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KI-Marktplatz gegen Lebensmittelverschwendung

Foto: Kostiantyn Li auf Unsplash

Das Forschungsprojekt REIF entwickelt eine Online-Plattform. Ein Beitrag für das 39. CSR MAGAZIN

Wuppertal (csr-news) – Jedes Jahr landen in Deutschland etwa 18 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Etwa 60% davon – also knapp 11 Millionen Tonnen – werden in Herstellung und Handel vernichtet. Wie Künstliche Intelligenz (KI) dazu beitragen kann, die Lebensmittelverschwendung in der Produktionskette zu reduzieren, untersuchte das dreijährige Forschungsprojekt REIF, das Ende Juni seinen Abschlussbericht vorstellte. Ein Projektergebnis ist die REIF-Plattform, der Prototyp für einen KI-Marktplatz: Dort erhalten Hersteller, Handel und NGOs Zugang zu KI Dienstleistungen gegen die Lebensmittelverschwendung, die die Partner im Rahmen des Projekts erarbeitet haben.

Forschungsprojekt REIF (Foto: Nicolas Barthelmé)

„Es sind die vielen externen Einflüsse, die eine Voraussage von Lebensmittelbedarfen für Lebensmittelhersteller und -handel schwierig machen“, sagt der Betriebswirt Nicolas Barthelmé, der für das Wuppertaler „Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production“ (CSCP) als Projektmanager bei REIF tätig ist. „Denken Sie nur an große Krisen wie Corona oder den Ukraine-Krieg, aber auch an Wettereinflüsse, Preisverhandlungen oder die Inflation.“

Neben ethischen Fragen der Lebensmittelvernichtung gehe es auch um Millionen von Euros in der gesamten Lieferkette, die durch eine bessere Bedarfsplanung eingespart werden könnten, so Barthelmé. Auch das motiviere Hersteller und Handel zum Engagement. Und da kommt KI ins Spiel, denn eine Stärke dieser Technologie liegt in der schnellen Auswertung großer Datenmengen und der sofortigen Reaktion auf Veränderungen. In der Lebensmittelbranche wird eine große Menge an Daten produziert: Chargennummern, Qualitäts- und Wetterdaten, Produktionsmengen. Barthelmé: „Mit der Auswertung solcher Datenmengen sind Menschen irgendwann überfordert. Nur KI kann den disruptiven Ansatz unterstützen, den wir zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung brauchen.“ Denn eine KI kann aus den Analysen selbständig lernen und so immer besser werden.

Durch KI können Bedarfsprognosen und Bestellungen optimiert werden und es können mit Blick auf das Mindesthaltbarkeitsdatum von Produkten genau die Preisreduktionen ermittelt werden, die für einen Abverkauf der Produkte erforderlich sind. Seit Januar werden diese „dynamischen Mark-Down Preise“ im Realbetrieb zweier tegut… Supermärkte erprobt. Dazu werden täglich ca. 20.000 von tegut… übermittelte Informationen zu Mengen, Lieferungen und Verlusten durch produktspezifisch optimierte KI-Modelle verarbeitet. Das Ergebnis sind rund 150 vorgeschlagene Preisreduktionen auf etwa 200 Chargen. Das können – aufgrund unterschiedlicher Mindesthaltbarkeitsdaten – zwei oder drei unterschiedliche Preise für dasselbe Produkt sein. „Preise KI-gesteuert nicht weiter als erforderlich zu reduzieren, das verteidigt auch die Handelsspanne“, sagt Barthelmé. Zudem reduziert die KI-Berechnung von Preisen den erforderlichen Personaleinsatz deutlich. Wenn die neuberechneten Preise dann auf elektronischen Preisetiketten an der Ware sichtbar gemacht werden können, wird der Personalbedarf nochmals deutlich verringert. Was wichtig ist für eine Branche, die unter Personalmangel leidet.

Forschungsprojekt REIF (Foto: Nicolas Barthelmé)

Eine Aufgabe des CSCP in diesem Projekt ist der Blick auf die Kunden, die etwa danach fragen, wie unterschiedliche Preise für ein Produkt zustande kommen. Dazu wurde die animierte Karotte „Zorrero“ entwickelt, die nachts aktiv wird und ablaufgefährdete Produkte identifiziert. Letztlich sollen Kunden nicht nur über einen günstigeren Preis zum Kauf motiviert werden, sondern auch durch die Möglichkeit, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.

REIF steht für “Ressource-Efficient, Economic and Intelligent Foodchain”. Finanziert wird das Forschungsprojekt durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz noch bis Ende Juni. Konzentriert hat sich das REIF-Projekt auf die Produktgruppen Milch, Fleisch und Backwaren. Neben tegut … und dem CSCP gehören u.a. das Fraunhofer IGCV, die Technische Universität München, die Hochschule Augsburg, die Software AG, GS1 Germany, Westfleisch, Hochland und Kuchenmeister zu den Projektbeteiligten. Insgesamt waren 31 Firmen an REIF beteiligt.

Unternehmen aus dem Lebensmittelsektor, die Entwicklungspartner und KI-Services gegen die Lebensmittelverschwendung suchen, können den REIF-KI-Marktplatz nutzen:
https://ki-lebensmittelretter.de/

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