Brüssel (csr-news) – Das soziale Netzwerk Facebook besitzt „Systemrelevanz“. Wer es missbrauchen kann, beeinflusst politische Entscheidungen – wie der aktuelle Skandal um den Datenmissbrauch zeigt. Nun hat das EU-Parlament Facebook-Chef Mark Zuckerberg ein- oder vorgeladen – je nachdem, wie man es sieht.
Von Achim Halfmann
Der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), appellierte jedenfalls an den Konzernchef. „Zuckerberg muss ins Europaparlament kommen“, sagte Weber. Die im März von Parlamentspräsident Antonio Tajani ausgesprochene Einladung zu ignorieren, sei „nicht respektvoll“ und ein „unannehmbares Verhalten“.
Dabei geht es nicht zuerst um Respekt vor den EU-Parlamentariern, sondern um die Bedeutung eines so mächtigen sozialen Netzwerks für die Demokratie. Denn obwohl Facebook als „sozialem Marktplatz“ für die Kommunikation auch in Europa eine zentrale gesellschaftliche Stellung zukommt, funktioniert es alles andere als nach demokratischen Grundregeln:
Die Algorithmen, nach denen Inhalte auf Nutzerseiten eingespielt werden, sind weitgehend intransparent, und die Nutzer haben zu den technischen Strukturen „ihrer“ Netzwerke kein Wörtchen mitzureden.
Nun lässt sich treffend anmerken, Facebook sei ein Unternehmen und keine politische Institution. Womit jedoch zugleich die Herausforderung umschrieben ist: Dann muss dieses Unternehmen sich in besonderer Weise der politischen – demokratisch legitimierten – Kontrolle stellen.
Dass es damit allerdings noch nicht weit her ist, zeigt das Bemühen des EU-Parlaments, Zuckerberg persönlich vorzuladen. Und während der Facebook-Chef heute im US-Senat und am Mittwoch dann im US-Repräsentantenhaus befragt wird, blieb die Einladung von EU-Parlamentspräsident Tajani, auch ins EU-Parlament zu kommen, bisher unerhört
Und so legte EVP-Chef Weber nun nach und warnte Zuckerberg vor Konsequenzen für das soziale Netzwerk in Europa, sollte er nicht persönlich den EU-Abgeordneten Rede und Antwort stehen. „Wir haben die Möglichkeit, Facebook über den europäischen Datenschutz eine Menge Probleme zu bereiten“, so der CSU-Politiker. „Er muss kommen und dieselben Fragen klären, die auch der US-Kongress stellt.“ Mal sehen, ob das den Amerikaner beeindrucken wird.
Facebook steht wegen der Abschöpfung der Daten von bis zu 87 Millionen Nutzern durch die britische Datenanalysefirma Cambridge Analytica unter Druck. Diese soll daraus eine Datenbank erstellt haben, die dann unter anderem für den Wahlkampf des heutigen US-Präsidenten Donald Trump genutzt worden sein soll. In Europa sind laut EU-Kommission möglicherweise bis zu 2,7 Millionen Nutzer betroffen.