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Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Wirtschaftsethik (DNWE): Wandel durch Haltung

Unter dem Titel „Sustainable Development Goals – Wie weiter?“ richtete das DNWE am 2. Oktober 2015 in Frankfurt am Main den Business-Ethics-Summit 2015 aus: „Wandel beginnt in den Köpfen“, so eine Erkenntnis der Konferenz. Ein Tagungsbericht.

Berlin (csr-magazin) – Unter dem Titel „Sustainable Development Goals – Wie weiter?“ richtete das DNWE am 2. Oktober 2015 in Frankfurt am Main den Business-Ethics-Summit 2015 aus: „Wandel beginnt in den Köpfen“, so eine Erkenntnis der Konferenz. Ein Tagungsbericht.

Von Christoph Golbeck

Im Mittelpunkt der Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Wirtschaftsethik (DNWE), erstmals ausgerichtet als eintägiger Summit, standen die „Sustainable Development Goals“ der Vereinten Nationen. Diese 17 Entwicklungsziele wurden eine Woche zuvor durch die UN-Generalversammlung in New York verabschiedet.

So war es auch ein bewegender Augenzeugenbericht vom East River, der die grundlegende Tonlage der Frankfurter Veranstaltung vorwegnahm. Der Kuratoriumsvorsitzende des DNWE, Klaus Leisinger, berichtete von einer „seltenen, sogar einzigartig einvernehmlichen Atmosphäre“ in der Generalversammlung. Erstmals in der Geschichte der Vereinten Nationen sei die Agenda nicht bis zur letzten Minute verhandelt worden, sondern stand bereits Wochen zuvor fest. In einer sehr umsetzungsorientierten Arbeitsatmosphäre wurde nicht mehr um einzelne Paragraphen gefeilscht, sondern bereits am großen Ganzen gearbeitet. Klaus Töpfer bestätigte diesen vielversprechenden Eindruck in einer Keynote. Er hätte es nicht für möglich gehalten, so der frühere Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, dass nur drei Jahre nach dem Scheitern von Rio+20 die Sustainable Development Goals (SDG) derart einvernehmlich verabschiedet werden. „Es muss wohl gute Gründe dafür geben“, so Töpfer. Daher konzentrierte sich das High-Level Plenary Meeting der UN bereits auf konkrete Umsetzungsfragen. Diese Geisteshaltung der Tat prägte auch den Frankfurter Business-Ethics-Summit.

Gemeinsame Sprache finden

Bereits in den ersten Inputs des Business-Ethics-Summits stand die Forderung im Mittelpunkt, die häufig sehr theoretische Wirtschaftsethik stärker auf den Boden der Tatsachen zu holen. Dafür prägte Joachim Fetzer im Eröffnungsstatement den Begriff der „Erdung“. Der SDG-Prozess mit seinen multiplen Handlungsnotwendigkeiten könne diese Erdung der akademischen Debatte stark befördern. So erkannte Andreas Suchanek im Spannungsverhältnis von Enthusiasmus und Erdung eine entscheidende Triebfeder des Nachhaltigkeitsdiskurses. Die Umsetzung der SDGs sei daher eine fortgesetzte Suche nach der richtigen Mischung von „Passion und Commitment“, wodurch „Utopien Realität werden“ könnten. Josef Wieland spitzte weiter zu: Wir könnten nicht als gesichert voraussetzen, ob alle Menschen verstehen, dass wir zwar in einer „kulturell verschiedenen, aber am Ende doch in einer Welt“ lebten. Bei der Umsetzung der SDGs dürften wir uns daher nicht zu stark vom technischen Sachverstand der Ingenieure leiten lassen. Vielmehr müsse im Mittelpunkt unserer Auseinandersetzung mit den 17 UN-Entwicklungszielen eine jeweils angemessene Sprache stehen.

