Berlin (csr-news) – Wie gelingt die Dekarbonisierung der Lieferkette? Das Climate Playbook 2023 bietet dazu Guidelines und 10 praktische Schritte. Es beruht auf den Beiträgen zum Climate Transformation Summit im Mai. Bei der Online-Konferenz diskutierten rund 80 Expert:innen mit 670 Teilnehmenden aus 27 Ländern über Best Practices der Klimatransformation. Die Ergebnisse fasste das Unternehmen The Climate Choice zusammen. CSR NEWS fragte die Mitgründerin und Geschäftsführerin Lara Obst des Unternehmens nach ihren Erfahrungen. Die Fragen stellte Achim Halfmann.
CSR NEWS: Wie weit sind deutsche Unternehmen mit der Berücksichtigung der Lieferketten (Scope 3) in ihrer Klimastrategie?
Lara Obst: Den meisten Unternehmen ist heute bereits klar, dass ihre Lieferkette eine Schlüsselrolle für die Erreichung ihrer Klimaziele spielt. Schließlich fallen typischerweise 90 % oder mehr der Emissionen eines Unternehmens auf Scope 3, besonders auf erworbene Produkte und Dienstleistungen Dritter entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Viele haben jedoch gerade erst angefangen, sich mit dieser Herausforderung auseinanderzusetzen. So liegt der aktuelle Fokus noch häufig auf der Erstbestimmung und Quantifizierung der Scope-3-Emissionen. Damit ist es aber noch lange nicht getan! Als nächster Schritt müssen direkte Primärdaten zum Klimareifegrad von Lieferanten erfasst werden, um auf dieser Basis gemeinsame Dekarbonisierungsmaßnahmen zu erarbeiten und voranzutreiben. Hier gibt es noch sehr viel zu tun.
Mancher Mittelständler wird sagen, dass ihm an dieser Stelle die Zeit und die finanziellen Ressourcen fehlen. Was antworten Sie darauf?
Mangelnde Ressourcen und Know-How stellen ganz klar die größte Hürde dar, vor allem für mittelständische Unternehmen. Demgegenüber steht jedoch die Tatsache, dass die Berücksichtigung von Lieferkettenemissionen ihnen langfristig dabei helfen kann, Kosten zu senken und einen nachhaltigen Geschäftserfolg sicherzustellen. Denn immer mehr Kunden erwarten von Unternehmen Transparenz, Verantwortung und Angaben zu konkreten Klimaschutzmaßnahmen in der gesamten Wertschöpfungskette. Eine proaktive Herangehensweise an dieses Thema bietet also Wettbewerbsvorteile und fördert die Kundenbindung.
Zudem stehen den Verantwortlichen unterschiedliche Unterstützungsangebote zur Verfügung. Zum einen gibt es staatliche Förderprogramme, wie zum Beispiel vom BAFA, und zum anderen hat sich bereits ein Markt an Lösungsanbietenden entwickelt, zu denen als Software-Anbieter auch THE CLIMATE CHOICE gehört, um Prozesse für die Dekarbonisierung der Lieferkette effizienter und einfacher zu gestalten.
Aus der Erfahrung der Unternehmen, die bereits auf dem Weg sind: Wie und wo lohnt es sich, mit der Berücksichtigung der Lieferketten in der Klimastrategie zu beginnen?
Für jedes Unternehmen lohnt es sich, jetzt die Klimawirkung ihrer Lieferkette ins Visier zu nehmen. Denn ohne eine erfolgreiche Klimastrategie in Scope 3 ist das Erreichen jeglicher Klimaziele praktisch unmöglich. Das ist komplex, aber durchaus machbar.
Dazu helfen die folgenden drei Schritte: Zunächst sollten Sie dabei mit einer Analyse der Lieferkettenemissionen beginnen. Dies ermöglicht es, die relevanten Bereiche zu identifizieren, in denen der größte Hebel zur Emissionsreduktion liegt. Als nächsten Schritt binden Sie Ihre Lieferanten ein, um Einblicke in deren Klimareifegrad zu gewinnen und eine Grundlage für klimabezogene Maßnahmen zu schaffen. Dabei sind nicht nur CO2-Werte von Bedeutung, sondern gerade auch, welche Klimaziele Ihre Geschäftspartner verfolgen, welche Maßnahmen zur Emissionsreduktion sie schon umsetzen oder planen und ob sie dies mit Daten belegen können. Dieses Wissen dient als Hebel, um unterschiedliche Lieferanten-Gruppen entsprechend ihres Klimareifegrads einzubeziehen, Best Practices und Ressourcen zu teilen und gemeinsam Verbesserungen umzusetzen. Der wichtigste, dritte Schritt: Wiederholen Sie diesen Prozess kontinuierlich, um Fortschritte erfolgreich zu messen sowie Maßnahmen kritisch zu überprüfen und schließlich transparent reporten zu können.
