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Lokale Orte für neue Formen des Wirtschaftens erforschen

Foto: Alanus Hochschule Alfter

Verena Hermelingmeier als Juniorprofessorin an die Alanus Hochschule berufen

Bonn (csr-news) – Verena Hermelingmeier ist seit diesem Semester Juniorprofessorin für Nachhaltigkeit und Transformation in Unternehmen und Gesellschaft an der Alanus Hochschule in Alfter. Mit dem Maarwerk im Bonner Stadtteil Beuel will sie – auch gemeinsam mit ihren Studierenden – neue Wege für nachhaltiges Wirtschaften erschließen. Die Wissenschaftlerin, die zuvor am Zentrum für Transformationsforschung und Nachhaltigkeit der Universität Wuppertal forschte, nimmt an der Alanus Hochschule eine Stiftungsprofessur ein, finanziert durch die Globus Holding.

  • Was sind Besonderheiten einer Stiftungsprofessur, Frau Hermelingmeier?
  • In Köln haben Sie das Wandelwerk mitgegründet, ein Pilotprojekt für Startups, die den urbanen Wandel nachhaltig voranbringen wollten. Welche Erfahrungen bringen Sie aus dieser Zeit mit?
  • In Bonn wollen Sie als Geschäftsführerin der bonnvivir GmbH das Maarwerk im Gewerbegebiet Beuel-Ost als einen Campus für Unternehmen aufbauen, die Wirtschaft neu und nachhaltig gestalten. Was werden Sie dazu initiieren?
  • Wie weit ist die Entwicklung des Maarwerks bisher vorangekommen?
  • Wie verbindet sich Ihr Engagement für das Maarwerk mit Ihrer Lehre?

Für CSR NEWS sprach Achim Halfmann mit ihr über Herausforderungen und Perspektiven ihrer neuen Aufgabe.

CSR NEWS: Was sind Besonderheiten einer Stiftungsprofessur, Frau Hermelingmeier?

Prof. Dr. Verena Hermelingmeier: Die Professur ist zunächst offen gestaltet und nicht an Themen aus dem Handel geknüpft. Inhaltlich interessiert mich das lokale nachhaltige Wirtschaften besonders. Ich werde mir also ganz konkret vor Ort Netzwerke und Unternehmensverbünde anschauen.

Unternehmen wie Globus sind lokal verortet und zugleich übergreifend tätig. Sie können lokal mit Nachhaltigkeits-Narrativen und neuen Ansätzen experimentieren und eine nachhaltige Transformation voranbringen, etwa durch den Einsatz von Lastenrädern bei Auslieferungen. An anderen Orten wird es andere lokale Besonderheiten und andere Transformationsansätze geben.

In der Lehre werde ich mich mit der Einbettung von Unternehmen in gesellschaftliche Kontexte beschäftigen. Woher kommt CSR? Und wie können wir sie weiterdenken? Mit Studierenden im Master werde ich mir ganz konkret Transformationsprozesse anschauen.

Mein Forschungsfeld werden lokale Orte sein, an denen neue Formen des Wirtschaftens ausprobiert werden. Ich werde der Frage nachgehen, wie solche Labore anschlussfähig für eine Stadt oder ein Gewerbegebiet werden können.

In Köln haben Sie das Wandelwerk mitgegründet, ein Pilotprojekt für Startups, die den urbanen Wandel nachhaltig voranbringen wollten. Welche Erfahrungen bringen Sie aus dieser Zeit mit?

In Köln-Neuehrenfeld konnten wir knapp 15 Monate lang das Gelände eines ehemaligen Autohauses als Experimentierraum nutzen. Gelernt habe ich, einfach mal loszulegen. Wir haben zwar auch viele Fehler gemacht, aber so in kurzer Zeit einen Ort erschaffen, der mit Leben erfüllt war. Viele Leute kamen zu uns, die im Wandelwerk Potenziale für die Ideen sahen, die sie voranbringen wollten. Innovatoren brauchen einen solchen Raum, in den sie ihre Visionen einbringen und in dem sie etwas voranbringen können.

