Berlin (csr-news) > Während die Digitalisierung immer mehr Lebensbereiche betrifft, sind viele Verbraucherinnen und Verbraucher besorgt, dass ihre Rechte dabei auf der Strecke bleiben. Consumers International (CI), der Dachverband von über 200 Verbraucherorganisationen weltweit, und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) haben zehn Empfehlungen entwickelt, um dieses Problem anzugehen. Die Empfehlungen zum Schutz der Verbraucher in der digitalen Welt werden auf dem G20 Consumer Summit an Gerd Billen, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), übergeben.
Verbraucher äußern sich kritisch über ihre Situation in der digitalen Welt
In einer neuen, vom vzbv in Auftrag gegebenen und heute veröffentlichten Studie äußern sich etwa drei Viertel (72 Prozent) der in sechs G20-Ländern befragten Menschen besorgt darüber, dass zu viele persönliche Daten online gesammelt werden. Ähnlich viele (68 Prozent) befürchten, dass ihre Online-Zahlungen nicht sicher sind. Die Erhebung ergab auch, dass fast zwei Drittel (59 Prozent) der Menschen neue digitale Produkte, wie beispielsweise das Smart Home oder fahrerlose Autos, nicht für sicher halten. Fast die Hälfte (46 Prozent) verneinten die Frage, ob sie Vertrauen in den Schutz ihrer digitalen Rechte durch ihre Regierungen haben. Andererseits gaben sie zu zwei Dritteln (66 Prozent) auch an, sich als Verbraucher in der digitalen Welt grundsätzlich wohl zu fühlen. Während sich das Internet rasch zu einem der wichtigsten Mittel für Geschäfte, Einkäufe und soziale Kontakte entwickelt, besteht seitens der Verbraucherorganisationen die Sorge, dass die Gesetzgebung und das Wissen über die eigenen Rechte nicht mit dieser Entwicklung Schritt halten.
Verlässliche gesetzliche Rahmenbedingungen
„Digitale Produkte und Dienstleistungen machen nicht an Grenzen halt. Internationale Unternehmen sammeln Daten, unabhängig davon, wo sich Verbraucher aufhalten. Wir brauchen national und international verlässliche gesetzliche Rahmenbedingungen, um Verbraucher in der digitalen Welt zu schützen“, sagt Klaus Müller, Vorstand des vzbv. Um den Fortschritt des Verbraucherschutzes und des Verbrauchervertrauens in die digitale Welt zu messen, empfiehlt der vzbv den G20 eine jährliche Untersuchung mit geeigneten Indikatoren.
Vertrauen fördert Wettbewerb
Amanda Long, Vorstand von CI: „Es sind die Verbraucher, die das Wachstum in der digitalen Wirtschaft vorantreiben. Diese Dynamik kann darunter leiden, wenn Verbraucher digitalen Produkten und Dienstleistungen nicht mehr vertrauen. Sowohl Regierungen als auch Unternehmen müssen sicherstellen, dass dies nicht geschieht. Verbraucher müssen der digitalen Welt vertrauen können.”
Der G20 Consumer Summit
Der G20 Consumer Summit ist die erste Veranstaltung in der Geschichte der G20, die sich ausschließlich mit Verbraucherthemen beschäftigt. Unter dem Titel “Eine Welt schaffen, der Verbraucher vertrauen können” wird der Gipfel von BMJV, CI und vzbv veranstaltet. Der Gipfel vereint G20-Staatssekretäre, Vertreter aus Wirtschaft und Verbraucherorganisationen, um digitale Verbraucherrechte anzugehen und darüber zu diskutieren, wie man eine digitale Welt schaffen kann, der Verbraucher vertrauen können.
Die zehn Empfehlungen an die G20:
In allen G20-Ländern sollten gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Rechte der Verbraucher offline und online gleichermaßen schützen.
Digitale Anbieter sollten für die Wahrung des Verbraucherschutzes verantwortlich gemacht werden können. Die G20-Staaten sollten unabhängige Aufsichtsbehörden einrichten und Sanktionen bei Verstößen ermöglichen.
Regierungen, Regulierungsbehörden und Unternehmen sollten sich gemeinsam dafür stark machen, dass alle Verbraucher Zugang zu einer erschwinglichen Internetverbindung von gleichbleibend guter Qualität haben. Internetanbieter sollten die Grundsätze der Netzneutralität respektieren, also alle Inhalte im Internet mit der gleichen Geschwindigkeit übermitteln.
Informationen über digitale Produkte und Anbieter sollten es Verbrauchern ermöglichen, relevante Informationen auf einen Blick zu erkennen.
Bei neuen technologischen Entwicklungen müssen Verbraucherrechte gewährleistet werden und Verbraucher ausreichend über mögliche Risiken informiert werden. Verbrauchern muss ihr Recht auf faire Nutzung garantiert werden, Anbieter müssen also für eine angemessene Zeit zum Beispiel die Funktionsweise einer Software aufrechterhalten. Es sollte klar sein, wer für die Leistung und Sicherheit während des gesamten Lebenszyklus eines Produkts verantwortlich ist.
Bildungsangebote und die Förderung eines Bewusstseins für die digitale Welt sollten Verbraucher dabei unterstützen, Gefahren und Möglichkeiten digitaler Produkte einschätzen und fundierte Entscheidungen treffen zu können.
Es sollten internationale Standards entwickelt werden, um sicherzustellen, dass Unternehmen für alle digitalen Produkte für einen bestimmten und angemessenen Zeitraum nach dem Verkauf wesentliche Sicherheits- und Leistungsupdates zur Verfügung stellen. Die Regierungen sollten Regeln erlassen, damit Finanzdaten, personenbezogene Daten und sämtliche Informationen, die eine persönliche Identifizierung zulassen, unter Einhaltung höchster Sicherheitsstandards gespeichert und übertragen werden. Es sollte klare Regeln der Haftung geben. Unternehmen sollten angeregt werden, Best-Practice-Standards wie „privacy and security by design“ umzusetzen.
Verbraucher sollten in der Lage sein, Einstellungen so vornehmen zu können, dass sie die Kontrolle über ihre personenbezogenen Daten und ihre Privatsphäre behalten. Es sollte deutlich gemacht werden, wie durch Algorithmen, die die Qualität oder den Preis beeinflussen oder Zugang zu einem Dienst ermöglichen, Entscheidungen über Verbraucher getroffen werden.
Verbraucherrechte sollten rund um das Internet denen bei Offline-Geschäften gleichgestellt sein. Beschwerden sollten veröffentlicht werden müssen und Lösungsansätze bei Massenansprüchen bestehen.
Wettbewerbsfähige Märkte sollten gefördert werden, damit Verbraucher eine sinnvolle Auswahl an digitalen Anbietern, Produkten und Diensten haben. Der Wechsel zwischen verschiedenen Anbietern sollte einfach möglich sein.