Berlin (csr-news) > Thomas Silberhorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, gab heute in der Markthalle IX in Berlin-Kreuzberg den Startschuss zur Fairen Woche, der größten Aktionswoche des Fairen Handels in Deutschland. Unter dem Motto „Fairer Handel schafft Transparenz“ macht die Faire Woche 2015 auf das Problem mangelnder Transparenz in konventionellen Wertschöpfungsketten aufmerksam und stellt den Fairen Handel als Alternativmodell dar.
Intransparenz und extreme Machtkonzentration führen zu Ungleichgewicht
„Ohne Transparenz gibt es keine gerechten Handelsbeziehungen. Fairer Handel schafft diese Transparenz und stellt damit gleichzeitig unfaire Handelspraktiken in Frage“, unterstrich Robin Roth, Vorstandsvorsitzender des Forum Fairer Handel, das gemeinsam mit dem Weltladen-Dachverband und TransFair die Faire Woche ausrichtet. Roth bezog sich auf die Ergebnisse der jüngst erschienenen Studie „Wer hat die Macht?“, die nachweisen konnte, dass Intransparenz und extreme Machtkonzentration zu einem Ungleichgewicht in globalen Lieferketten führen. Darunter leiden insbesondere Kleinbauernorganisationen, deren Existenzgrundlage von ihren Exporten abhängt. Gemeinsam mit der Produzentenvertreterin Sonia Vasquez aus Honduras und einem Schüler einer Berliner Fairtrade-School enthüllte Roth das Portrait der Kaffeeproduzentin Marlene Gonzales aus Nicaragua, welches die Bedeutung von Transparenz im Fairen Handel unterstreicht. „Am Anfang jeder Lieferketten steht ein Mensch: die Näherin, die Baumwollpflückerin, der Arbeiter in der Coltanmine. Diese Menschen müssen von ihrer Arbeit leben können. Viele Lieferketten sind aber heute so verzweigt, dass Verbraucher nicht erkennen können, ob die Jeans, der Kaffee oder das Handy unter fairen Bedingungen hergestellt worden sind. Hier brauchen wir Transparenz und der Faire Handel macht vor, wie das gehen kann“, betonte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller, Schirmherr der Fairen Woche.
Zeigen wie Transparenz umsetzbar ist
Im Fair-Handels-Café, mitten im Marktgeschehen der Markthalle IX, sprachen die Handelspartner aus Honduras, Ecuador und von den Philippinen über die Bedeutung des Fairen Handels für ihre Arbeit und Lebenssituation. „Für mich als Produzentin und Mitglied der Fairtrade-zertifizierten Kaffeeorganisation Comsa ist die Beteiligung am Fairen Handel eine große Chance. Wir bekommen nicht nur einen besseren Preis für unseren Kaffee, sondern können durch den Fairen Handel auch wachsen. Dieser Handel ist menschlicher, und das sollten wir alle anerkennen“, sagte Sonia Vasquez, verantwortlich für die Produktion bei Comsa. „Der Faire Handel stellt den Menschen in den Mittelpunkt und bietet größtmögliche Transparenz entlang der Lieferkette. Er macht aus der Wertschöpfungskette eine Wertschätzungskette“, ergänzte Christoph Albuschkat, Koordinator der Fairen Woche beim Weltladen-Dachverband. Claudia Brück, geschäftsführender Vorstand von TransFair betonte: „Der Faire Handel ist ein einzigartiges Bündnis zwischen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, um gemeinsam eine faire und nachhaltige Handlungsalternative aufzuzeigen. Die Faire Woche zeigt Verbrauchern bei über 2.000 Veranstaltungen in Weltläden, im Naturkosthandel und Supermärkten, dass und wie Transparenz umsetzbar ist“.
Studie „Who’s got the power“ – Machtspiel ums Essen
Die Studie legt eine massive Machtkonzentration entlang der landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten offen. Einige wenige Unternehmen kontrollieren weltweit die Produktion und Vermarktung von Lebensmitteln. Der Missbrauch von Nachfragemacht führt zu unlauteren Handelspraktiken, sowohl im europäischen Einzelhandel als auch in den Produzentenländern und auf allen Ebenen der landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten. Dies hat in vielen Fällen schwerwiegende Auswirkungen auf Kleinbauern und Arbeiter insbesondere am Anfang der Lieferkette, sowohl in Europa als auch im globalen Süden: Die Folgen sind unsichere Lebensgrundlagen, Kinderarbeit, prekäre Anstellungsverhältnisse und Umweltzerstörung. Das europäische Wettbewerbsrecht ist nicht in der Lage, der Nachfragemacht angemessen zu begegnen und muss reformiert werden.