Wien (csr-news) > Die Allianz ist eines der größten Versicherungsunternehmen in Österreich und verwaltet rund sieben Milliarden Euro Kapitalanlagen. Innerhalb des Konzerns finden ESG-Kriterien bei der Kapitalanlage schon länger Berücksichtigung. In Österreich geht der Versicherer noch einen Schritt weiter und will seine Investmentstrategie nach einem Bewertungsmodell der Naturschutzorganisation WWF neu ausrichten.
Dazu haben die Allianz Österreich und der WWF Österreich ein Ziel vertraglich vereinbart. Innerhalb der kommenden fünf Jahre soll der Nachhaltigkeitsgrad des gesamten Investmentportfolios des Versicherers um mindestens fünf Prozentpunkte gesteigert werden. „Derzeit sind 83 Prozent unserer Kapitalanlagen im grünen oder gelben Bereich. Wir möchten bis 2020 diesen Anteil auf 88 Prozent erhöhen“, so Wolfram Littich, Vorstandsvorsitzender der Allianz Gruppe in Österreich. „Wir richten nicht nur Teilaspekte, sondern unser gesamtes Portfolio schrittweise auf Nachhaltigkeit aus“. Dafür setzt das Unternehmen auf ein neues Bewertungsmodell, das vom WWF gemeinsam mit 70 Experten aus 40 weiteren Organisationen in den vergangenen Jahren entwickelt wurde. Ziel der Entwicklung war nicht weniger als ein, auch von Dritten akzeptiertes, neues, innovatives Nachhaltigkeitsmodell für Investments. Die Naturschützer wollen insgesamt mehr Transparenz im Finanzmarkt erreichen. Das Besondere am neuen Bewertungsansatz ist die vollkommen gleichwertige Behandlung der drei Nachhaltigkeitssäulen Umwelt, Soziales und Ökonomie. Dabei ging es auf der einen Seite um einen maximal hohen Nachhaltigkeitseffekt, auf der anderen Seite sollte das Modell auch praxistauglich sein. Insgesamt werden dafür mehr als 150 Indikatoren angewendet, um ein gesamtes Portfolio zu durchleuchten. Für die Auswahl der Indikatoren war neben der thematischen Relevanz in Bezug auf die Dimensionen der Nachhaltigkeit auch die Datenverfügbarkeit sowie die Berücksichtigung internationaler Standards ausschlaggebend. Außerdem sollten vor allem quantitative, gut mess- und vergleichbare Daten Anwendung finden, im Idealfall als reine, nicht aggregierte Indikatoren. Ob die Überlegungen auch einem Praxistest standhalten, sollte gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft erarbeitet werden. Die Allianz Österreich hat sich als erstes Unternehmen dazu bereit erklärt und sein gesamtes Portfolio anhand der neuen Bewertungsansätze überprüfen lassen. In den vergangenen drei Jahren wurden dazu 18.000 Einzelpositionen von 600 Emittenten analysiert. Mit Hilfe eines transparenten Punktesystems konnten die wichtigsten Wertpapier-Klassen bewertet werden: Staatsanleihen, Unternehmensanleihen, Aktien und Pfandbriefe. „Wir sind mit dem Ziel angetreten, Nachhaltigkeit von Kapitalanlagen eines gesamten Finanzinstituts messbar zu machen – und wir haben dieses Ziel erreicht“, erklärt Armand Colard, Leiter des Bereichs Sustainable Finance bei WWF Österreich.
Für den WWF ist die Zusammenarbeit mit der Allianz aber erst ein Anfang. „Wir möchten mit unserem Modell große Kapitalströme gezielt in Richtung Nachhaltigkeit lenken und so den Weg zu einem nachhaltigeren Finanzmarkt ebnen“, erklärte WWF Österreich Geschäftsführerin Andrea Johanides. Dafür macht der WWF sein Modell ab 2015 auch für andere Finanzunternehmen zugänglich. „Wenn weitere Unternehmen dem Beispiel der Allianz Österreich folgen und fünf Prozent ihrer Kapitalanlagen in Richtung mehr Nachhaltigkeit verschieben, würde das bedeuten, dass global bis zu 3.500 Milliarden Dollar neu veranlagt werden“, ergänzt Johanides. Das globale Potenzial ist nach Auffassung der Naturschützer gewaltig. „Es geht darum, die Mechanismen des Kapitalmarktes zu nutzen, um ganze Portfolios in Richtung Nachhaltigkeit zu bewegen“, erklärt Johanides. „Wir laden weitere Investoren ein, das Modell anzuwenden und damit für mehr Transparenz und Nachhaltigkeit im Finanzsektor zu sorgen“. Für Allianz-Chef Littich ist die Meinung, dass Nachhaltigkeit im Widerspruch zur Rendite steht, längst überholt. In einer Studie, der Harvard Business School von 2011 konnte, eine stark positive Korrelation zwischen Nachhaltigkeit und Wertentwicklung über einen Betrachtungszeitraum von 18 Jahren festgestellt werden, wobei die nachhaltigsten Unternehmen eine um durchschnittlich rund 47 Prozent höhere Performance aufwiesen als weniger nachhaltige. Nachhaltigkeit sei demzufolge kein Luxus, so Littich, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit.
Auch die internationale Allianz SE begrüßt die Initiative ihrer Tochtergesellschaft: „Von dem Pilotprojekt in Österreich versprechen wir uns wichtige Erkenntnisse, wie wir gute und stabile Erträge für unsere Kunden im Einklang mit ökologischen und sozialen Aspekten erwirtschaften können“, erklärt Maximilian Zimmerer, Vorstandsmitglied der Allianz SE. In Österreich legt man derweil besonderes Augenmerk auf den freiwilligen und dauerhaften Rückzug aus Kohleabbau-Investments. „Alleine dadurch werden im Allianz Portfolio etwa 600.000 Tonnen CO2 eingespart“, so Littich. „Um durch andere Maßnahmen auf einen ähnlichen Wert zu kommen, dürften beispielsweise alle Autos im Bundesland Tirol ein Jahr lang nicht fahren“. Das aus den Verkaufserlösen frei werdende Kapital wird in erneuerbare Energien reinvestiert – ein erster wichtiger Schritt, um deren Anteil im Unternehmensportfolio von derzeit knapp 12 Prozent auf 24 Prozent bis 2020 zu verdoppeln. Ob die Allianz auf dem Weg der Zielerreichung ist, wird nun regelmäßig auch vom WWF unter den Gesichtspunkten des neuen Nachhaltigkeitsmodells analysiert. Der Grad der Zielerreichung wird laufend vom WWF überprüft und auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Foto (v.l.n.r.): Armand Colard, Leiter des Bereichs Sustainable Finance bei WWF Österreich; WWF-Österreich-Chefin Andrea Johanides; Wolfram Littich, CEO Allianz Österreich