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Schienengüterverkehr: Das Problem mit dem Lärm

Schienenverkehr verursacht Lärm, vor allem die Güterzüge. Rund 15 Prozent der Bevölkerung sind davon mehr oder weniger stark betroffen und fühlen sich belästigt, wie eine Studie des Umweltbundesamtes im Jahre 2012 ergab. Politik und Bahn wollen das ändern und bis 2020 die Lärmbelastung um 10 dB verringern – dies entspricht in etwa einer Halbierung des wahrgenommenen Lärms. Sichtbare Erfolge müssen bis 2016 erreicht werden, sonst drohen Sanktionen. Wirtschaftsverbände halten das Ziel für nicht erreichbar.

Berlin (csr-news) > Schienenverkehr verursacht Lärm, vor allem die Güterzüge. Rund 15 Prozent der Bevölkerung sind davon mehr oder weniger stark betroffen und fühlen sich belästigt, wie eine Studie des Umweltbundesamtes im Jahre 2012 ergab. Politik und Bahn wollen das ändern und bis 2020 die Lärmbelastung um 10 dB verringern – dies entspricht in etwa einer Halbierung des wahrgenommenen Lärms. Sichtbare Erfolge müssen bis 2016 erreicht werden, sonst drohen Sanktionen. Wirtschaftsverbände halten das Ziel für nicht erreichbar.

Mehr Schienenverkehr und weniger Lärmbelastung seien kein Widerspruch, schreibt die Bahn in ihrem Lärmschutzkonzept und setzt dabei auf Lärmschutzwände sowie leisere Züge. Vor allem Güterzüge verursachen viel Lärm, weil sie meist mit alten Gussbremsen ausgestattet sind. Die rauen die Räder auf, die in der Folge auch Lärm verursachen, wenn sie gar nicht bremsen. Also müssen die Bremsen durch neue, sogenannte Flüsterbremsen ausgetauscht werden. „Die Umrüstung der Bestandsflotte liefert den nachhaltigsten Effekt zur Lärmminderung“, schreibt die Bahn dazu. Denn mit den alternativen Bremsen lässt sich die Lärmbelastung halbieren. Genau das ist erklärtes Ziel des Unternehmens. Bis 2020 sollen rund 60.000 Bestandswaggons umgerüstet werden und etwa 15.000 neue Waggons bereits mit der neuen Bremstechnologie ausgestattet sein. Dieses Ziel hat sich auch die Bundesregierung auf die Fahnen geschrieben und im Koalitionsvertrag niedergeschrieben. Bis 2020 soll die wahrgenommene Lärmbelastung durch Schienengüterverkehr halbiert werden. Schon bis 2016 müssen die Hälfte der rund 180.000 Güterwaggons, die in Deutschland unterwegs sind, mit den Flüsterbremsen ausgestattet sein. Wird diese Vorgabe nicht erreicht, so sieht der Koalitionsvertrag ordnungsrechtliche Maßnahmen vor. Im Gespräch sind Geschwindigkeitsbegrenzungen und Nachfahrverbote. „90.000 Güterwagen innerhalb von zwei Jahren umzurüsten oder zu ersetzen ist unmöglich. Weder stehen ausreichend Neubau-Kapazitäten zur Verfügung, noch sind für die Umrüstung genug Flüsterbremsen am Markt erhältlich“, sagte Jürgen Tuscher, Geschäftsführer des Verbands der Güterwagenhersteller (VPI). Zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat der VPI eine Studie veröffentlicht, die sich mit den Folgen solcher ordnungspolitischen Maßnahmen beschäftigt. Rund zwei Millionen Flüsterbremsen würden jedes Jahr benötigt um das Ziel zu erreichen, tatsächlich werden aber nur etwa 300.000 hergestellt. Grundsätzlich bekennen sich die Wirtschaftsverbände aber zum Ziel der Halbierung bis 2020, auch wenn sie betonen, dass Verkehr ohne Geräuschbelastung ist nicht möglich ist. Sorge haben sie allerdings vor den Maßnahmen, wenn das Zwischenziel nicht erreicht wird. So würde beispielsweise die Reduzierung der Geschwindigkeit auf 70 km/h zu rund zehn Prozent höheren Transportkosten führen oder das Transportaufkommen um 30 Prozent reduzieren. Das Nachfahrverbot würde sogar den gesamten Schienengüterverkehr in seiner Existenz bedrohen. Da die Trassen tagsüber bereits zu über 90 Prozent ausgelastet sind, wäre eine Verlagerung auf den Tag nicht möglich. Durch längere Transportzeiten und höhere Kosten könnte die Schiene im Wettbewerb der Transportmöglichkeiten kaum noch bestehen. „Angesichts dieser für den Standort Deutschland unvertretbaren Folgen dürfen derartige politische Maßnahmen 2016 nicht in Betracht kommen“, so die Verbände in einer Mitteilung. „So macht man den Schienengüterverkehr in Deutschland kaputt. Und zwar ohne Not, denn die Branche hat längst von sich aus angeboten, den Schienenlärm im Güterverkehr innerhalb der nächsten sechs Jahre zu halbieren“, erklärte VDV-Geschäftsführer Martin Henke. „Tagsüber gibt es schlichtweg nicht genug Kapazitäten für umfangreichen zusätzlichen Gütertransport. Dann müssen entweder Personenzüge oder Güterzüge vollständig entfallen.“ Die daraus fehlenden Erträge würden auch das Gesamtziel gefährden, rechnet Tuscher vor. „Mögliche Geschwindigkeitsreduzierungen oder Nachtfahrverbote im Schienengüterverkehr 2016 wären kontraproduktiv“, warnte auch Dieter Schweer, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. „Rohstoffe wie Erz oder Kohle müssen nachts auf der Schiene transportiert werden, damit sie frühmorgens pünktlich in den Produktionsstätten weiterverarbeitet werden können. Mit Fahrverboten oder Geschwindigkeitsreduzierungen in der Nacht würden etliche zentrale Logistikketten in Deutschland gefährdet.“

Das vollständige Gutachten zum Download.

 


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