In dieser Einsicht in die Notwendigkeit einer gemeinsamen Sprachfähigkeit fand der Summit seinen gemeinsamen Nenner. Es bestand am Ende des Tages Einigkeit darüber, dass der Erfolg oder Misserfolg der SDGs davon abhängen wird, ob wir es als Weltgemeinschaft schaffen, die Köpfe der Menschen zu erreichen. Zugleich wurde deutlich, dass gerade in dieser mentalen Anforderung eine geradezu utopische Dimension liegt. So verdeutlichte Leisinger anschaulich, dass wir nicht nur vor der Mammutaufgabe stehen, einen Return on Investment definieren zu müssen, dessen Rendite sich erst in 15 bis 30 Jahren einstellt. Utopisch erscheinen die SDGs vor allem auch, weil Wertschöpfung diesmal nicht Wachstum bedeutet. Nicht MEHR ist das Ziel, sondern NICHTS. Schon deswegen könne es bei der Umsetzung der SDGs nicht alleine um Messbarkeit oder das Setzen spezifischer Standards gehen, ergänzte Töpfer. Entscheidend werde eher sein, ob wir alle Menschen beim Ingangsetzen eines nachhaltigen Umbaus von Wirtschaft und Gesellschaft mitnehmen. „Transforming our World“, so der Untertitel des UN-Programms, ist eben die moralische Aufgabe jedes Einzelnen.

Wandel durch Haltung ist alternativlos!

Die Verwirklichung der SDGs als globaler Reformagenda 2030 setzt daher ein massives Umdenken aller Menschen voraus. Und ja, angesichts des fortgeschrittenen industriellen Raubbaus an Umwelt und Natur bliebe jeder Rettungsversuch utopisch, der ohne technischen Sachverstand auskommen wollte. Wir werden aber erst recht scheitern, so der Tenor der Tagung, wenn wir unser moralisches Koordinatensystem nicht entscheidend anpassen. Der Wandel beginnt in den Köpfen – aller Menschen.

Es ist der Verdienst der Tagung, die in Kooperation mit dem deutschen „Sustainable Development Solutions Network“ ausgerichtet wurde, diese Ambivalenz aus Expertise und Vermittlungsfähigkeit näher beleuchtet zu haben. Also jene Geisteshaltung der Tat, in der Klimagipfel mit belastbaren Ergebnissen genauso notwendig sind wie das Bekenntnis jedes Einzelnen zum Transformationsprozess. Dafür müssen Multiplikatoren immer wieder Augenhöhe herstellen, denn der Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft setzt individuelle Verantwortungsübernahmen voraus. Auf der Unternehmensebene beispielsweise, so erläuterte der Vorsitzende der Tchibo-Geschäftsführung, Markus Conrad, treffend, würde die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen daher „ganz entscheidend von der Gesellschafterstruktur abhängen“. Letztlich ginge es darum, ob die „Geschäftsführung die Eigentümer kennt und sich nicht selbst dafür hält“.

DNWE im Wandel

Noch ein Wort zum Wandel im Deutschen Netzwerk Wirtschaftsethik – EBEN Deutschland e.V.: Unmittelbar im Anschluss an die Tagung fand dessen Mitgliederversammlung statt. Sie stellt einen wichtigen Meilenstein im Strategieprozess des Vereins dar, sowohl hinsichtlich der personellen Neuaufstellung des Vorstandes wie auch mit Blick auf die inhaltliche Weiterentwicklung. Drei Vorstandsmitglieder verlängerten ihre Mandate nicht, darunter der Autor dieser Zeilen. Zugleich wurden sechs neue Mitglieder berufen. Das nun neunköpfige Gremium repräsentiert ein außergewöhnlich breites Erfahrungs- und Wissensspektrum, um die bereits angestoßene inhaltliche Neuausrichtung zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Dabei steht vor allem der Dreischritt „Vernetzen, Reflektieren und Wirken“ im Vordergrund, um als Multistakeholder-Plattform an Sichtbarkeit zu gewinnen. In Frankfurter war fühlbar, wie weit das DNWE auf diesem Weg bereits vorangekommen ist.

Dr. Christoph Golbeck, Politologe und Mitglied der Geschäftsleitung der Autohaus Golbeck GmbH, Berlin, ist Gründungsvorstand des Vereins „Unternehmen – Verantwortung – Gesellschaft e. V.“
e-Mail: golbeck@dnwe.de

Das DNWE im Internet: http://www.dnwe.de


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