Düsseldorf (csr-news) > Die aktuelle Debatte um Dieselfahrverbote zeigt exemplarisch die nicht immer einfach zu beantwortende Frage nach der Verantwortung. Automobilhersteller, die Politik oder doch der Konsument – wer soll am Ende die Verantwortung tragen und die Kosten übernehmen. Schon in der Debatte wird immer wieder eine Vermischung der unterschiedlichsten Aspekte deutlich. Mit Konsequenzen auch für die beteiligten Unternehmen? Ausgelöst durch den Diesel-Skandal wird vor allem Volkswagen immer wieder als Adressat der Wirtschaft genannt – sei es direkt oder durch die Bildsprache. Doch was hat der in den USA ausgelöste Diesel-Skandal eines Automobilherstellers tatsächlich mit den seit vielen Jahren drohenden Fahrverboten in deutschen Innenstädten zu tun? Wird aus dem konkreten Betrug automatisch auch die Verantwortung für politisches Fehlverhalten hierzulande? Waren Konsumenten wirklich ahnungslos, wenn sie sich einen Diesel kauften und sind die Wertminderungen der Autos tatsächlich so bedeutsam, dass sie von der Gemeinschaft getragen werden können? Bislang bestreiten alle Beteiligten ihre spezielle Verantwortung. Am Ende, so scheint es, wird diese Auseinandersetzung nur von Gerichten geklärt werden können.
Wirtschaft in der Verantwortung! Vertrauen verspielt?
Der Dieselskandal zeigt die Komplexität von Verantwortungsthemen und die damit oftmals einhergehende Reduzierung in der Debatte. Klar ist, es gibt Fehlverhalten von Unternehmen – sei es strukturell oder von einzelnen Akteuren. Klar ist aber auch, die konkrete Zuordnung von Verantwortung ist nicht immer so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Beim 2. Rhein-Ruhr-Dialog, organisiert von der Dialoginitiative Managerfragen.org geht es genau um diese Zuordnung. Unter der Überschrift „Wirtschaft in der Verantwortung! Vertrauen verspielt?“ sollen Führungskräfte aus der Wirtschaft mit Bürgern diskutieren. In Impulsreden werden kontroverse Standpunkte beleuchtet, bevor alle Teilnehmer in Kleingruppen die Themen diskutieren. Dafür nutzen die Organisatoren der Veranstaltung eine selbstentwickelte spielerische Herangehensweise – Verantwortungspoker genannt. „Das Konzept dahinter ist einfach und effektiv“, so Florian Junge, Vorstandsmitglied bei Managerfragen.org. „In den Gruppen bewertet zunächst jeder selbst, wen er in der Verantwortung sieht. Dazu legen die Spieler die entsprechende Karte verdeckt auf den Tisch. In einer Skala zwischen eins bis fünf zeigen die Karten an, ob stärker die Unternehmen oder die Politik und Gesellschaft entscheiden sollen. Nach dem Aufdecken der Karten eröffnen die beiden Pokerspieler den Dialog, deren Positionen inhaltlich am weitesten auseinanderliegen. Im weiteren Verlauf beteiligen sich auch die anderen Spieler, und es werden Argumente pro und contra systematisch zusammengetragen.“ Dabei geht es den Organisatoren nicht um den einfachen Schlagabtausch, sondern vielmehr um den Austausch der Argumente auf Augenhöhe und vielleicht – so der Idealfall – sogar einen gemeinsamen Konsens.
Gemäßigte Mittelpositionen eher selten
Ziel von Managerfragen.org ist es, durch geeignete Dialogformate bestehende Sprachbarrieren zwischen Wirtschaft und Zivilgesellschaft abzubauen. Als äußerst effizientes und wirksames Format hat sich dabei die spielerische Herangehensweise mit dem Verantwortungspoker erwiesen. Vor wenigen Wochen hatte Florian Junge mit 40 Masterstudenten der Universität Würzburg/Schweinfurt aktuelle Debatten „durchgespielt“. Auch hier ging es um die Reflexion darüber, wo Politik und Gesellschaft stärker Verantwortung bei wichtigen Wirtschaftsfragen übernehmen sollen – oder wo diese Verantwortung vor allem in den Händen der Unternehmen liegen soll. Im Anschluss an die Spielerunden wurden die Ergebnisse der einzelnen Gruppen verglichen und diskutiert. Schnell stellte sich heraus, dass jeweils eine größere Gruppe von Studierenden entweder der Wirtschaft oder aber der Gesellschaft, meist in Gestalt der Politik, kritisch gegenübersteht. Gemäßigte Mittelpositionen befanden sich in der Minderheit.
Prof. Harald Bolsinger, Dekan der Fakultät Wirtschaftswissenschaften und Mitveranstalter des Formats, riet dazu, dieses Misstrauen zu hinterfragen, denn: „Sie sind die Wirtschaft und Sie sind auch die Gesellschaft. Sie gestalten und werden in ihrem beruflichen Kontext Verantwortung tragen.“ Beispielhaft für die unterschiedlichen Themen sei hier das Thema CSR-Reporting (siehe Grafik) genannt. Die Mehrheit der Studenten haben sich für den Diskurs zwischen Wirtschaft und Zivilgesellschaft entschieden, sehen die konkrete Verantwortung allerdings zu ungefähr gleichen Teilen entweder bei der Wirtschaft oder der Zivilgesellschaft (mit leichter Tendenz zur Wirtschaft).
Kurzentschlossene können sich noch kostenlos für den 2. Rhein-Ruhr-Dialog anmelden.