Freiburg (csr-news) > Dies erfolgt mithilfe von Computermodellen, welche die zukünftige demografische und wirtschaftliche Entwicklung abbilden und deren Wechselwirkung mit dem Klimasystem und den wichtigsten Ökosystemen untersuchen. Juniorprofessor Stefan Pauliuk von der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Universität Freiburg hat zusammen mit Kollegen aus Norwegen und den USA die bisher umfangreichste Begutachtung der wichtigsten dieser so genannten Integrierten Bewertungsmodelle vorgenommen. Die Ergebnisse des Teams, publiziert in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“, zeigen: Die bisherigen Modelle haben große Defizite in der Darstellung des industriellen Systems. Dies kann dazu führen, dass die Bewertungsmodelle die möglichen Umweltauswirkungen neuer Technologien nicht korrekt abbilden.
Wichtiges Instrument der Umweltpolitikberatung
Integrierte Bewertungsmodelle entwickeln Szenarien für einen möglichst kostengünstigen Übergang zu einer nachhaltigen Material- und Energieversorgung und berücksichtigen dabei die Belastungsgrenzen der Erde. „Die Ergebnisse dieser Modelle sind ein wichtiges Instrument der Umweltpolitikberatung“, sagt Pauliuk. „Sie zeigen überhaupt erst, dass es technisch möglich ist, ein wesentliches Ziel internationaler Klimapolitik zu erreichen: die durchschnittliche Erderwärmung auf maximal zwei Grad Celsius gegenüber dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung zu begrenzen.“ Dazu müssten die existierenden Technologien und Effizienzstrategien auf breiter Basis zur Anwendung kommen. Die Ergebnisse der Modelle spielen eine bedeutende Rolle im jüngsten Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC). Ebenso wichtig waren sie bei den Verhandlungen im Vorfeld des Paris-Abkommens zur Eindämmung des Klimawandels, das im November 2016 in Kraft trat.
Unvollständiges Abbild
„Da diese Ergebnisse so eine große Bedeutung haben, stellt sich die Frage nach der Gültigkeit und Robustheit der von den Bewertungsmodellen getroffenen Vorhersagen“, sagt Pauliuk. Die Forscher untersuchten daher die Modelle insbesondere unter dem Aspekt, wie diese das industrielle System darstellen – also die globalen Wertschöpfungsketten der Gewinnung, Verarbeitung und Nutzung von Energie, Materialien und Konsumgütern sowie das Recycling. Das industrielle System ist Quelle aller menschgemachten Güter und gleichzeitig Ursprung aller Emissionen in die Umwelt. Doch seine Abbildung in den Modellen ist den Forschern zufolge unvollständig. „Insbesondere die Stoffkreisläufe, zum Beispiel von Eisen oder Kupfer, aber auch eine Darstellung urbaner Infrastruktur fehlen völlig“, erklärt Pauliuk. Dies führe zu gravierenden Nachteilen: „Es bleibt unklar, inwiefern diese Nichtbeachtung die Machbarkeit bestimmter Szenarien zur Eindämmung des Klimawandels beeinflusst. Außerdem werden wichtige Strategien zur Emissionssenkung wie Recycling, Materialeffizienz oder die Dichte urbaner Räume überhaupt nicht erfasst.“ Forscher seien jetzt aufgefordert, die Modelle um eine Beschreibung von Stoffkreisläufen und um weitere Details des industriellen Systems zu erweitern – mit dem Ziel, realistischere Vorhersagen für die Klima- und Ressourcenpolitik treffen zu können.