Mannheim (csr-news) – Menschen überschätzen den Zuckeranteil in Lebensmitteln – und essen trotzdem zu viel davon. So zeigt es eine psychologische Studie der Universität Mannheim. „Das hat uns überrascht“, sagt Julia Groß aus dem Forschungsteam der Universität. Erwartet hatten die Forschenden, dass Menschen den Zuckeranteil von Lebensmitteln unterschätzt hätten. Warum essen viele trotzdem mehr Zucker, als es gesund wäre – und setzen sich damit gesundheitlichen Risiken wie Fettleibigkeit oder Zahnkaries aus? Nach Einschätzung der promovierten Psychologin könnte es an dem begrenzten Wissen in der Allgemeinbevölkerung über den empfehlenswerten Zuckerkonsum liegen.
Die WHO empfahl bereits 2015 die Aufnahme von nicht mehr als 50 Gramm Zucker pro Tag; eine Reduzierung auf 25 Gramm würde zusätzliche Gesundheitsvorteile bringen, so die Organisation.
Die Mannheimer Forscherinnen testeten eine Möglichkeit zur Gesundheitsaufklärung: Die sogenannte „Seeding-Intervention“, d.h. die gezielte Bereitstellung numerischer Informationen. In einem Online-Experiment schätzten die 160 Teilnehmenden den Zuckergehalt verschiedener Lebensmittel (in Gramm). Dann erhielten sie eine Rückmeldung über den tatsächlichen Gehalt für einige typische Lebensmittel, mit oder ohne zusätzliche Angabe der entsprechenden Anzahl von Zuckerwürfeln; eine Kontrollgruppe erhielt keine Rückmeldung. Schließlich schätzten sie erneut den Zuckergehalt von Lebensmitteln. „Die Schätzungen der Personen, die die zweiminütige Aufklärung bekommen haben, verbesserten sich deutlich“, so Groß. „Bei den Personen ohne Aufklärung blieben die Schätzungen so ungenau wie im ersten Studienteil“.
Die Idee der Seeding-Intervention stamme aus den 90er Jahren, sei sehr einfach und zeitökonomisch und könne relativ viel leisten. Groß weiter: „Das hat uns so begeistert.“ Die Psychologin sieht dabei auch Hersteller und Handel in der Pflicht: „Unternehmen, die Verantwortung übernehmen wollen, könnten diese WHO-Empfehlung deutlicher kommunizieren.“
Kennzeichnungen wie der Nutri-Score würden zwar helfen, Produkte im Blick auf deren Nährwerte untereinander zu vergleichen. „Was fehlt ist diese Zahl“, so Groß. Mit der 50g-pro-Tag-Angabe könnten Menschen ihren Zuckerbedarf über den Tag planen.