40.CSR-MAGAZIN Modeindustrie Unternehmen & Gesellschaft

52. Innatex: Transformationen in der Biotextilbranche

Heike Hess, iVN (Foto: Achim Halfmann / CSR NEWS)

Das Gespräch mit Heike Hess vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft

Frankfurt a.M. (csr-news) – An diesem Samstag eröffnete die 52. Innatex in Hofheim bei Frankfurt am Main. Besucher der Fachmesse für nachhaltige Textilien kommen als erstes am Stand des „Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft (iVN)“ und an Heike Hess vorbei. Hess leitet die iVN-Geschäftsstelle und war bereits bei der ersten Innatex – die damals noch „Oekotex“ hieß – organisatorisch verantwortlich. Über 200 Aussteller sind auf der diesjährigen Messe vertreten, etwa ein Viertel davon kommen aus dem Ausland. Die Innatex verzeichnete im Vorjahr über 1.500 Fachbesucher und hatte damit noch nicht ganz das Vor-Corona-Niveau erreicht.

Die Innatex entstand aus den Nachfragen einiger Handelsvertreter, die auf konventionellen Messen nicht zu den Anbietern nachhaltiger Textilien fanden, berichtet Hess. Von Anfang an setzte die Messe auf Naturfasern und ökologische Nachhaltigkeit – bei der ersten Veranstaltung mit 52 beteiligten Ausstellern.

Knapp 100 Mitglieder verzeichnet der iVN; während der Corona-Pandemie sank die Mitgliederzahl leicht. „Viele unserer Mitglieder sind wirkliche Nachhaltigkeits-Leuchttürme“, sagt Hess. Im Verband vertreten sind Unternehmen der Vorproduktion, Marken und der Handel. Gemeinsam ist ihnen, dass sie ausschließlich Bionaturfasern einsetzen.

Vertrauensverlust in Baumwolle

Doch selbstverständlich ist es nicht, dass Naturfasern für ein nachhaltiges und verantwortungsvolles Wirtschaften stehen. Das zeigen etwa Berichte über den hohen Wasserverbrauch oder Zwangsarbeit beim Baumwollanbau. „Wir sind seit einem Jahr dabei, uns um Alternativen zur Baumwolle zu kümmern“, sagt Hess. Das Vertrauen der Verbraucher in die Baumwolle habe gelitten und die Weltmarktpreise seien hoch. So stehen Leinen, Hanf und Bast im Fokus der Überlegungen – und die Frage, wie deren Eigenschaften für die Nutzung in Textilien optimiert werden können. Eine andere Zukunftsidee richtet sich auf den Einsatz von Regeneratfasern aus Lebensmittelabfällen. Bei der Materialentwicklung will der iVN mit Universitäten und Hochschulen zusammenarbeiten. Hess: „Wir fangen jetzt an, die ersten Kontakte zu knüpfen.“

Kurze Lieferketten als Chance

Auch die iVN-Mitglieder litten unter der Corona-Pandemie und erleben die Schwankungen von Angebot und Nachfrage auf dem Textilmarkt. „Es ist eine große Herausforderung, dass nichts planbar ist“, sagt Hess. So hätten es die iVN-Mitglieder auf Angebotsseite etwa mit Ernteausfällen zu tun oder dem unerwarteten Ausfall eines Zertifizierers. Manchen Unternehmen gehe „so langsam die Puste aus“. Als Vorteil erweise sich in dieser Situation der Fokus der iVN-Mitglieder auf europäische Zulieferer: „Die Biotextilbranche ist weniger fragil, weil es kleine Unternehmen mit kurzen Lieferketten sind.“ Auch die langfristigen Lieferantenbeziehungen hätten Vertrauen aufgebaut, was etwa die Verschiebung von Zahlungszielen erleichtere.

Dass auch die großen Handelsmarken zunehmend auf „grüne“ Angebote setzen, hält Hess für weniger herausfordernd. „Das ist eine Situation, die unsere Mitglieder seit Jahren kennen.“ Die iVN-Unternehmen antworteten mit einer guten Beratung, einer hohen Produktqualität und einer 100-prozentigen Nachhaltigkeit. Weiter seien die Aufklärung der Verbraucher über die Vielzahl der Nachhaltigkeitssäulen und die Kundenbindung wichtig.

Rücknahmesystem für Biotextilien

Auf der To-do-Liste des Verbandes für die zweite Jahreshälfte steht das Thema „Kreislaufwirtschaft“. Hierbei gehe es um den strategischen Zugang auf das Thema, etwa um die Erfassung des „Status Quo“ und die Frage danach, was fehle – etwa Rücknahmesysteme. Viele Anforderungen der Kreislaufwirtschaft seien durch die Mitgliedsunternehmen bereits erfüllt, so Hess. Auch im Blick auf die Kreislaufwirtschaft arbeite der Verband mit externen Partnern zusammen.

Verantwortung für die Gesamtbranche

Über den eigenen Mitgliederkreis hinaus übernimmt der iVN durch die Mitgliedschaft im „Bündnis für nachhaltige Textilien“ Verantwortung in der Modebranche; Heike Hess saß drei Jahre im Steuerungskreis des Bündnisses. Dieses sei allerdings stark auf die Bedürfnisse großer Unternehmen ausgerichtet und für iVN-Mitglieder weniger interessant. Die im Textilbündnis vereinbarten Parameter seien hoch, die Umsetzungspflichten dagegen niedrig. Die iVN-Anforderungen an seine Mitglieder seien deutlich höher als die Anforderungen des Textilbündnisses, so Hess weiter.

Verantwortung übernimmt der Verband zudem durch die Herausgabe von Qualitätszeichen. Zu 25 Prozent ist der iVN am Global Organic Textile Standard (GOTS) beteiligt. Als eigene Standards gibt er „IVN zertifiziert best Naturtextil“ und „IVN zertifiziert best Naturleder“ heraus. „Das Thema Qualität ist wichtig“, sagt Hess.

Die 52. Innatex ist noch bis Montagabend geöffnet.
Die Messe im Web: https://innatex.de

Die ist ein Text für eine unserer kommenden Magazinausgaben. Eingeloggte Mitglieder der CSR NEWS-Community können den Text > hier als PDF downloaden.

Die 52. Innatex am 29.7.23 (Foto: Achim Halfmann / CSR NEWS)


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