Hannover (csr-news) > Regional ist das neue Bio. Inzwischen wurde durch mehrere Studien belegt, Verbraucher wollen Lebensmittel aus ihrer Region und achten beim Einkauf auf entsprechende Auszeichnungen. Doch Begriffe wie „regional“ oder „aus der Region“ sind rechtlich nicht geschützt. Entsprechend groß ist die Gefahr, dass die Produkte verwirrend oder sogar irreführend ausgezeichnet werden. Wie zuverlässig die Auszeichnungen sind, haben die Verbraucherzentralen in einem bundesweiten Marktcheck untersucht.
Eier, Milch, Fleisch, Obst und Gemüse – typische Lebensmittel die aus der Region stammen könnten, standen dabei im Fokus. Regionalwerbung erfolgt oft unspezifisch oder ist im schlimmsten Fall sogar irreführend, so ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung. Lebensmittel mit dem blauweißen Regionalfenster auf der Verpackung, einem freiwilligen Kennzeichnungsfeld mit einheitlichen Vorgaben, sollen den Verbrauchern eine Orientierung bieten, doch entsprechend gekennzeichnete Lebensmittel sind noch nicht flächendeckend zu finden.
Bundesweit haben die Verbraucherzentralen stichprobenartig 121 Produkte in Supermärkten, Discountern und Bioläden unter die Lupe genommen, davon 63 mit Regionalfenster und 58 mit sonstiger Regionalwerbung.
Produkte mit Regionalfenster
„Das Regionalfenster gibt Auskunft über Region, Ort der Verarbeitung, Anteil der verwendeten regionalen Zutaten sowie die Kontrollstelle“, so Britta Schautz, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen. „Ein genauer Blick aufs Etikett ist dennoch nötig, denn Produkte mit Regionalfenster können deutschlandweit vermarktet werden. Auch der Anteil regionaler Zutaten bei Mischprodukten wie Wurstwaren schwankt stark, es müssen mindestens 51 Prozent sein.“ Bei Sülzfleischwurst fanden die Verbraucherschützer in der Stichprobe beispielsweise nur gut die Hälfte an regionalen Zutaten, bei Bratwurst hingegen 94 Prozent.
Die teilweise lange Reise regionaler Produkte
Quelle: Marktcheck der Verbraucherzentralen
Unterschiedlich ist auch, wie viel Regionalität Verbraucher für ihr Geld tatsächlich bekommen. Teilweise sind mehrere Bundesländer, beispielsweise Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg, zu einer Region zusammengefasst, was jedoch klar auf dem Regionalfenster angegeben ist. Doch weder Großregionen erfüllen nach Auffassung der Verbraucherzentralen die Erwartungen der Konsumenten an ein regionales Produkt noch weite Transportwege, wenn die Orte der Produktion und des Verpackens weit auseinanderliegen.
Sonstige Regionalwerbung
„Das Beste von hier“, „Gutes aus der Heimat“ oder „nah“ sind typische Beispiele für Regionalwerbung auf Produkten, Flyern oder am Regal. Solche Hinweise sind unspezifisch und häufig nicht nachvollziehbar. Dahinter verbergen sich teilweise erhebliche Entfernungen und meist eine unklare Herkunft der Rohstoffe. So fanden die Verbraucherschützer beispielsweise Wurst mit der Angabe „aus maximal 30 Kilometer Umkreis“, die aber in einem 130 Kilometer entfernten Fleischwerk hergestellt wird. Die Herkunft der Rohstoffe bleibt unklar. Auch Obst und Gemüse wird als „regional“ beworben, obwohl nur die verpflichtende Herkunftsangabe „Deutschland“ zu finden ist. „Oft bleibt bei unspezifischer Regionalwerbung unklar, ob nur die Verarbeitung der Rohstoffe in der Gegend stattfindet und wie die ´Region` definiert ist“, kritisiert Schautz. „Manchmal ist lediglich der Firmensitz oder die Rezeptur regional, während die Zutaten deutlich weiter reisen mussten. Dies ist für Kunden irreführend.“
Aus Sicht der Verbraucherzentralen reichen die bisherigen gesetzlichen Regelungen nicht aus, um einen transparenten Einkauf regionaler Produkte zu ermöglichen und Konsumenten vor irreführender Werbung zu schützen. Das Regionalfenster ist ein Schritt in die richtige Richtung. „Anbieter und Lebensmittelhandel müssen falsche, nicht überprüfbare und unklare Regionalangaben ohne nachvollziehbare Kriterien unbedingt unterlassen“, so die Ernährungsexpertin. Die Verbraucherzentralen erwarten hier bessere gesetzliche Vorgaben auf europäischer und nationaler Ebene ebenso wie neutrale Kontrollen und Sanktionen, um der unseriösen Werbeflut einen Riegel vorzuschieben. Ein erster Schritt wäre es, wenn Werbung mit Regionalität Produkten vorbehalten wäre, die mittels Regionalfenster klar über Region, Herkunft der Zutaten und Verarbeitungsort informieren. Gerade diesem stehen aber die gegenwärtigen gesetzlichen Rahmenbedingungen entgegen.