Es ist in einem solchen Raum nicht alles vorhersehbar und planbar, auch das habe ich gelernt.

In Bonn wollen Sie als Geschäftsführerin der bonnvivir GmbH das Maarwerk im Gewerbegebiet Beuel-Ost als einen Campus für Unternehmen aufbauen, die Wirtschaft neu und nachhaltig gestalten. Was werden Sie dazu initiieren?

Auch dort wollen wir Räume schaffen, in denen Menschen experimentieren können. Das etwa 12.000 qm große Gelände hat seinen Namen von der Maarstraße, an der es liegt. Der physische Ort wird Menschen mit verschiedenen Perspektiven und Hintergründen zusammenbringen, Menschen aus Unternehmen und Zivilgesellschaft. Das werden nicht nur hoch innovative Startups sein, sondern ebenso bodenständige Handwerksunternehmen. In den Begegnungen und an den Schnittstellen dieser Unternehmen werden großartige neue Ideen entstehen.

Unsere Projektentwicklung soll einen Ort für urbane Produktion und nachhaltige Logistik schaffen, der für junge Menschen attraktiv ist. Und zugleich sollen in der Stadt bezahlbare Räume für Handwerk und Produktion entstehen, denn durch hohe Mieten und Immobilienpreise werden Handwerksbetriebe immer weiter aus urbanen Zentren herausgedrängt.

Dazu setzen wir auf eine gestapelte Produktion, die ein Arbeiten auf mehreren Gebäudeebenen ermöglicht. Hierfür gibt es baulich gute Lösungen, die Lastenaufzüge und Laubengänge nutzen. Zugleich wollen wir mitdenken, wie wir nachhaltig und ressourcenschonend bauen können.

Wie weit ist die Entwicklung des Maarwerks bisher vorangekommen?

Vor Ort sind bereits zwei Startups angesiedelt: Zum einen ist das die Vemo Lastenradlogistik, ein Start-up, das 2020 von Alanus-Absolvierenden gegründet wurde und dem es um eine nachhaltige Logistik auf der letzten Meile geht. Und zum anderen ist das mit Midel Photonics ein Spin-off aus der Exzellenzforschung der Universität Bonn, das neue und Ausschuss-reduzierende Lasertechniken entwickelt.

Die bonnvivir ist zugleich Eigentümerin des Geländes und Bauentwicklerin. Das Unternehmen ist in Familienhand. Die Eigentümer setzen nicht auf maximalen Profit, sondern auf eine Vision, die eine Bereicherung für die Stadt sein soll.

Die vorhandene Fläche wollen wir entsiegeln und Gebäude mit Aufenthaltsqualität schaffen. Zugleich wollen wir Bauwagen aufstellen für Startups, die sich noch keine Miete leisten können, so aber Teil unseres Ökosystems werden können, einer Mischung aus professionellem und schnell wachsendem Ort.

Wir schreiben gerade einen Förderantrag für den Bau der Infrastruktur sowie die begleitende Gestaltung des Ortes als „Reallabor“: bonnvivir, die Alanus Hochschule und das Fraunhofer FIT. Der Bau ist grundsätzlich auch ohne eine Förderung finanzierbar, aber die Förderung eröffnet ganz andere Spielräume in der Ausgestaltung des Betriebsmodells.

Wie verbindet sich Ihr Engagement für das Maarwerk mit Ihrer Lehre?

Das Maarwerk ist ein ausgezeichnetes Spielfeld, um mit Studierenden aktiv zu werden. Alanus ist ja nicht nur eine Wirtschafts-, sondern auch eine Kunsthochschule. Das Maarwerk bietet ausgezeichnete Chancen, Ideen aus der Wirtschaft in die Praxis zu bringen. Ich war bereits mit Studierenden vor Ort: Sie entdecken vieles, was bereits im Beruf stehende Menschen nicht sehen. Die Studierenden blühten auf und Ideen sprudelten. Das war sehr inspirierend.

Vielen Dank für das Gespräch!


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