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Nachhaltiger Online-Handel: „Viel Luft nach oben“

Podiumsteilnehmer:innen von links nach rechts: Dr. Sara Elisa Kettner, Daniel Steffens, Maike Janßen und Marc Engelmann (Foto: Achim Halfmann, CSR NEWS)

Eine große Aufgabe, ein weites Spektrum – und noch vieles zu tun

Berlin (csr-news) – Im Blick auf die Nachhaltigkeit des Online-Handels sieht Maike Janßen vom Umweltbundesamt (UBA) „viel Luft nach oben“. Retouren, die Vermeidung von Verpackungsmüll und der Transport auf der letzten Meile seien zentrale Verantwortungsthemen, sagte Janßen gestern auf einem Podium zur „Nachhaltigen Plattformökonomie und Online-Handel“ anlässlich der Community Convention im Berliner  Bundesumweltministeriums. So würden Studien zeigten, dass etwa die Hälfte der Pakete ohne zusätzliche Verpackung auskommen könnte.

Ob der Einkauf im stationären oder im Online-Handel nachhaltiger sei, lasse sich nicht pauschal sagen. Der Online-Handel sei dann besser, wenn ein Kunde sonst mit seinem Auto zum Einkauf in die Stadt fahren würde, so die UBA-Mitarbeiterin.

Eine Verantwortung des Online-Handel sieht Janßen auch für das, was Menschen auf dessen Plattformen erwerben. Es mache einen Unterschied, ob sie langlebige Elektronik oder „den letzten heißen Scheiß, den sie nach einem Jahr wegwerfen“, in den elektronischen Einkaufskorb legten. Der Online-Handel habe viele gute Möglichkeiten, Verhalten zu steuern.

Auf ein verändertes Einkaufsverhalten von Kundenseite setzt Janßen nicht. Umweltbewusstseinsstudien würden zeigen: „Die Erkenntnis ist zwar da.“ Aber, so die UBA-Expertin weiter, „da klafft eine ziemliche Lücke zwischen dem Bewusstsein und der Bereitschaft, das Portemonnaies zu zücken.“

Auf die Verantwortung der Händler für ihre digitalen Oberflächen verwies Sara Elisa Kettner vom ConPolicy Institut. Es gebe manipulative Designs, die zum Verbleib auf einer Plattform und zu mehr Konsum antrieben. Kettner weiter: „Ich bin der Meinung, dass so etwas unterbunden werden sollte.“

Für Marc Engelmann, der mit seinem Startup Boomerang Mehrwegverpackungen für den Onlinehandel entwickelt, stehen oftmals Kostenüberlegungen bei den Plattformbetreibern nachhaltigeren Lösungen entgegen. „Manchmal fehlt auch ein bisschen Mut bei Online-Händlern“, so Engelmann weiter. Es sei einfacher, eine Einkaufstüte mit der Aufschrift „recyclebar“ zu nutzen, als eine Mehrwegverpackung einzusetzen. Deren Kostenvorteil liege darin, dass sie bis zu 50-mal verwendet werden könne.

Als Vertreter des Online-Handels nahm Daniel Steffens von Zalando an dem Podium teil. „Wir haben einen großen Schritt zurückgelegt“, sagte Steffens im Blick auf die Nachhaltigkeit seines Unternehmens. Es geht um eine große Aufgabe, das Spektrum sei weit und es gebe noch viel zu tun. Weil die Zusammenarbeit wichtig sei, stehe Zalando im Gespräch mit Marken und Kunden.

„Das Interesse an einem nachhaltigen Einkauf wird deutlich größer“, sagte Steffens. Es bestehe aber eine große Unsicherheit, wie und was man nachhaltig einkaufen könne. Der Zalando-Experte verwies dazu auf Frankreich, wo die Beilage eines differenzierten Produktblattes verpflichtend sei.

Kann also staatliche Regulierung den Online-Handel nachhaltiger machen? „Regulierung ja und in vielen Bereichen“, so Steffens. Es gehe um ein „Level Playing Field“ – gleiche Bedingungen für alle. Aber es brauche– etwa im Blick auf Schadstoffe in Textilien – auch eine bessere Marktaufsicht und Überwachung. Aktuellen EU-Gesetzesinitiativen zum Greenwashing steht Steffens positiv gegenüber: „Greenwashing hat es sehr lange und sehr intensiv gegeben.“


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