Berlin (csr-news) – Am Ende dieser Legislaturperiode muss es den Tieren besser gehen als heute. Mit diesem Ziel hat Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt heute die Initiative für mehr Tierwohl vorgestellt. Dabei setzt er auf Freiwilligkeit der Beteiligten, notfalls will er aber auch mit Gesetzen eingreifen.
„Wir benötigen eine gemeinsame Haltung, einen neuen gesellschaftlichen Pakt, um das Verhältnis von Mensch und Tier neu auszuloten. Erforderlich ist ein verlässlicher Rahmen und ein einheitliches Verständnis, um keinen Flickenteppich der Strukturen und Interpretationen entstehen zu lassen“, sagte Schmidt bei der Vorstellung der Eckpunkte seiner Initiative „Eine Frage der Haltung – neue Wege für mehr Tierwohl“ in Berlin. Bereits seit 2002 steht der Tierschutz im Grundgesetz. Dass das nicht reicht, zeigen die alltäglichen Verstöße gegen das Tierwohl und die ungeklärte Haltung zum Umgang mit Nutztieren. Schmidt rief deshalb Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verbraucher dazu auf, gemeinsam neue Wege zu beschreiten. Tierwohl sei eine Frage der Haltung – nicht nur in den Ställen, sondern auch in den Köpfen, plädiert Schmidt für die Vereinbarung eines gemeinsamen Verständnisses. Und das will er sich auch etwas kosten lassen. So sieht der Regierungsentwurf des BMEL-Haushaltes 2015 für Ausgaben im Bereich des Tierschutzes Mittel von über 33 Millionen Euro vor. In diesem Jahr sind es noch 20,5 Millionen.
„Ziel der Initiative ist es, gerade auch die Haltungsbedingungen für landwirtschaftliche Nutztiere weiter zu verbessern und noch stärker an die Bedürfnisse der Tiere anzupassen“, sagte Schmidt. Es gelte, bestehende und künftige Initiativen der beteiligten Wertschöpfungskette vom Erzeuger über den Handel bis zum Verbraucher zu unterstützen, die nachweislich hohe Tierschutzstandards fördern. Angestrebt seien Maßnahmen auf Grundlage der „verbindlichen Freiwilligkeit“. „Ich setze auf Freiwilligkeit, scheue aber nicht davor zurück, gesetzgeberisch zu handeln, wo notwendig“, so der Minister. Das Ordnungsrecht kann nach Auffassung Schmidts nicht die erste Wahl s ein, um das Staatsziel Tierschutz umzusetzen. Vielmehr sei ein offener und kritischer Dialog aller Handelnden der richtige Weg. „Ich weiß, dass dieser Weg nicht einfach werden wird. Aber wir müssen heraus aus dem Klima des Vertrauensverlustes hin zu einem integrativen Ansatz: Gemeinsam für mehr Tierwohl. Dabei darf es nicht bei schönen Worten bleiben: Es müssen bewertbare und klare Indikatoren entwickelt werden, die den Erfolg der freiwilligen Initiativen messbar machen und Ziele vorgeben“, sagte Schmidt.
