Düsseldorf (csr-news) – Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Josef Ackermann, hat im Rückblick auf die 2008 ausgebrochene Finanzkrise Selbstkritik geübt. Die Vorstandsmitglieder der Bank seien sich damals „ziemlich einig“ gewesen, dass das Boni-System „jeden Bezug zur Realität verloren hatte“, sagte Ackermann dem am Donnerstag erstmals erscheinenden „Handelsblatt Magazin“. „Vor lauter Kampf und Wettbewerb“ in der Finanzindustrie seien in den Jahren vor der großen Krise teilweise „ethisch-moralische Grundsätze verloren“ gegangen.
Dass das gesamte System in manchen Punkten „auf dem falschen Weg“ gewesen sei, sei damals auch im Vorstand der Deutschen Bank diskutiert worden. „Aber ein Problem zu erkennen ist etwas anderes, als zu versuchen, es als Einzelner zu ändern. Da können Sie schnell untergehen“, sagte Ackermann.
Das marktwirtschaftliche System habe er nie infrage gestellt, es habe Milliarden Menschen weltweit zu einem besseren Leben geholfen. Ackermann weiter: „Problematisch wird es aber, wenn vor lauter Kampf und Wettbewerb ethisch-moralische Grundsätze verloren gehen. Das war in der Finanzindustrie in den Jahren vor der großen Krise leider teilweise der Fall.“
Zugleich sprach sich Ackermann dafür aus, dass sich Vorstandschefs in gesellschaftspolitische Debatten einmischen – etwa durch die Teilnahme an Kirchentagen oder Gewerkschaftstreffen. „Ich habe dort selten Aggressivität erlebt, sondern eher die Sehnsucht nach Antworten. Bei solchen Anlässen habe ich immer gern mitdiskutiert, dabei aber auch immer erklärt: Das ist meine persönliche Antwort, ich weiß nicht, ob es die richtige ist“, so der Ex-Vorstand.
Er hatte im Mai 2012 nach zehn Jahren den Chefposten bei der Deutschen Bank abgegeben. Seitdem wird das Finanzinstitut von einer Doppelspitze geführt: Jürgen Fitschen und Anshu Jain.