Velbert (csr-news) – Dass Facebook und Twitter die Kommunikationskonten von Donald Trump abschalten, ist mehr als ein bemerkenswerter Vorgang. Zwei private Unternehmen schalten den gewählten amerikanischen Präsidenten stumm … Und finden dafür Applaus, weil Trump mit seinen Tweets zur Erstürmung des Kapitols beigetragen hat und weil er für die Toten dort mitverantwortlich ist.
Soziale Medien sind mächtig, auch in Europa, wo sie zur Verbreitung von Verschwörungstheorien und Mythen rund um die Corona-Pandemie beitragen. Dass sie diese Tweets mit Warnungen und weiterführenden Hinweisen versehen, wird bei uns begrüßt. Soziale Medien werden zu Meinungs-Schiedsrichtern im öffentlichen Dialog.
Dass die Europäische Kommission soziale Medien mit einem Digital Service Act und einem Digital Markets Act regulieren und der Monopolbildung entgegenwirken will, ist richtig und notwendig angesichts der gesellschaftlichen Bedeutung dieser Unternehmen.
Zu wenig im Blick sind bisher die Bildungsherausforderungen angesichts unserer neuen Medien-Wirklichkeit. In Schulen und Hochschulen geht die Medienkompetenz als Querschnittsaufgabe unter und Fake News werden – wenn überhaupt – dann nebenbei thematisiert.
Herausgefordert ist auch der Journalismus. In der Vergangenheit schmückte er sich mit dem Etikett „Gatekeeper“. Die neuen Gatekeeper heißen Facebook und Twitter. Der Journalismus braucht neue Wege für den Leserdialog, um Aufmerksamkeit zurückzugewinnen.
Zu wenig diskutiert wird über die Bedeutung der Algorithmen, mit denen soziale Medien Filterblasen erzeugen und Menschen in geschlossenen Meinungskreisen halten. Fördern Algorithmen gezielt extreme Meinungen, weil Streit und Konflikte Menschen wiederum in diese sozialen Medien ziehen? Algorithmen sind völlig intransparent, und ob das so bleiben darf, auch darüber müssen wir diskutieren.