Berlin (csr-news) > Rund 60 Millionen Fernsehgeräte wurden im letzten Jahr in Europa verkauft. Früher oder später werden sie zurückkehren – als Elektroschrott. Zwar werden bereits einige der Metalle zurückgewonnen, doch es gehen noch immer zu viele Materialien verloren. Hinzu kommt, der Bundestag hat eine Novelle verabschiedet, die den Handel in größerem Umfang verpflichtet, alte Geräte zurückzunehmen. Das Ziel ist klar, die wertvollen Rohstoffe in den Geräten sollen wieder in den Wirtschaftskreislauf.
„Computer oder Handys sind echte Rohstofflager. Die wollen wir am Ende ihrer Lebensdauer nutzen“, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks zur Verabschiedung der Novelle. Allerdings müssen die Geräte nicht nur gesammelt werden, sondern es müssen auch probate Verfahren existieren, mit denen die Rohstoffe gewonnen werden können. Diesem Aspekt widmet sich das Fraunhofer-Projekt CloseWEEE. Dessen Ziel ist es, die Kreislaufwirtschaft zu fördern und dafür Experten aus ganz Europa zusammenzubringen. Die Stoffe sollen erst wiedergewonnen und dann ihren Weg zurück in die Produktion finden.
Umfassende Datenbank
Ein essentieller Schritt: Den Mitarbeitern der Entsorgungsunternehmen muss die Zerlegung der Elektro-Geräte erleichtert werden. Denn die stehen täglich einer Masse an unterschiedlichem Schrott gegenüber – vom Kühlschrank bis zum Laptop. Statt umständlich zu recherchieren, soll eine Online-Datenbank Anleitungen liefern, um die Geräte zügig auseinanderzubauen und zu zerlegen. Die technischen Besonderheiten der einzelnen Hersteller sollen dabei ebenso berücksichtigt werden. Laptop ist schließlich nicht gleich Laptop. Recycler Information Center heißt dieser Online-Ratgeber, der vom Demontage- und Recycling-Zentrum in Wien entwickelt wird. Wie können hochwertige Kunststoffe aus Altgeräten aufbereitet werden, ohne dass sie an Qualität einbüßen? Auch diesen Fragen widmet sich CloseWEEE. Denn die Qualität des recycelten Materials ist entscheidend für seine Zukunft. Dazu arbeiten die Forscher mit Praxispartnern, also potenziellen Abnehmern, zusammen. Das ist zum einen der TV-Hersteller TP Vision der unter anderem die qualitativen Anforderungen festlegt. Der Recycling-Experte Accurec wiederum nimmt sich der Rückgewinnung kritischer Rohstoffe aus Batterien an. Das Ziel: Wertvolle Minerale wie zum Beispiel Graphit sollen durch innovative Recycling-Prozesse quasi gerettet und wieder in den Kreislauf gebracht werden. Das Fraunhofer IZM koordiniert das Projekt und bringt umfassende Kenntnis neuester Produkttechnologien ein. Die Ergebnisse sollen unter anderem in Beschaffungsrichtlinien einfließen, um die Nachfrage nach umweltverträglichen Lösungen zu stärken. „Die Recycling-Unternehmen haben nun online die Möglichkeit, sich unverzüglich Informationen und Anleitungen für den Zerlegungsprozess der Elektrogeräte zu beschaffen. Das bringt einen Hauch von Industrie 4.0 in den Recycling-Prozess“, erklärt Karsten Schischke, Forscher am Fraunhofer IZM, der das Projekt koordiniert. Für seine Kollegin Gergana Dimitrova liefert das Projekt einen wichtigen Beitrag, die Recycling-Lücke in der Kreislaufwirtschaft zu schließen, technisch wie ökonomisch. „Der Rückfluss großer Materialmengen in die Produktion kann so viel besser gesteuert werden“.
PC aus geschlossenem Kreislauf produziert
Das Recycling auch schon in der Praxis eine große Rolle spielt, zeigt der Computerhersteller Dell. Er ist nach eigenen Angaben der weltweit größte Technologie-Recycler. Das Unternehmen betreibt bereits weltweit ein Recycling-Programm zur Rücknahme alter Geräte. So wurden in 78 Ländern seit 2008 bereits mehr als 635.000 Tonnen alte Elektronik wieder eingesammelt, allein im gerade abgeschlossenen Geschäftsjahr 2015 waren es über 78.000 Tonnen. Damit hat Dell bereits 71 Prozent seines Ziels erreicht, bis 2020 rund 907.000 Tonnen, zurückzunehmen. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen einen PC auf den Markt gebracht, der für seinen geschlossenen Kreislauf zertifiziert wurde. Zudem sind bereits 16 Bildschirme und drei Desktop-Rechner im Angebot, die allesamt recycelten Kunststoff aus geschlossenem Kreislauf enthalten. Diese Form des Recyclings will das Unternehmen zukünftig auch bei anderen Produktreihen nutzen.