Liebe Leser’innen, liebe Unternehmer’innen,
als Herausgeber und im Namen des gesamten Teams von CSR NEWS möchte ich Sie aufrufen, die gestrige Mahnung unserer Bundeskanzlerin zum Anlass einer verschärften betrieblichen Risikobewertung zu machen.
Die Ansprache von Frau Merkel ist in ihrer langen Amtszeit ohne Beispiel. „Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst“, muss für uns Unternehmer‘innen heißen, unsere Geschäftsbetriebe so weit wie möglich herunterzufahren. Als Prokurist unserer Familienunternehmen (rund 50 Mitarbeiter, Berlin) fühle ich den resultierenden existentiellen Widerspruch deutlich! Es entbehrt jeder geschäftlichen Logik, vorhandene Aufträge nicht zu bearbeiten, Kunden wegzuschicken oder akute Terminanfragen zu vertrösten, aber die Forderungen des Robert-Koch-Instituts sind eindeutig. Nicht zuletzt tragen wir als Unternehmer’innen Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeiter‘innen, Familien, Kunden, dem Gemeinwesen – d.h. allen Stakeholdern.
Hier prallen die Grundsätze der Betriebswirtschaft auf ein (Quarantäne-) Gebot, das nur gesamtgesellschaftlich zu erfassen ist.
Wir betreiben in Berlin Autohäuser. Unser Servicebetrieb darf aktuell für infrastruktur-relevante Fahrzeugreparaturen weiter geöffnet bleiben, obwohl andere Geschäfte und auch unsere Handelsabteilung schließen müssen. Aber wo die gleiche Anzahl an Kunden und Mitarbeitern weiterhin uneingeschränkt zusammenkommen, ist „business as usual“ das Gegenteil von sozialer Distanz.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir Unternehmer’innen (nicht nur) in der Krise entscheidende Impulsgeber’innen für unsere soziale Marktwirtschaft sind. In Zeiten von CORONA müssen daher auch wir Unternehmensbürger kontraintuitiv anpacken. Wo Fürsorge Abstand bedeutet, müssen wir für den Augenblick gute Umsätze ignorieren. Vielmehr muss die Distanzmaßgabe der Bundesregierung handlungsleitend sein, was nur wohlfahrtstheoretisch zu greifen ist.
Es ist schon außergewöhnlich: Zu Beginn des Jahrzehnts, das wie kein anderes in der Menschheitsgeschichte von der globalen Existenzbedrohung des Klimawandels gekennzeichnet sein wird, verspüren wir Inhaberunternehmer mit Blick auf den bevorstehenden Lock-Down ganz konkrete Existenzängste, weil unsere Umsätze (oft zu 100%) ausfallen und Betriebsstätten (zwangsweise) geschlossen werden. Aber warum handeln wir hier, obwohl die Virusangst noch viel unsichtbarer ist als die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels?
Die Antwort liegt in beiden Fällen an der Schnittstelle von Eigennutzen und Gemeinwohlorientierung. Wir werden beide Krisen nicht ohne kollektive Unterstützung bewältigen können und genau deswegen hat unser Staat für die CORONA-Bedrohung bereits frühzeitig unbegrenzte finanzielle Zusagen ausgesprochen. Daraus ergibt sich eine einzigartige Chance:
In diesen Tagen der Quarantäne können wir im besten Fall einen Wirkungsmechanismus einüben, der uns auch bei der Erreichung des 2°-Ziels helfen wird. So gewendet erscheint mir die akute Forderung nach sozialer Distanz als idealtypisches Allmende-Problem, das auch dem Klimawandel zu Grunde liegt und welches sich als ineffektive Übernutzung frei verfügbarer Ressourcen definiert, gleichwohl sich die Nutzer dadurch gleichsam selber bedrohen.
Ich möchte Sie daher im Namen unseres Trägervereins „Unternehmen Verantwortung Gesellschaft e. V.“ an unsere Verantwortung als Unternehmer‘innen für alle Stakeholder erinnern und das sofortige Einstellen aller Geschäftsbetriebe nahelegen, die mit vermeidbarer sozialer Nähe einhergehen. Erst im nächsten Schritt können wir dann die Schäden für unsere Unternehmen begrenzen – dafür bietet sich zum gegebenen Zeitpunkt CSR NEWS und unser Unternehmerverein als seit langem anerkanntes Netzwerk an.
Zunächst aber ist die bahnbrechende Forderung unserer Bundeskanzlerin entscheidend:
„Im Moment ist nur Abstand Ausdruck von Fürsorge.“
Passen Sie gut auf sich und Ihre Familie auf!
Mit herzlichen Grüßen
Dr. Christoph Golbeck
Vorsitzender, Unternehmen Verantwortung Gesellschaft e. V.
Berlin, 19. März 2020