39.CSR-MAGAZIN Agenturen CSR_NEWS Künstliche Intelligenz

„Es wird eine neue Sehnsucht nach dem Echten geben“

Jörg Wolf (Foto: Castenow)

Castenow-Chef Jörg Wolf im Gespräch über KI in der Agenturarbeit [39. CSR MAGAZIN]

Düsseldorf (csr-news) – Künstliche Intelligenz (KI) verändert die Arbeitsabläufe in Agenturen. Jörg Wolf ist Geschäftsführender Gesellschafter und Kreativkopf der Employer Branding und Marketing-Agentur Castenow in Düsseldorf. Im Gespräch mit CSR NEWS berichtet er, wo seine Agentur KI einsetzt – und wo nicht. Und er gibt Einblicke in den Einführungsprozess für neue Technologien in seinem Team.

Das Gespräch führte Achim Halfmann

CSR NEWS: KI-Anwendungen werden derzeit mit immer mehr Anwendungen in den Alltag integriert. Was ändert das für Ihre Agentur?

Jörg Wolf: Wir sind nicht irgendeine Agentur, wir haben uns vor 14 Jahren auf Employer Branding spezialisiert. Unsere Aufgabe ist es, Arbeitgeber attraktiv nach innen und außen im Markt zu positionieren.

In diesem Prozess geht es darum, echt zu sein. Was nach innen nicht glaubwürdig ist, fliegt Ihnen irgendwann draußen um die Ohren. Deshalb ist es unsere Aufgabe, Echtheit zu vermitteln, unser Agenturprodukt soll das Echte sein.

Mit Blick auf die Glaubwürdigkeit erhält KI eine neue Dimension: Es wird eine neue Sehnsucht nach dem Echten geben, Glaubwürdigkeit wird in Zeiten von KI eine neue Relevanz erhalten.

Und was ändert sich in Ihrer täglichen Arbeit?

Wir haben KI dankbar als Geschenk angenommen. Künstliche Intelligenz hält in viele komplexe Systeme Einzug, etwa in Photoshop. Bisher setzen wir beispielsweise ChatGPT, das AI-Videotool Runway und die Bildgestaltungssoftware Midjourney ein. Diese Tools erleichtern es uns, im Arbeitsalltag auf das Wesentliche konzentriert zu bleiben.

Wir setzen die Tools im Modelling ein, erstellen damit Mood-Bilder und Ideen, häufig in einer Kombination von ChatGPT und Midjourney. Unsere Artdirektorinnen und Artdirektoren freuen sich, dass sie endlich Ideen schnell umsetzen können. Das mühsame Zusammenbauen mit Shutterstock-Bildern entfällt immer mehr, die KI übernimmt in Zukunft mehr und mehr die Erstellung.

Wie andere Branchen auch haben wir mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen. Finden Sie mal gute Artdirektoren und gute Texterinnen auf dem Arbeitsmarkt. Wenn die Vorhandenen von Fleißarbeit entbunden werden, ist das gut.

Wenn es dann aber um unsere finalen Produkte geht, setzen wir keine KI ein. Da buchen wir ganz klassisch Fotografen oder produzieren mit unserer eigenen video-Unit oder Partnern. Die Menschen draußen wollen sehen, was echt ist. Deshalb brauchen wir die echten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die echten Statements und echte Bewegungen im Arbeitsumfeld.

Daneben sehe ich Probleme vor allem in der Rechtssicherheit, und auch deshalb würde ich Texte von ChatGPT und Bilder von Midjourney nicht in der externen Kommunikation einsetzen.

 

Wie bereiten Sie Ihr Team auf den Einsatz von KI-Software vor?

Unsere Leute sind mega-neugierig. Als erstes machen wir großes Rudel-Meetings, das sind offene Ideen-Runden. So haben wir es mit dem großen Thema Nachhaltigkeit auch gemacht. Daraus entstehen produktive Diskussionen. Und darauf folgen dann kleine Chaosphasen, wo jeder das Thema erforscht.

Und schließlich erstellen einzelne Leute kleinere Präsentationen: Brain Food. Und dann fangen wir in der Regel an, die Dinge zu formalisieren. Schließlich setzen wir auf Unit Ambassadors – in jedem Team gibt es einen oder eine, der oder die sich kümmert. Damit erwischt man die Leute, die wirklich Bock auf ein neues Thema haben.

Wie stellt sich die Agenturbranche insgesamt zur KI?

KI ist ein Thema in so gut wie jedem Gespräch. Unsere Branche ist in einem Umbruch: Es sind viele neue digitale Agenturen am Markt. Bei den eingesessenen Agenturen ringsherum sehen wir große Entlassungswellen, gerade hier in Düsseldorf. Die Großen sind relativ klein geworden, da gibt es Generationswechsel. Ich glaube, dass die Agenturen weiterbestehen werden, die sich öffnen und junge Leute an die Themen ranlassen.

Ich persönlich bin froh, dass sich mal wieder was tut. Alles, was sich verändert, ist eine Riesenchance, man muss das nur annehmen. Wir gehen seit 30 Jahren neue Wege und ich freue mich auf eine neue Arbeitswelt, die wir mit unserer Idee von Employer Branding und Authentizität begleiten.

Vielen Dank für das Gespräch!

Creative Commons Lizenzvertrag
Dieser Text (ohne Bilder) ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.

Creative Commons Lizenzvertrag
Dieser Text (ohne Bilder) ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.


Werden Sie Mitglied im UVG e.V. und gestalten Sie den Nachhaltigkeitsdialog mit. > Die Infos
DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner