Stuttgart/Berlin (csr-news) > Der Markt für nachhaltige Kapitalanlagen wächst weiter, die stetig steigende Nachfrage wird von einem immer größer werdenden Angebot bedient. Die Global Sustainable Investment Alliance hat gerade die aktuellen Zahlen für 2014 vorgelegt. Weltweit werden demnach inzwischen mehr als 20 Billionen US-Dollar zusätzlich nach ökologischen und sozialen Kriterien bewertet. Mit einem Anteil von mehr als 60 Prozent ist Europa der wichtigste Markt. Eine neue Studie hat den Carbon Footprint hinter diesen Zahlen untersucht, eine andere Studie beschäftigt sich mit der Transparenz von Nachhaltigkeitsfonds.
Auch Finanzprodukte wie Investmentfonds hinterlassen einen Klima-Fußabdruck. Dies hat eine Untersuchung der Verbraucherzentrale Bremen ergeben. Abhängig davon, in welche Unternehmen und Branchen ein Fonds investiert, wird auch der Ausstoß von Treibhausgasen mitfinanziert. Für ihre Untersuchung hat die Verbraucherzentrale 13 Aktienfonds ausgewählt. Vier davon wiesen eine schlechtere Klimabilanz auf, als gängige konventionelle Fonds. Verbraucher, die mit ihrer Geldanlage das Klima schützen wollen, können also nicht automatisch auf Fonds aus dem ethisch-ökologischen Segment setzen, so das Fazit der Verbraucherschützer. Die untersuchten Investmentfonds unterscheiden sich enorm in der Menge an finanzierten Treibhausgasen. So finanziert der Fonds mit dem größten Klima-Fußabdruck rund 5,5 Mal mehr klimaschädliche Gase als der mit dem kleinsten CO2-Ausstoß: Wer 1.000 Euro in den Fonds DWS Top Dividende investiert, finanziert damit den Ausstoß von rund 904 Kilogramm CO2. Beim Triodos Sustainable Equity sind es hingegen nur 163 Kilogramm. Die Differenz entspricht etwa dem Ausstoß an Treibhausgasen, der bei einer Autofahrt über 4.600 Kilometer entsteht – also beispielsweise einer Fahrt vom Nordkap bis nach Neapel. Unter den analysierten Fonds befanden sich vier Angebote der großen deutschen Anbieter Allianz, Deka, DWS und Union Investment, die nicht für sich beanspruchen, besonders klimafreundlich zu sein, der Rest sind nachhaltige Aktienfonds. Die Analyse basierte auf dem Standard des Greenhouse Gas Protocol und berücksichtigt alle Bereiche, in denen ein Unternehmen Treibhausgase verursacht. So werden beispielsweise bei der Erstellung einer „ehrlichen“ Klimabilanz für eine Bank ebenfalls die Klimaauswirkungen der vergebenen Kredite berücksichtigt und in der Klimabilanz eines Autoherstellers wird auch der Treibhausgasausstoß berücksichtigt, der während der Lebensdauer der produzierten Autos sowie bei deren Entsorgung entsteht.
Quelle: Untersuchung der Verbraucherzentrale Bremen „Der Klima-Fußabdruck von Investmentfonds“
Doch was genau hinter bzw. in Nachhaltigkeitsfonds steckt, ist grundsätzlich für Anleger schwer zu erkennen, böse Überraschungen nicht ausgeschlossen. Zu diesem Ergbenis kommt eine Untersuchung von Prof. Henry Schäfer vom Betriebswirtschaftlichen Institut der Universität Stuttgart. Schäfer und sein Team haben fast 400 in Deutschland angebotene Nachhaltigkeitsfonds bezüglich ihrer Transparenz unter die Lupe genommen, vor allem jene Fonds die nach dem „Best in Class“-Ansatz investieren. Diese behaupten, so die Forscher, durchweg, nur Aktien und Anleihen von „sauberen“ und „sozialen“ Unternehmen beziehungsweise Staaten zu enthalten. Um nun ökologisch, sozial und ethisch wertvolle Aktien und Anleihen in einem Investmentfonds unterzubringen, werden die Kandidaten mit teilweise bis zu 300 Einzelkriterien unter einen „Röntgenschirm“ gelegt. Diesen bedient entweder die Fondsgesellschaft selbst oder sie kauft diese Leistung bei einer Rating-Gesellschaft extern ein. Die von den Stuttgarter Forschern untersuchten 27 Best in Class-Investmentfonds zeichnen sich durch ein besonderes Auswahlverfahren aus: Durch Plus- und Minuspunkte für vielerlei Umwelt- und Sozialfelder eines Unternehmens wird ein Gesamtpunktestand ermittelt, der zu einer Rating-Note führt. Wird eine von der Rating-Agentur oder dem Fondsanbieter gesetzte Mindestnote „nachhaltiger Unternehmensführung“ erreicht, hat sich eine Aktie beziehungsweise Anleihe für die Aufnahme in einen Nachhaltigkeitsfonds qualifiziert. Bei diesem Verfahren kann es passieren, dass viele Pluspunkte in der Nachhaltigkeitsleistung eines bestimmten Unternehmensbereichs (zum Beispiel hervorragende Sozialleistungen) die Minuspunkte eines Anderen (zum Beispiel hohe Umweltbelastungen) nicht nur ausgleichen, sondern sogar netto übersteigen. Dann ist ein in der öffentlichen Wahrnehmung eigentlich „schlechtes“ Unternehmen unter dem Strich noch in einem Ethikfonds enthalten. Meistens arbeiten solche Fonds noch zusätzlich mit bestimmten Ausschlusskriterien. Dabei handelt es sich um Produkte oder Produktionsweisen von Unternehmen, die Anleger meiden möchten, wie etwa Waffen oder den Einsatz von Kinderarbeit. Entsprechend den vom Fondsmanagement selbst auferlegten Vorgaben dürfen Wertpapiere von entsprechenden Unternehmen oder Staaten nicht im Fonds enthalten sein.
Insgesamt, so das Ergebnis der Stuttgarter Studie, haben die untersuchten Investmentfonds die gesetzlich vorgegebenen Informationen gut dokumentiert. Bei Investmentfonds, die von der Fondsgesellschaft durchgängig selbst hergestellt werden, fanden die Forscher keine Beanstandungen. Anders sieht es bei solchen Nachhaltigkeitsfonds aus, bei denen die Vorschlagslisten für die Bestückung mit nachhaltigen Aktien und Anleihen aus dritter Hand, das heißt von einer Rating-Agentur stammten. In diesen Fällen waren die entsprechenden Informationen für Anleger schwer verfügbar. „Es bedarf teilweise erheblicher zusätzlicher Anstrengungen, zu erfahren, welche Umwelt-, Sozial- und Ethikvorstellungen die Rating-Agentur in den Fonds eingebracht hat und ob der Fond mit dem jeweiligen Weltbild des Anlegers von „guten“ oder „schlechten“ Unternehmen übereinstimmt“, bemängelt Studienleiter Prof. Henry Schäfer. Hier sollten nach Meinung der Stuttgarter Forscher in Zukunft mehr anlegerfreundliche, das heißt zeitlich aktuelle, laufende, direkte und kostenlos verfügbare Informationen bereitgestellt werden. „Gerade bei Publikumsinvestmentfonds, die den Anspruch als Nachhaltigkeitsfonds erheben und nach dem Best in Class-Ansatz konstruiert sind, müssen sich die Fondsgesellschaften um mehr Aufklärung bemühen, wenn sie von externer Seite Zulieferungen einkaufen“, erklärt Schäfer.
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