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Chance für mehr Transparenz und Nachhaltigkeit vertan – Bundestag berät über CSR-Richtlinie

Die Zeit wird knapp. Bis zum 6. Dezember muss die EU-Richtlinie (2014/95/EU) zur nichtfinanziellen Berichterstattung von Unternehmen in nationales Recht umgesetzt werden. Vor einigen Wochen hatte das Bundesjustizministerium einen Regierungsentwurf zur sogenannten CSR-Richtlinie vorgelegt, der dann vom Kabinett verabschiedet wurde. Heute wurde der Gesetzentwurf in erster Lesung im Bundestag debattiert.

Berlin (csr-news) > Die Zeit wird knapp. Bis zum 6. Dezember muss die EU-Richtlinie (2014/95/EU) zur nichtfinanziellen Berichterstattung von Unternehmen in nationales Recht umgesetzt werden. Vor einigen Wochen hatte das Bundesjustizministerium einen Regierungsentwurf zur sogenannten CSR-Richtlinie vorgelegt, der dann vom Kabinett verabschiedet wurde. Heute wurde der Gesetzentwurf in erster Lesung im Bundestag debattiert.

Um 21:10 Uhr stand die Debatte auf der Tagesordnung einer langen Plenarsitzung. Entsprechend übersichtlich war die Anzahl der anwesenden Abgeordneten. Ulrich Kelber, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustizministerium, warb zunächst für den Entwurf aus seinem Ministerium. Er sieht in der Richtlinie vor allem auch einen Anreiz, CSR stärker in der Unternehmenslandschaft zu verankern. So würde man mit dem Gesetz eine verbindliche aber ausgewogene Berichtspflicht schaffen. Das Unternehmen über die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihres Handelns Rechenschaft ablegen sollen, kann als übereinstimmende Position aller Fraktionen betrachtet werden. Allerdings steht diese Absicht auch nicht mehr zur Disposition, schließlich müssen die Vorgaben aus Brüssel eingehalten werden. Man habe sich deshalb auch eng an der EU-Richtlinie orientiert, so Kelber, weitere Aspekte sollten, auch angesichts des geringen Zeitfensters, zu einem späteren Zeitpunkt behandelt werden.

Deutsche Unternehmen in besonderer Verantwortung

Etwa die Idee, die Berichterstattung auch auf Verbraucherbelange auszuweiten, so wie es im Referentenentwurf noch vorgesehen war. Genau an diesem Punkt unterschieden sich auch die Stellungnahmen der Verbände und NGOs. Im Gesetzentwurf ist dann auch keine Rede mehr davon. Ein Punkt, der unter anderem von Karin Binder von der Fraktion der Linken kritisiert wurde. Sie sieht gerade deutsche Unternehmen mit ihren globalen Lieferketten in einer besonderen Verantwortung, die sich auch in einer umfangreichen Berichtspflicht widerspiegeln sollte. Die Vergangenheit hätte gezeigt, dass man sich auf freiwillige Vereinbarungen nicht verlassen könne. Dabei wird die inzwischen große Anzahl freiwillig erstellter Nachhaltigkeitsberichte, vor allem auch bei großen multinationalen Konzernen, die sich zudem meist an gängigen Standards orientieren, gerne übersehen. Für Binder ist der Gesetzentwurf nicht ausgewogen und stellt eindeutig die Interessen der Wirtschaft über das berechtigte Auskunftsinteresse der Gesellschaft. Für sie müssten alle deutschen Unternehmen mit globalen Handelbeziehungen zur Berichterstattung verpflichtet werden.

Dann wären auch große Handelsketten wie beispielsweise Aldi betroffen, die gerne als Beispiel für den zu engen Anwendungsbereich angeführt werden. Sowohl Linke als auch Bündnis 90/Grüne plädieren für eine Ausweitung des Anwendungsbereichs. Von den potenziell 11.000 größeren Unternehmen würden mit dem Gesetz nach derzeitigen Stand nur rund 300 Unternehmen zur Berichterstattung verpflichtet. Prof. Heribert Hirte von der CDU will diese Berichtpflicht vor allem vom Mittelstand fernhalten. Er sieht in der Berichtspflicht ein berechtigtes Anliegen, betont aber auch, dass in Deutschland Stakeholderinteressen bereits in hohem Maße berücksichtigt würden. Diese sei, vor allem im internationalen Vergleich, nicht selbstverständlich. Das durch die Berichtspflicht europaweit Wettbewerbsgerechtigkeit hergestellt wird, ist für den SPD-Abgeordneten Metin Hakverdi von Bedeutung. Er sieht im Gesetz auch die Gelegenheit, CSR als Managementmethode, die Erfolg und Verantwortung verbindet, zu stärken, um sich damit von der weitverbreiteten Vorstellung zu verabschieden, es ging entweder nur grün und gut oder eben erfolgreich.

Regierungsentwurf deutlich unter Vorgaben aus Brüssel

„Transparenz ist der erste Schritt zur Verhaltensänderung“, gilt auch für Renate Künast von Bündnis 90/Grüne. Sie sieht den klaren Auftrag zur Nachhaltigkeit und bezieht sich dabei unter anderem auf die SDGs und die Klimaziele. Sie kritisiert, dass immer von einer 1 zu1-Umsetzung der EU-Richtlinie geredet würde, der Regierungsentwurf aber deutlich unter den Vorgaben aus Brüssel läge. Beispielsweise würde die verpflichtende Orientierung an internationalen Standards und Rahmenwerken zur Berichterstattung fehlen. Sie sieht auch in einem weiteren zentralen Punkt eine Abschwächung des Gesetzentwurfs. So müssten nach derzeitigem Stand die Unternehmen nur über die nichtfinanziellen Risiken berichten, die zugleich auch Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit und Lage des Unternehmens haben. Diese Einschränkung sieht die EU-Richtlinie nicht vor. Ein entsprechender Antrag ihrer Fraktion mit genau diesen Inhalten stand während der Debatte ebenfalls zur Diskussion. Für Künast hat die Bundesregierung mit dem derzeitigen Gesetzentwurf die Chance vertan, Transparenz und Nachhaltigkeit darüber zu wesentlichen Kriterien der Unternehmensführung zu machen.

Sowohl der Regierungsentwurf als auch der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Grüne wurden an die zuständigen Ausschüsse weitergeleitet. Dort sollen es noch zu einer Befragung von Sachverständigen kommen, bevor das Gesetzesvorhaben, vermutlich im Dezember, in 2. und 3. Lesung verhandelt wird. Bis dahin sollte auch eine Stellungnahme des Bundesrats vorliegen. Der Gesetzentwurf wurde dem Bundesrat bereits als besonders eilbedürftig zugestellt.

 


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