Stuttgart (csr-news) > Offen und transparent über Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung zu berichten, gehört im Handwerk und seinen Standesorganisationen noch längst nicht zum Alltag. Doch es gibt Ausnahmen. Eine davon ist die Handwerkskammer Stuttgart, die inzwischen, als bisher einzige Handwerksorganisation in Deutschland, ihren zweiten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht hat.
Schon 2013 preschten die Stuttgarter vor und veröffentlichten als erste Handwerkskammer einen Bericht über ihr Nachhaltigkeitsengagement. Inzwischen kann die Kammer auf eine dreijährige Erfahrung mit ihrer Strategie zurückblicken und präsentiert den 2. Nachhaltigkeitsbericht im Einklang mit den Kernanforderungen der GRI Richtlinie G4. „Wir sind das Thema Nachhaltigkeit vor drei Jahren zügig angegangen, ohne dabei in Aktionismus zu verfallen“, sagt Claus Munkwitz, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart, im Bericht. Nachhaltigkeit sei in den vergangenen Jahren ein deutlicher Schwerpunkt der Kammerarbeit gewesen. Deshalb gilt, so Rainer Reichhold, Präsident der Handwerkskammer: „Bei uns steht nicht nur nachhaltig drauf – bei uns ist auch Nachhaltigkeit drin“. Der Bericht sei deshalb mehr als ein Beleg der eigenen Leistung, er soll auch Unternehmen motivieren, als Vorbild für die Betriebe des Kammerbezirks dienen.
Nachhaltige Aspekte stärker nach außen tragen
Zum Kammerbezirk, der den Großraum Stuttgart umfasst, gehören knapp 30.000 Mitgliedsbetriebe, in denen rund 180.000 Menschen beschäftigt sind. Klar ist, dass deren Interessen nicht immer identisch sind, zu unterschiedlich gestaltet sich der betriebliche Alltag und die Herausforderungen als Unternehmer, auch unter dem Gesichtspunkt gesellschaftlicher Verantwortung. Der am verbreitetste Handwerksberuf im Kammerbezirk ist der des Friseurs bzw. der Friseurin. Danach folgen Elektrotechniker, Automechatroniker sowie Fliesenleger. Sie alle können auf Beratungsangebote zurückgreifen, in die Nachhaltigkeitsaspekte inzwischen fest integriert sind. „Ganz selbstverständlich wirtschaften die Betriebe materialeffizient, sichern Nahversorgung und Ausbildung und bieten ein familiäres und flexibles Arbeitsumfeld. Wir können Unternehmern helfen, diese nachhaltigen Aspekte stärker nach außen zu tragen und sich in diesem Bereich breiter aufzustellen, denn Nachhaltigkeit ist heute ein wichtiges Kriterium für den Endverbraucher“, so der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, Thomas Hoefling.
Im Kern wird das Nachhaltigkeitsmanagement der Handwerkskammer von einem dreiköpfigen Steuerungskreis verantwortet. Darüber hinaus werden die Führungsebenen bei allen Entscheidungen eingebunden. Damit der Steuerungskreis auch die richtigen Themen verfolgen, wurde nach dem ersten Nachhaltigkeitsbericht eine Stakeholderbefragung durchgeführt. Dabei wurden Kundenzufriedenheit, Energieverbrauch und Aktivitäten mit lokalen Gemeinschaften von den Mitgliedsbetrieben als wichtigste Nachhaltigkeitsthemen benannt. Die letztgenannten waren auch die Beschäftigten der Kammer von hoher Relevanz. Diese Themen bilden auch den roten Faden des aktuellen Nachhaltigkeitsberichts. Ein wesentliches Ziel bleibt aber, die Mitgliedsbetriebe und den handwerklichen Nachwuchs für Nachhaltigkeitsthemen zu sensibilisieren.
Wesentlichkeitsanalyse
Quelle: Handwerkskammer Stuttgart
Zunächst ist eine Handwerkskammer aber primär eine Verwaltungsorganisation, die konkreten Nachhaltigkeitsziele liegen also vor allem im eigenen Betrieb. Energieeffizienz und der Carbon Footprint sind dabei zwei der zentralen Themen. Unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit sollen die eigenen Einrichtungen auf grünen Strom umgestellt werden. Erste Gebäude wie beispielsweise die Akademie sind bereits umgestellt, vollständig soll das Ziel 2016 erreicht werden. Die Bemühungen, den Gesamtenergieverbrauch zu reduzieren, waren im Berichtszeitraum (2014) erfolgreich. Unter anderem hat der Einsatz von LED-Technologie dazu beigetragen, den Stromverbrauch zu reduzieren.
Im ersten Nachhaltigkeitsbericht wurde auch eine Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs um 10 Prozent für Dienstfahrten angekündigt. Unter anderem sollten entsprechende Fahrtrainigs für die Beschäftigten die Zielerreichung ermöglichen. 15 Mitarbeiter haben ein solches Training absolviert, am Ende wurde das Ziel knapp verfehlt, die Reduzierung lag bei 8 Prozent. Als weitere Maßnahme wurden Fahrgemeinschaften als sinnvoll identifiziert. Doch hier hat die Kammer die Rechnung ohne ihre Angestellten gemacht, die Idee stieß „leider bisher nicht auf die gewünschte Resonanz“. Deutlich besser entwickelte sich das Angebot, für kürzere Dienstfahrten auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Ein entsprechendes Ticket der Kammer wurde anfangs (2012) mit 85 Reservierungen eher selten benutzt. 2013 stieg der Anteil der Registrierungen auf 123 von 23 Nutzern und im Berichtszeitraum auf 197 Reservierungen von 37 Beschäftigten. Der Carbon Footprint kann auch durch die Bevorzugung regionaler Lieferanten verbessert werden. Mindestens zwei Drittel der Lieferanten sollen, so das erklärte Ziel der Kammer, aus der Region kommen. „Das ist ein wichtiger Baustein zur Unterstützung der hiesigen Wirtschaft und senkt durch kurze Transportwege auch den Schadstoffausstoß“, so Hoefling.
Auf dem richtigen Weg
So hat sich die Handwerkskammer auf den Weg zur nachhaltigen Organisation gemacht und kann dabei schon auf erste Erfolge zurückblicken. Man sei sich bewusst, so heißt es im Bericht, noch ziemlich am Anfang zu stehen. „Auch drei Jahre nach Einführung der Strategie ist noch viel zu tun, aber auch kleine Erfolge zeigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind“. Dennoch ist man fest entschlossen, den Nachhaltigkeitsgedanken dauerhaft in der Strategie der Handwerkskammer zu verankern. Von Anfang an hat man dabei auch auf die Beschäftigten gesetzt. „Viele Ideen kommen von unseren Mitarbeitern“, so Thomas Hoefling. „Es war die richtige Entscheidung, die Nachhaltigkeitsstrategie gemeinsam im Haus zu entwickeln.“
Der Nachhaltigkeitsbericht der Handwerkskammer Stuttgart zum Download.