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Die unsichtbare Kinderarbeit in globalen Lieferketten

Kinder von Textilarbeiterinnen besuchen eine Schule in Dhaka (Foto: Achim Halfmann)

Save the Children-Studie zeigt Verlagerung in untere und vorgelagerte Ebenen

Berlin (csr-news) – Kinderarbeit ist aus den Lieferketten westlicher Unternehmen nicht verschwunden, sie ist nur weniger sichtbar. Das geht aus der Studie „Kinderrechtsrisiken in globalen Lieferketten: Warum ein Null-Toleranz-Ansatz nicht genug ist“ hervor, die Save the Children heute vorgestellt hat.

„Viele Unternehmen glauben, dass Kinderarbeit kein Thema mehr ist, weil sie ihren Fokus auf die 1. Tiers richten und Audits nichts finden, weil sie nicht die komplette Lieferkette durchdringen“, sagt Anne Reiner, Fachleitung für Nachhaltige Lieferketten bei Save the Children Deutschland. Aber: „Kinderarbeit wurde nicht eliminiert, sondern auf andere Ebenen verdrängt.“

Für die Studie wertete die NGO 20 Kinderrechtsanalysen der Jahre 2019 bis 2022 aus. In diesen Analysen werden Risikofaktoren sowie Geschäftspraktiken in der Produktion, der Landwirtschaft und im Bergbau in Äthiopien, Brasilien, Indien, Indonesien, Sri Lanka, Vietnam, der Türkei und der Demokratischen Republik Kongo beleuchtet. Es wurden 2.751 Eltern und 1.799 Kinder interviewt und Gespräche mit weiteren relevanten Stakeholdern geführt. In der Hälfte dieser Studien wurde Kinderarbeit nachgewiesen, in acht der verbleibenden zehn Analysen wurde ein sehr hohes Risiko für Kinderarbeit beobachtet.

Nach der Auswertung von Save The Children existiert Kinderarbeit vor allem in vorgelagerten, unteren Ebenen der Lieferketten und in informellen Sektoren. Die schlimmsten Formen der Kinderarbeit fanden die Analysten im Bergbau, insbesondere im handwerklichen Kleinbergbau. Monitoring-Mechanismen internationaler Unternehmen führen danach oftmals nur zu einer Verlagerung von Kinderarbeit, nicht aber zu deren Beseitigung. Deshalb gehe es um die Verantwortungsübernahme im Kerngeschäft.

„Der eigentliche Knackpunkt ist, dass Unternehmen Preise zahlen, die entlang der Lieferkette keine Löhne oder Einkommen über dem existenzsichernden Niveau ermöglichen“, sagt Reiner. Nach den Erfahrungen der Kinderrechtsexpertin zählen eine unfaire Preisgestaltung, unrealistische Umschlagzeiten und stark variierende Volumina zu den strukturellen Ursachen von Kinderarbeit. Reiner weiter: „Unternehmen sollten sich deshalb zuerst ihre Beschaffungspraxis anschauen, dort ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflicht gerecht werden und dann in das Gemeinwohl investieren.“ Verstärkt seien allerdings aggressive Beschaffungspraktiken und eine aggressive Preispolitik zu beobachten – was zu einer umfangreicheren Unterauftragsvergabe führe und so das Risiko von Kinderarbeit erhöhe.

Eine Aufgabe sei es, Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen. „Bildung ist grundsätzliche eine Staatsaufgabe, die in vielen Ländern unserer Welt mit Problemen und Lücken wahrgenommen wird“, sagt Reiner. „Wo es solche Lücken gibt, etwa bei Wanderarbeiterinnen und -arbeitern, da sollten Unternehmen vorübergehende eigene Lösungen schaffen, etwa mit einem Temporary Learning Center.“

Unternehmen fordert die Kinderrechtsexpertin dazu auf, in den Abhilfesystemen ihrer Lieferketten das Kindeswohl in den Mittelpunkt zu stellen. Reiner weiter: „ Das können Unternehmen nicht alleine sicherstellen, sondern es braucht unabhängige Organisationen. Und die sollten über eine entsprechende Expertise verfügen, denn am Ende des Tages ist Kinderrechtsschutz konkrete Fallarbeit.“

Die Studie > als PDF zum Download


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