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Nahrungsmittelproduktion und Klimaschutz

© Anemone123/CCO

Laut einer Studie der Humboldt-Universität zu Berlin ist die landwirtschaftliche Produktion wichtiger für Klimawandel und Klimaschutz als bisher angenommen.

Berlin (csr-news) > Wie wir mit den Landflächen der Erde umgehen, ist für den Klimaschutz von zentraler Bedeutung. Weltweit werden immer mehr Grasländer und Wälder in Ackerland und Weideflächen umgewandelt, wodurch wertvolle Kohlenstoffspeicher verloren gehen. Hinzu kommt der intensive Einsatz von fossilen Treibstoffen, Bewässerung, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln. Das macht die Landwirtschaft verantwortlich für etwa ein Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen. Soll die globale Erwärmung entsprechend des Klimaschutzabkommens von Paris auf höchstens 1,5°C begrenzt werden, dann müssen nicht nur die Emissionen deutlich verringert werden. Ambitionierte Klimaschutzstrategien setzen zusätzlich auf die gezielte Nutzung von Land zur vermehrten Aufnahme und Speicherung von Kohlenstoff, etwa durch großräumige Aufforstung oder die Produktion von Bioenergie. Allerdings wird sich auch der weltweite Nahrungsmittelbedarf bis zum Jahr 2050 wahrscheinlich mehr als verdoppeln. Die Konkurrenz um fruchtbares Land steigt also weiter.

Diesem Dilemma widmet sich eine neue Studie der Humboldt-Universität zu Berlin (HU), die jetzt in der Zeitschrift Nature erschienen ist. Sie geht der grundlegenden Frage nach, welche Veränderungen in der Landnutzung zum Klimaschutz beitragen, indem sie einerseits dem weltweiten Nahrungsmittelbedarf gerecht werden und anderseits Treibhausgasemissionen entgegenwirken.

Die Studie zeigt, dass bisherige Methoden die negativen Auswirkungen von Landnutzung und Ernährungsgewohnheiten auf den Klimawandel häufig stark unterschätzen. „Ein grundlegendes Problem besteht darin, dass viele Berechnungen vernachlässigen, dass landwirtschaftlich genutzte Flächen häufig auch ein großes Potential zur Kohlenstoffspeicherung hätten, wenn sie eben nicht für die Nahrungsmittelproduktion genutzt würden“, so Tim Beringer, einer der Autoren der Studie und derzeit Gastwissenschaftler am Integrativen Forschungsinstitut zu Transformationen von Mensch-Umwelt-Systemen (IRI THESys) an der HU Berlin. Beringer plädiert dafür, solche potentiellen Kohlenstoffspeicher in wissenschaftlichen Modellen künftig mit zu berücksichtigen – und zwar als entgangene Gewinne in der Klimabilanz. Gemeinsam mit Kollegen hat er deshalb einen neuen Ansatz entwickelt, der die versteckten „Kohlenstoffkosten“ von Landnutzung explizit berücksichtigt: den sogenannten „Carbon Benefit Index“.

Der „Carbon Benefit Index“ erfasst, wie sich lokale Veränderungen von Anbaukulturen, Ertragsniveaus und Produktionsprozesse auf die globalen Treibhausgasemissionen und die weltweite Speicherung von Kohlenstoff in Pflanzen und Böden auswirken. „Ob beispielsweise Raps statt Weizen angebaut wird, wie viel Ertrag die angebauten Sorten liefern, und ob das Land intensiv oder extensiv bewirtschaftet wird, macht einen enormen Unterschied“, erklärt Beringer. Mit Hilfe ihres neuartigen Ansatzes können die Autoren unter anderem zeigen, dass unsere Ernährungsgewohnheiten mit sehr viel mehr Treibhausgasemissionen verbunden sind als bisher angenommen. Demnach trägt die Ernährung der Menschen in Europa genauso viel zur globalen Erwärmung bei wie der gesamte übrige Verbrauch von Energie und allen weiteren Gütern zusammengenommen. „Unsere Ernährung ist sehr fleischlastig und benötigt daher viel fruchtbares Land für Viehhaltung und Futtermittelproduktion“, so der Wissenschaftler. Durch einen verminderten Konsum von Rindfleisch und Milchprodukten könnten diese Emissionen um bis zu 70% reduziert werden.

Herkömmliche Analysen weisen der Ernährung typischerweise nur einen geringeren Anteil an den gesamten Emissionen zu und unterschätzen somit auch das Potential von veränderten Ernährungsgewohnheiten für den Klimaschutz. „Unser Ansatz ermöglicht es, sowohl die Klimaeffizienz der Produktion als auch die des Verbrauchs von landwirtschaftlichen Gütern zu bestimmen“, sagt Beringer. Denn um effektiv Klimaschutz zu betreiben, braucht es Veränderungen auf beiden Seiten: sprich verringerten Konsum von Produkten, die mit hohen Treibhausgasemissionen verbunden sind, bei gleichzeitig effizienterer Nutzung von Acker- und Weideflächen.

Der Artikel trägt den Titel „Assessing the efficiency of changes in land use for mitigating climate change“ und ist in der Ausgabe vom 13. Dezember 2018 in der Zeitschrift Nature erschienen.

 

 


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