu Nachhaltigkeit gestalten müssen.
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