London (csr-news) > Hat der US-amerikanische Mineralölkonzern jahrelang versucht die öffentliche Meinung über den Klimawandel zu beeinflussen? Eine im vergangenen Monat veröffentlichte Studie der Harvard-Universität legt diesen Schluss nahe. Die Autoren der Studie, Geoffrey Supran und Naomi Oreskes, haben dafür die Kommunikation und die internen Erkenntnisse des Unternehmens über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten analysiert. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass ExxonMobil die Öffentlichkeit über die Auswirkungen des Klimawandels bewusst getäuscht hat. So haben die Forscher unter anderem Fachartikel von Wissenschaftlern analysiert, die bei ExxonMobil angestellt waren. Die öffentlich zugänglichen Dokumente würden demnach eine signifikante Diskrepanz aufzeigen, zwischen interner Erkenntnis und öffentlicher Kommunikation. Während die internen Studien den anthropogenen Klimawandel anerkennen – analog zur allgemeinen wissenschaftlichen Auffassung, wurden in der externen Kommunikation verstärkt die Zweifel am Klimawandel in den Mittelpunkt gerückt.
Zunahme der öffentlichen Einflussnahme durch Unternehmen
Es sind genau solche Vorgänge, denen sich auch die Macher der britischen NGO widmen. Sie haben für ihre aktuelle Studie den Einfluss der 250 größten börsennotierten Unternehmen und der 50 mächtigsten Wirtschaftsverbände analysiert. Es geht ihnen um die Diskrepanz zwischen Sein und Schein. Zwar gehören Maßnahmen zum Klimaschutz für die meisten großen Unternehmen längst zum festen Bestandteil ihrer Unternehmensstrategie. Dennoch hält sie dies nicht davon ab ihren Einfluss zu nutzen, beispielsweise bei energiepolitischen Gesetzesvorhaben. Rund 30.000 Schriftstücke – Unternehmensberichte, Meldungen, Zeitungsberichte und Reden – haben die Autoren inzwischen ausgewertet. Die InfluenceMap versucht diese Erkenntnisse in einen möglichst objektiven Punktwert, dem Carbon Policy Footprint, abzubilden, um die versteckte Lobbyarbeit sichtbar und vergleichbar zu machen. Der Wert bezieht sich ausschließlich auf die klimapolitische Einflussnahme und lässt sich nicht auf andere Politikbereiche übertragen, betonen die Autoren. Konkret werden zur Ermittlung des Footprint drei Aspekte berücksichtigt. Wie sich das Unternehmen zu den Vorgaben des Pariser Klimaabkommens verhält, welche Anstrengungen beim Klimaschutz unternommen werden und ob die politische Einflussnahme diesen Aspekten folgt.
Das Ergebnis der Untersuchung ist eindeutig. Nur bei 15 Unternehmen konnten die Autoren eine Stringenz zwischen eigener Klimapolitik und politischer Einflussnahme feststellen, obwohl in den vergangenen zwei Jahren insgesamt eine deutliche Zunahme der öffentlichen Einflussnahme durch Unternehmen in der Klimadebatte zu beobachten sei. Zu diesen 15 Unternehmen, die sich für eine strikte Umsetzung des Pariser Abkommens einsetzen, gehören unter anderem Apple (bester Carbon Policy Footprint), Unilever, IKEA, Nestle, Coca-Cola oder die Deutsche Telekom, teilweise Unterzeichner der RE100-Initiative. Auf der anderen Seite werden 35 Unternehmen genannt, die ihre politische Einflussnahme eher gegen das Abkommen einsetzen, vielfach Unternehmen mit einer fossilen Brennstoff-Wertschöpfungskette. Dazu gehören Koch Industries (schlechtester Carbon Policy Footprint), Chevron, ExxonMobil, BP und Schell, aber auch Bayer und BASF. “Die Daten zeigen, dass die klimapolitische Agenda von einer kleinen Anzahl globaler Konzerne beeinflusst wird“, so Dylan Tanner, Geschäftsführer von InfluenceMap. Beim Großteil der untersuchten Unternehmen lässt sich kein besonderes Engagement, aber auch keine auffällige politische Einflussnahme feststellen. Wie die Bewertungen der einzelnen Unternehmen zustande kommen, darüber werden keine Angaben gemacht.