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Textilbündnis: Minister Müller räumt die „falschen“ Fehler ein

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat in Bezug auf das Mitte Oktober von ihm ins Leben gerufene Textilbündnis eigene Fehler eingeräumt. Er hätte stärker an den Arbeitssitzungen zur Vorbereitung des Bündnisses teilnehmen müssen, sagte Müller am Freitag. Dann hätte er die Missverständnisse ausräumen können, die dazu führten, dass keine große Textilhandelskette dem Bündnis beitrat. Schön dass der Minister einen kritischen Blick auf das eigene Engagement wirft, den Kern des Problems hat er dabei jedoch nicht im Blick. Ein Kommentar von Achim Halfmann

Berlin (csr-news) – Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat in Bezug auf das Mitte Oktober von ihm ins Leben gerufene Textilbündnis eigene Fehler eingeräumt. Er hätte stärker an den Arbeitssitzungen zur Vorbereitung des Bündnisses teilnehmen müssen, sagte Müller am Freitag nach einem Bericht der Berliner Zeitung (Online-Ausgabe). Dann hätte er die Missverständnisse ausräumen können, die dazu führten, dass keine große Textilhandelskette dem Bündnis beitrat. Falsch sei der Eindruck, dass alle in dem 66-seitigen Aktionsplan genannten Herausforderungen sofort in Angriff genommen werden müssten. Die Umsetzung solle vielmehr Schritt für Schritt erfolgen, so der Minister. Dem Bündnis sind bisher 39 Partner beigetreten, vornehmlich NGOs und kleinere nachhaltigkeitsorientierte Textillabel. Schön dass der Minister einen kritischen Blick auf das eigene Engagement wirft, den Kern des Problems hat er dabei jedoch nicht im Blick.

Ein Kommentar von Achim Halfmann

Zunächst: Mit dem Aktionsplan haben alle Beteiligten – auch die an den Vorbereitungsarbeiten beteiligten Konzerne – ein umfassendes Dokument geschaffen, das die vielseitigen bestehenden Standards und Programme bündelt. Von solchen Initiativen, die Umweltschutz, Arbeitsrechte oder Brandschutz in den Blick nehmen, gibt es eine ganze Reihe. Diese in einem gemeinsamen Aktionsplan zu bündeln, macht Sinn. Und auch das Ziel eines Multi-Stakeholder-Forums für den Textilsektor erscheint attraktiv. Alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen – NGOs, Unternehmen, Wissenschaft und Politik -, wäre als ein wichtiger Schritt nach vorne. Angesichts der Unterschiedlichkeit der Beteiligten erscheint eine starke und moderierende Rolle der Politik zumindest für den Start wichtig.

Die Worte des Ministers, der Aktionsplan sei Schritt für Schritt umzusetzen, kamen durchaus bei den Textilkonzernen an. Allerdings fehlt ein entsprechender Hinweis im Dokument selbst – und das sollten die an den Vorbereitungen Beteiligten schließlich unterscheiben. Es hätte wohl noch eine Zeit gebraucht, um in dem Aktionsplan Hotspots und ein Vorgehen für deren Adressierung zu vereinbaren und den Plan so „managebar“ zu machen. Letztlich war es der Zeitdruck, unter den sich Minister Müller mit seiner Terminankündigung für die Veröffentlichung des Bündnisses selbst gesetzt hat, der für solche weiteren Überlegungen keinen Spielraum ließ.

Und an einem zweiten Punkt hätte noch gearbeitet werden müssen: An der Verankerung der Bündnisanforderungen auf europäischer Ebene. Zwar würde eine solche weitreichende Initiative wohl kaum auf europäischer Ebene starten. Aber wenn sie sich dauerhaft auf Deutschland beschränkt, ist dem Anliegen einer verbesserten textilen Lieferkette auch nicht gedient. Denn zum einen sind europäische, nicht hierzulande beheimatete Textilketten in Deutschland tätig – Primark und andere. Und es braucht – zum anderen – das größere, mindestens das europäische Einkaufsvolumen, um in die weltweiten Lieferketten Bewegung zu bekommen. Deshalb gehört in den Aktionsplan, wie der Weg des Bündnisses auf die europäische Ebene aussehen soll.

Wie zu hören ist, arbeiten die Textilkonzerne an Konkretisierungen des Aktionsplans, die ihnen einen Beitritt ermöglichen würden. Der Bundesminister hat sich weit aus dem Fenster gelegt: Ohne Gesichtsverlust kann er das Bündnis nicht aufgeben und ohne die Konzerne kann er es nicht effektiv umsetzen. Bleibt also zu hoffen, dass die Parteien doch noch in einer branchenweiten Multi-Stakeholder-Initiative zusammenfinden – nicht irgendwann, sondern noch in diesem Jahr. Dann das wäre ein erster großer Schritt vorwärts –angesichts der vor den Bündnispartnern liegenden Herausforderungen müssten dann viele weitere große Schritte folgen.

Foto: Frauen und Kinder in einem „Textilslum“ im Norden von Bangladesch


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