Berlin (csr-magazin) > Handwerksbetrieb, Gastronomie, Dienstleister – die hiesige Wirtschaft und das „normale“ Leben werden zu einem überwiegenden Teil von solchen Unternehmen bestimmt, die meist neben dem Inhaber (und oftmals auch seiner Familie) nur eine Handvoll Mitarbeiter beschäftigen. Laut Bundeswirtschaftsministerium wird jeder zweite Euro in Deutschland von kleinen und mittleren Betrieben erwirtschaftet. Wie diese Unternehmen wirtschaften hat also eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Inzwischen werden Inhaber kleiner Betriebe immer öfter mit CSR konfrontiert. Sei es durch Anforderungen von Kunden, oder weil ihnen Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, Verbände oder sonstige berufsständische Organisationen Informationsmaterialien und Veranstaltungen anbieten. „Hör mir auf mit dem Quatsch“, wird dabei eine nicht geringe Zahl an Unternehmern denken, deren Tagespensum auch ohne CSR schon deutlich über den üblichen Nine-to-five-Jobs liegen dürfte.
Doch vor dem Hintergrund einer werteorientierten Unternehmensführung und -entwicklung würde es zunächst keine Rolle spielen, ob ein Unternehmen groß oder klein ist, schreibt Prof. Matthias Schmidt vom Berliner Institut für werteorientierte Führung im Buch „CSR und Kleinstunternehmen“. „Die grundsätzlichen Zusammenhänge sind dieselben. Das Unternehmen ist in ein Umfeld eingebettet, in dem es auf diverse Themen und Wertevorstellungen trifft. Zu diesen muss es sich verhalten. Mit anderen Worten: Jede Organisation steht, unabhängig von ihrer Größe und von ihrem Auftrag, in einem reflexiven Verantwortungszusammenhang, aus dem es sich nicht herauslösen kann. “Darin sind sich größte und kleinste Unternehmen gleich“, so Schmidt.
Veranstaltung zum Thema:
Verantwortung: Können • Machen • Zeigen
Kleinstunternehmen und Handwerk auf Nachhaltigkeitskurs
Dass unternehmerischer Erfolg und gesellschaftliche Verantwortung kein Widerspruch sein muss und wie CSR im Kleinsten gelingen kann, diskutieren: Prof. Dr. Niko Paech, Michael Barsakidis (CSR Arena, Hannover), Gudrun Laufer (Handwerkskammer, Berlin), Caroline Meder (entwicklungsberatung für bau + kultur, Kiel), Prof. Dr. Matthias Schmidt (Beuth Hochschule für Technik, Berlin).
18. Oktober 2017, 14:00 bis 17:00 Uhr im Bildungs- und Technologiezentrum, Mehringsdamm 14, 10961 Berlin
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Dennoch lassen sich Unterschiede zwischen dem Handwerksbetrieb und dem multinationalen Konzern nicht leugnen. Bezogen auf die gesellschaftliche Verantwortung würden die Unterschiede allerdings auf einer anderen Ebene sichtbar, „auf der Ebene der Konkretisierung.“ Der Handwerker aus dem Kiez wird sich zu anderen gesellschaftlichen Ansprüchen verhalten müssen als der Chemiekonzern im Vorort. „Kleinstunternehmen werden aufgrund ihrer vergleichsweise geringeren Geschäftstätigkeit mit weniger Themen effektiv in Berührung kommen als Großunternehmen, die global agieren und transnational Niederlassungen unterhalten“, schreibt Schmidt.
Kein Unterschied zwischen Groß- und Kleinunternehmen.
Dennoch sind Kleinbetriebe nicht per se von bestimmten Themen ausgeschlossen. Auch sie können mit den Problemen in den globalen Lieferketten konfrontiert werden. Schmidt: „Dann sind die Themen Menschenrechte und Arbeitssicherheit für den Unternehmer genauso virulent wie für ein wesentlich größeres Unternehmen.“ Bezogen auf das eigene Kerngeschäft und die Art und Weise, die eigene Verantwortung zu bestimmen, liegen Groß und Klein nicht weit auseinander. Ganz ähnlich sieht es aus, wenn der Unternehmer seine gesellschaftliche Verantwortung außerhalb seines Kerngeschäfts betrachtet. Schmidt: „Im Hinblick auf die Grundkonzeption der Verantwortlichkeit im gesellschaftlichen Zusammenhang gibt es somit keinen Unterschied zwischen Groß- und Kleinunternehmen. Etwas anders sieht es allerdings bei der Ausprägung der konkreten Verantwortung aus, die man unter der Überschrift Corporate Social Responsibility im Sinne einer gelebten und konkret verwirklichten Verantwortungsübernahme fassen kann.“
Positive Erfahrungen übernehmen
Während Großunternehmen meist eine eigene CSR-Abteilung unterhalten und ihrer gesellschaftlichen Verantwortung einen mehr oder weniger umfangreichen strategischen Rahmen geben, muss Kleinbetrieben zunächst ein Zugang zu diesem komplexen Thema vermittelt werden. Genau dies macht die GILDE-Wirtschaftsförderung in Detmold seit vielen Jahren und hat damit nicht nur Erfolg, sondern sich auch umfangreiches Expertenwissen angeeignet. Thorsten Brinkmann, Prokurist der GILDE und einer der Autoren des Buches, schreibt: „Unternehmensvertreter lassen sich häufig von guten Beispielen inspirieren und leiten. Dies trifft nach unserer Überzeugung insbesondere auf Kleinstunternehmer zu, die gerne positive Erfahrungen von größeren Unternehmen für eigenes Handeln übernehmen.“ Die Inhaber kleiner Unternehmen müssen nach seiner Erfahrung mit wenigen Worten erreicht werden. Ist der Chef überzeugt, kann die Haltung in den Unternehmensalltag fließen. Brinkmann plädiert für einen klar strukturierten CSR-Entwicklungsplan, dessen einzelne Prozessabschnitte erkennbar zum Ziel führen. Dennoch, ohne Unterstützung und regelmäßigen Austausch, auch mit gleichgesinnten Kollegen, wird es kaum gelingen, eine größere Zahl kleiner Betriebe von der Notwendigkeit und den Chancen von CSR zu überzeugen. „Gesellschaftliches Engagement ist eine Gemeinschaftsaufgabe in Regionen”, so Brinkmann. „Nur gemeinsam können Lösungen entwickelt und Nachhaltigkeit standortorientiert umgesetzt werden.“
Buch zum Thema:
Das Buch „CSR von Kleinstunternehmen“ zeigt Erfolgsmodelle für gewinnbringende CSR-Aktivitäten bei Kleinstunternehmen auf. Themen wie Klimaschutz, Fachkräftemangel oder Unternehmensnachfolge kommen genauso zur Sprache wie CSR-Kommunikation und Berichterstattung. Wolfgang Keck ist einer der Vorreiter in der Diskussion um Corporate Social Responsibility in kleinen und mittleren Unternehmen und bricht die Thematik detailliert auf die kleinsten Wirtschaftseinheiten herunter.