Was bietet dazu Ihre Broschüre „The Climate Playbook“?
Das Climate Playbook ist im Anschluss an unseren diesjährigen Climate Transformation Summit entstanden. Bei dem Online-Event haben rund 80 Expert:innen mit 700 Teilnehmenden aus 27 Ländern über Best Practices der Dekarbonisierung von Scope 3 diskutiert – eine wahre Goldgrube an aktuellen Einblicken in die Klimatransformation. Zusammen mit unserem Partner BearingPoint haben wir diesen Schatz gehoben und die wichtigsten Ergebnisse des Summit im Climate Playbook für alle zugänglich gemacht. Herausgekommen ist dabei ein 30-seitiges Playbook, das den Leser:innen aktuelle Best Practices, Leitprinzipien der Klimatransformation sowie 10 praktische Schritte zur Dekarbonisierung der Lieferkette bietet.
Und was steckt in der „Climate Intelligence Platform“, die Ihr Unternehmen anbietet?
Mit der Climate Intelligence Plattform unterstützen wir Unternehmen dabei, ihre Klimaziele in der Lieferkette zu managen und erfolgreich umzusetzen. Hierfür bietet unser Software-Tool eine skalierbare ESG-Datenerfassung mit spezifischem Fachwissen über Klima-Daten. Unser System nutzt dabei u. a. KI, um Informationen aus öffentlichen Quellen wie Nachhaltigkeitsberichten strukturiert zu erfassen, bietet aber auch die Möglichkeit der direkten Datenerfassung von Lieferanten. Anschließend können Unternehmen die Klimarisiken und -auswirkungen ihrer Lieferkette mithilfe unserer Analysefunktionen einfach abbilden und daraus handlungsorientierte Erkenntnisse gewinnen. Die Plattform bietet hierfür individuelle Dashboards, um sowohl den Status quo als auch die Verbesserung entlang der Lieferkette zu steuern. Die Daten sind ganz praktisch als Lieferanten-Scorecards, Ratings und Benchmarks nutzbar und können via API einfach mit anderen Systemen verbunden werden.
Die Climate Intelligence Platform ist industrie-unabhängig aufgebaut und unterstützt jedes Unternehmen, das seine Klimaziele in Scope 3 erfolgreich umsetzen will. Kunden wie o2 Telefónica, HiPP und die Trilux Gruppe nutzen sie bereits, um die Zusammenarbeit mit ihren Lieferanten an Reduktionsmaßnahmen zu verbessern.
Und zuletzt: Was hat Sie persönlich zur Gründung des Unternehmens „The Climate Choice“ motiviert?
Während meines Studiums im Jahr 2014 hatte ich meinen persönlichen Klima-“Aha”-Moment, als ich den damaligen Bericht des Weltklimarats (IPCC) unter der Leitung von Prof. Dr. Ottmar Edenhofer studieren durfte. Die Erkenntnisse waren schockierend – vor allem, weil unser geschlossenes Handeln in der Wirtschaft fehlte, um wirklich etwas gegen die drohenden Klimaauswirkungen in der Praxis zu unternehmen. Zum Glück hat der Klimabericht nicht nur erschreckende Fakten offenbart, sondern auch gezeigt, dass es bereits erprobte Lösungen gibt, um unseren Planeten zu schützen – und wir diese in Zusammenarbeit umsetzen können. Mit meinen Mitgründern Yasha Tarani und Dr. Rey Farhan ist uns damals schnell klar geworden, dass es Unternehmen für diese Zusammenarbeit vor allem noch an einer transparenten Datengrundlage fehlt. So entstand die Idee für THE CLIMATE CHOICE und unsere Climate Intelligence Platform.
Vielen Dank für Ihre Antworten!
Der vollständige Guide „The Climate Playbook“ steht hier zum kostenlosen Download zur Verfügung.