Köln (csr-news) > Mit neuen, erweiterten Grundsätzen will die „Business Social Compliance Initiative“ (BSCI) die Arbeitsbedingungen in den weltweiten Lieferketten europäischer Handelsunternehmen verbessern. Wie die Initiative heute mitteilte, gilt der neu gefasste, verbindliche Verhaltenskodex zukünftig nicht nur für die rund 1.500 Mitglieder, sondern ebenso für alle an der Lieferkette beteiligten Unternehmen. Darüber hinaus wurde die Zahlung eines Existenzlohns in den Kodex aufgenommen.
„Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Lieferländern ist ein anspruchsvoller Prozess, in dem wir mit dem neuen Verhaltenskodex einen weiteren Schritt nach vorne machen wollen“, sagte Jens Nagel, Hauptgeschäftsführer der Außenhandelsvereinigung des Deutschen Einzelhandels (AVE). Im BSCI-Verhaltenskodex verpflichten sich die Mitgliedsunternehmen auf die Einhaltung bestimmter Arbeitsbedingungen für sich selbst und für ihre Geschäftspartner in der Lieferkette. Dazu gehört etwa das klare Bekenntnis zu einem Recht der Arbeitnehmer auf Vereinigungsfreiheit, Diskriminierungsschutz und einer angemessenen Vergütung, d.h. mindestens den im jeweiligen Land geltenden gesetzlichen Mindestlohn. Konkret heißt es im Kodex: „Die Geschäftspartner sind verpflichtet, mindestens den gesetzlichen Mindestlöhnen oder, falls höher, den auf der Basis von Kollektivverhandlungen gebilligten Industriestandards zu entsprechen.“
12.500 Sozialaudits im vergangenen Jahr
Ein weiterer zentraler Bestandteil sind Arbeitsschutzvorschriften. So müssen Geschäftspartner sicherstellen, dass ihre Arbeitnehmer nicht mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten und die Arbeitsschutzvorschriften der ILO einhalten. Kinderarbeit, Zwangsarbeit oder prekäre Arbeitsverhältnisse werden zum Beispiel nicht toleriert. Ob sich die Betriebe an die Vorschriften halten, wird im Rahmen regelmäßiger, auch unangekündigter Sozialaudits überprüft. Verstöße werden geahndet und können in der Folge, bei weiterer Missachtung des Kodex, zum Abbruch der Geschäftsbeziehungen führen. Im Jahr 2014 hat die BSCI weltweit rund 12.500 Sozialaudits in Produktionsstätten durchgeführt; fast 12.000 davon in Asien. Nagel betonte, dass Regeln und Kontrollen nur eines von mehreren Mitteln sein können, um die Arbeitsbedingungen in den Lieferländern zu verbessern. „Druck durch Kontrollen ist wichtig, aber in seiner Wirkung auch begrenzt“, so der AVE-Hauptgeschäftsführer. So sei es für westliche Unternehmen unmöglich, die lückenlose Einhaltung von Regeln zu überwachen. Häufig behindere auch Korruption die Einhaltung eigentlich existierender Regeln und Gesetze. „Um wirklich nachhaltige Verbesserungen zu erzielen, muss ein Bewusstseinswandel der Verantwortlichen vor Ort stattfinden“, sagte er.
Umdenkprozess vor Ort zu fördern
Aus diesem Grund verfolgt die BSCI einen mehrstufigen Ansatz, der auf Wirtschaftswachstum, Subsidiarität und der Stärkung von Verantwortung vor Ort beruht. So fördert die BSCI neben regelmäßigen Sozialaudits mit erheblichen Mitteln das „capacity building“ in den Produktionsländern. Dies beinhaltet Schulungen von Unternehmern und leitenden Angestellten in Fragen der Arbeitssicherheit, -organisation und Entlohnung. Der dritte Baustein der BSCI-Aktivitäten ist der enge Dialog mit Regierungsvertretern, Verbänden, Gewerkschaften und NGOs vor Ort. „Unser Ziel ist, den Umdenkprozess vor Ort zu fördern, damit gute Arbeitsbedingungen eine Selbstverständlichkeit werden“, betonte Nagel. „Dies funktioniert nicht von heute auf morgen, sondern nur als langwieriger Prozess. Diesen wollen wir als europäischer Einzelhandel unterstützen und begleiten.“