Würzburg (uvg) – „Gier ist gut!“, „Gier und egoistisches Handeln zur Befriedigung materieller Bedürfnisse kann wertvoll für die Gesellschaft sein! Es geht darum, die Gier zu aktivieren!“ und die feste „Überzeug, dass wir unsere „Hausaufgaben“ für die nachfolgenden Generationen nur dann lösen können, wenn wir an die Gier in uns allen appellieren“ sind Aussagen, die man von einer Führungskraft der IHK nicht erwartet. Ist diese doch dem Ehrbaren Kaufmann verpflichtet und basiert selbst auf ehrenamtlichem Engagement aus Reihen der Unternehmerinnen und Unternehmer. Also gerade ganz jenseits von Egoismus, Eigennutzstreben und Gier. Doch Dr. Sascha Genders platziert genau diese Sätze in seinem neuen Buch „Wie Gier uns retten kann“.
Als langjähriger Macher rund um das Thema CSR hat er in der Industrie- und Handelskammer für die Region Mainfranken einiges an Praxiserfahrung gewonnen. So zeigt er vor sieben ausgewählten Megatrends unserer Zeit auf, wie aktuelle Herausforderungen der Gesellschaft unter Einbindung der Wirtschaft und mit einem Ja zu betriebswirtschaftlichem Erfolg bewältigt werden können. Er plädiert dafür, die Stärken unserer Sozialen Marktwirtschaft zu nutzen, anstatt über Systemwechsel nachzudenken. Einzelinteressen können mit gesellschaftlichen Fragestellungen und Problemen so verknüpft werden, dass alle gewinnen. Das Buch ist erfrischend geschrieben und regt mit Sicherheit ein breites Publikum ausreichend zu Widerspruch und Zustimmung an. Der Titel erreicht eine Zielgruppe, die sich ansonsten weniger mit Nachhaltigkeit, Menschenrechten und Unternehmensverantwortung beschäftigt. Das ist einerseits zu begrüßen, aber….
Definiert man das legitime Streben nach unternehmerischem Erfolg wie im Buch geschehen in Gier um, mag die Argumentation von Sascha Genders einleuchten. Doch positives Framing mit Gier und Egoismus zu betreiben kann auch kurzsichtig und gefährlich sein. Stellt es doch Egoisten – die sich auf Kosten Dritter bereichern wollen – ein Rechtfertigungsmuster für ihr gesellschaftsschädigendes Verhalten zur Verfügung. Die Argumentation in diese Richtung lässt sich nicht wirklich mit dem ehrbaren Kaufmann verbinden. Im Buch „Wie Gier uns retten kann“ finden sich einerseits viele Ansätze für Diskussionen, die sicherlich kontrovers sind, andererseits aber auch neue Wahrheiten wie „Merke! Nachhaltigkeit und CSR sind betriebswirtschaftlich relevant und definieren den Unternehmenserfolg.“ oder „Merke! Nachhaltigkeit und CSR haben Potenziale, positiv zum betriebswirtschaftlichen Unternehmenserfolg beizutragen.“ Bei all dem bezeichnet Genders die marktinduzierte Befassung mit Nachhaltigkeit in Unternehmen als intrinsisch motiviert – doch das ist nicht ganz richtig. Es sind die Menschen, die Unternehmen zum Handeln bewegen – weil sie auf Basis ihrer Präferenzen und ihrer Wertvorstellungen Nachfrage in Märkten erzeugen. Ein wichtiger und in Genders Argumentation vergessener Wirkungskanal für Nachhaltigkeit und CSR in Unternehmen ist der Mensch selbst. Die intrinsische Motivation zu ehrbaren Geschäften weder von Ordnungspolitik noch vom Markt allein erzeugt werden. Vielmehr entsteht sie im Inneren des Menschen, wenn dieser einer Überzeugung folgt, einfachen Egoismus mit anderen Werten zu überwinden – ganz im Sinne des ehrbaren Unternehmers.
Wer Sascha Genders persönlich kennt, weiß, wie sein Buch „gemeint“ ist. Vor allem, wie das Postulat „Die Gier ist der Schlüssel zur Aktivierung unternehmerischer Verantwortung für die Gesellschaft zur (Teil)Lösung bestehender globaler Herausforderungen.“ einzuordnen ist. Oder auch seine „Überzeug, dass wir unsere ‚Hausaufgaben‘ für die nachfolgenden Generationen nur dann lösen können, wenn wir an die Gier in uns allen appellieren“. Das Buch ist ein großer Appell, nach vorne zu sehen und nach vorne zu wirtschaften – nachhaltig erfolgreich und wohlstandsfördernd in eine Zukunft hinein, die geprägt wird von ertragsstarken Unternehmen, deren Ertrag aus gutem und ehrbaren Handeln im Sinne gesellschaftlicher Ziele erwirtschaftet wird. Zusammenfassend gipfelt seine Diagnose im letzten Kapitel in einem Schluss-Apell „Nur wer Gutes tut, verdient auch ‚gutes‘ (im Sinne von hinreichend) Geld. Und wer erfolgreich sein will, der muss auch Gutes tun (im Sinne der Nachhaltigkeit). Diese Erkenntnis muss in den Köpfen fest verankert sein: Nachhaltigkeit sowie CSR und betriebswirtschaftlicher Erfolg sind kein Widerspruch!“ Diesen Satz kann ich unterschreiben und freue mich jetzt schon auf den nächsten Gastvortrag von Sascha Genders in meinen Wirtschaftsethikvorlesungen an der FHWS Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt, bei der wir gemeinsam diese Erkenntnis in den Köpfen der jungen Generation zum Klingen bringen.
Sascha Genders: „Wie Gier uns retten kann“
EBook ISBN: 978-3-662-63092-1
Soft Cover ISBN: 978-3-662-63091-4
Verlag: Springer Gabler, https://www.springer.com/de/book/9783662630914)