Berlin/Bonn (csr-news) > Die Unterzeichner zeigen sich beunruhigt über Berichte, nach denen es im Rahmen von Arbeitskampfmaßnahmen seit Ende letzten Jahres mehrfach zu Verhaftungen und Entlassungen von Gewerkschaftsmitgliedern und anderen Beschäftigten gekommen ist. Die Wahrnehmung der kollektiven Arbeitnehmerrechte in Bangladesch als Teil der Menschenrechte müsse gewährleistet sein und dürfe nicht behindert werden.
Die im Raum stehenden Vorwürfe sollten zügig überprüft und unrechtmäßige Verhaftungen und Entlassungen von Gewerkschaftsfunktionären wieder rückgängig gemacht werden. In ihrem Schreiben fordern die Organisationen die Beteiligten auf, wirksame Schritte für eine effektive Stärkung der Sozialpartnerschaft in Bangladesch einzuleiten. Dazu gehöre auch eine Überprüfung des aktuellen Verfahrens der Lohnfindung im Bekleidungssektor von Bangladesch.
Die Unterzeichner erinnerten daran, dass die Verletzung von Menschenrechtsstandards erhebliche Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes haben könnte. So seien Handelserleichterungen der EU wie Zollpräferenzen unter dem sogenannten Everything but Arms Agreement (EBA) streng an die Bedingung geknüpft, dass die Kernarbeitsnormen der International Labour Organization (ILO) nicht verletzt werden. Schon die Einleitung eines Überprüfungsverfahrens könnte bestehende Begünstigungen gefährden. Das könnte nachteilige Auswirkungen auf die Aktivitäten europäischer Textil- und Modeunternehmen in Bangladesch sowie für die Produzenten und ihre Beschäftigten zur Folge haben.
Brief an die Premierministerin und den Unternehmensverband BGMEA von Bangladesch
Sehr geehrte Frau Premierministerin,
sehr geehrte Mitglieder der BGMEA,
sehr geehrte Damen und Herren,
mit Bedauern und großer Sorge haben wir die jüngsten Ereignisse in Ihrem Land zur Kenntnis genommen. Wir haben erfahren, dass es im Rahmen von Arbeitskampfmaßnahmen seit Ende letzten Jahres mehrfach zu Verhaftungen und Entlassungen von Gewerkschaftsmitgliedern und anderen Beschäftigten gekommen ist. Dabei steht der Vorwurf im Raum, diese seien mit dem Ziel erfolgt, die Wahrnehmung der kollektiven Arbeitnehmerrechte zu behindern.
Wir sind höchst alarmiert und besorgt, dass die Einhaltung und Achtung universeller Menschenrechte, die als Selbstverständnis für alle Rechtsstaaten gelten muss, nicht gegeben ist.
Zu Recht sind Handelserleichterungen der Europäischen Union wie Zollpräferenzen unter dem Everything but Arms Agreement (EBA) streng an die Bedingung geknüpft, dass zwingende Grundsätze der ILO-Kernarbeitsnormen wie die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen nicht verletzt werden. Die Einleitung eines Überprüfungsverfahrens durch die Europäische Kommission könnte bestehende Begünstigungen zur Disposition stellen. Dies würde unweigerlich nicht vorhersehbare Auswirkungen zum Nachteil der wirtschaftlichen Aktivität europäischer Textil- und Modeunternehmen in Bangladesch sowie Nachteile für die Produzenten und letztlich der Beschäftigten in Bangladesch provozieren. Ein solches Szenario kann von niemandem gewollt sein.
Vor diesem Hintergrund möchten wir als Vertreter der deutschen Textilwirtschaft, der Zivilgesellschaft und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) an Sie appellieren, alles in Ihrer Möglichkeit Stehende zu unternehmen, um schnellstmöglich die im Raum stehenden Vorwürfe zu überprüfen und etwaige sich als unverhältnismäßig bzw. unrechtmäßig erweisende Maßnahmen wie Verhaftungen und Entlassungen wieder rückgängig zu machen sowie wirksame Schritte einzuleiten, die zu einer effektiven Stärkung der Sozialpartnerschaft in Ihrem Land beitragen. Hierzu zählt ausdrücklich auch zu evaluieren, ob das bestehende Verfahren der Lohnfindung im Bekleidungssektor von Bangladesch noch zeitgemäß ist, insbesondere noch der wirtschaftlichen Dynamik Ihres Landes entspricht. So erscheint uns die Einberufung des Wage Board zum jetzigen Zeitpunkt und weiterhin eine Verkürzung der Abstände zwischen den Wage Board-Treffen auf zwei Jahre sinnvoll.
Die deutsche Textilwirtschaft, die Zivilgesellschaft und die Gewerkschaften setzen sich seit jeher für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Bangladeschs ein. Dies tun sie seit zwei Jahren verstärkt auch im Rahmen des vom BMZ ins Leben gerufenen Bündnisses für nachhaltige Textilien. An diesem Verständnis werden wir auch weiterhin festhalten und Sie als verlässlichen Partner mit Rat und Tat bei der Umsetzung von Veränderungsprozessen unterstützen.
Hochachtungsvoll
Dr. Uwe Mazura
Hauptgeschäftsführer Gesamtverband textil+mode
Stefan Genth
Hauptgeschäftsführer Handelsverband Deutschland – HDE
Dr. Gisela Burckhardt
Vorstandvorsitzende FEMNET
Frank Zach
Bundesvorstand Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)
Maik Pflaum
Referent für Entwicklungspolitik
Christliche Initiative Romero