Brüssel (UVG-Verein) – Am 11. November präsentierte der Würzburger Wirtschaftsethiker Prof. Harald Bolsinger im Brüsseler Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments Forschungsergebnisse zur Grundrechtscompliance der Europäischen Zentralbank (EZB) und appellierte an die Parlamentarier, der Ethikblindheit des Eurosystems politisch zu begegnen. Nach seinen Untersuchungen sind rund 20 % der Wertpapiere, welche die EZB als Pfand für Kredite an Geschäftsbanken akzeptiert, mit schwerwiegenden ethischen Kontroversen behaftet. Die Fälle reichen von Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Korruption, Steuervermeidung und Umweltzerstörung bis hin zu Vorwürfen der Terrorismusfinanzierung. Das Marktvolumen der untersuchten Wertpapiere beträgt rund 14 Billionen Euro und hat damit wesentlichen Einfluss auf die Lebenswirklichkeit der Bürgerinnen und Bürger der EU.
Nach einer Stellungnahme der Europäischen Kommission kommentierten gewichtige Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen im Parlament die Forderungen der Petition 0429/2017. Sie betonten deren grundlegende Bedeutung für die nachhaltige Ausrichtung der Europäischen Union und beschlossen das Anliegen politisch weiterzuverfolgen. So sollen Bolsingers Forderungen der neuen EZB-Leitung vorgelegt werden, im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments und an weiteren entscheidenden Stellen diskutiert werden.
„Es ist ein Glücksfall, dass die Wiedervorlage der Petition im Petitionsausschuss von 2017 bis heute gedauert hat,“ kommentiert Bolsinger, da nun die Chance auf Veränderung durch neue Politik von Christine Lagarde für die EZB, Vladis Dombrowvskis für die Kommission und neue Verantwortliche im parlamentarischen Wirtschafts- und Währungsausschuss an den richtigen Stellhebeln bestehe. „Noch nie in der Geschichte der EU hat die Zentralbank gegenüber dem Parlament Transparenz über die Grundrechtscompliance ihrer Wertpapierportfolios hergestellt, obwohl Transparenz und glaubwürdige Kommunikation in allen Bereichen die wichtigsten Elemente erfolgreichen Zentralbankhandelns sind.“ erläuterte Bolsinger seine Forderungen und führt weiter aus: „Ich hoffe, dass Frau Lagarde in dem Punkt die EZB zum Vorbild für alle Zentralbanken weltweit macht und unser EU-Parlament auf Basis belastbarer Daten dauerhaft ein Bild bekommt, welche Relevanz Europäische Grundwerte im Kerngeschäft der Zentralbank besitzen.“ Der ordnungspolitische Rahmen der EU-Grundrechtscharta sei bereits seit dem Vertrag von Lissabon gültiges Recht auch für die EZB, erklärt der Wirtschaftsethiker der Fakultät Wirtschaftswissenschaften an der FHWS.
Hintergrundinformationen zur Petition www.wirtschaftsethik.biz/zentralbank
Mitschnitt der Sitzung des Petitionsausschusses (ab 15:11) >> hier