Die vorgelegten Eckpunkte beinhalten ein Maßnahmenpaket, das auch Versuchstiere, Haustiere und weitere Tiere umfasst. Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt aber in der Nutztierhaltung: So soll bereits im ersten Quartal 2015 der Entwurf einer freiwilligen Vereinbarung zum Verzicht auf sogenannte nicht-kurative Eingriffe, wie etwa das Kupieren der Schwänze bei Schweinen und von Hühnerschnäbeln, vorliegen. Ställe in Deutschland sollen künftig am Tierwohl orientiert sein. Mitte 2015 wird es Grundlagen für ein Prüf- und Zulassungsverfahren für serienmäßig hergestellte Stalleinrichtungen geben, in einem ersten Schritt für den Bereich der Legehennen. Zudem sollen Anforderungen an die Sachkunde der Personen definiert werden, die mit landwirtschaftlichen Nutztieren umgehen. „Jeder, der mit Tieren arbeitet, muss sich der Würde des Tieres bewusst sein und ihnen mit Rücksicht und Respekt begegnen“, sagte Schmidt. In einem Netz von Demonstrationsbetrieben sollen bis Ende 2015 besondere Tierschutzbedingungen in die Praxis umgesetzt werden. Tiergerechte Haltungsbedingungen sind keine Frage der Stallgröße, sondern des Managements und der Betreuung. „Wir müssen erreichen, dass jedes Tier – unabhängig von der Stallgröße – tiergerecht gehalten wird. Im Fokus muss die Verbesserung des Wohlbefindens jedes einzelnen Tieres stehen“, sagte Schmidt. Praktiken, die unerträgliches Leid in der Tierhaltung zeigen, seien nicht akzeptabel. „Wenn etwa Ferkel grundlos getötet werden, ist das ein klarer Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Das dürfen wir nicht tolerieren“, forderte Schmidt die Länder auf, scharf zu kontrollieren und zu sanktionieren.
Schmidt wies darauf hin, dass so schnell wie möglich tiergerechte Lösungen gefunden werden müssten, diese aber auch praxistauglich sein müssten. „Was bringt es dem Tier, wenn der Schwanz nicht vom Menschen abgeschnitten, er aber von anderen Schweinen angebissen wird“, sagte Schmidt. Hier sei auch die Forschung gefordert, praktikable Wege des Übergangs aufzuzeigen. Ebenso wie bei der betäubungslosen Ferkelkastration sei es nicht sinnvoll, einen Ausstieg von jetzt auf gleich anzuordnen. Auch beim Thema Küken sei die Forschung gefordert. Jedes Jahr werden rund 45 Millionen männliche Küken getötet, nur weil sie das falsche Geschlecht haben. Eine frühe Geschlechtsbestimmung im Ei könnte Abhilfe schaffen. Weiteren Handlungsbedarf sieht Schmidt in der stärkeren Begrenzung und Kontrolle von Tiertransporten, bei Muttersauen, die mehr Ferkel gebären als aufgezogen werden können oder der Problematik des Schlachtens hochträchtiger Kühe.
Mit der neuen Initiative will Schmidt Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft an einen Tisch bringen um neue Ansätze zu entwickeln und den Informationsaustausch zu verbessern. „Wir wollen das Zusammenwirken der Akteure verstärken. Es geht vor allem darum, miteinander zu reden und voneinander zu lernen“, sagte Schmidt. „Die gute Nachricht ist, dass wir beim Tierschutz das Rad an vielen Stellen nicht neu erfinden, es aber gemeinsam besser ans Rollen bringen müssen“, beschreibt Schmidt die Ausgangssituation. „Jeder muss an seinem Platz Verantwortung übernehmen – der Staat durch Rahmenbedingungen, die das Wohlbefinden von Tieren fördern, die Landwirte, die es in die Tat umsetzen, und wir als Verbraucher, die an der Ladentheke mitentscheiden.“ Wo Zielkonflikte und Reibungen bestehen soll die Initiative vermitteln und moderieren. Schmidt betonte, dass die Maßnahmen am Ende auch wirtschaftlich sein müssen. „Wir brauchen Haltungsbedingungen, die dem Tierwohl bestmöglich gerecht werden und zugleich eine wirtschaftliche Tierproduktion ermöglichen. Nur dann wird es gelingen, die Tierhalter bei der Tierwohloffensive mitzunehmen“, ist Schmidt überzeugt. Bei der Beantwortung offener Fragen sei die Politik auf solide wissenschaftliche Erkenntnisse angewiesen. Der Ausbau der Forschungsförderung ist fester Bestanteil der Initiative.
Begleitet werden soll die Initiative von einem „Kompetenzkreis Tierwohl“, der insbesondere bei der Folgenabschätzung politischer Maßnahmen als Ratgeber fungieren wird. Hier setzt das BMEL auf die Mitwirkung von berufsständischen Organisationen sowie Tierschutz- und Verbraucherverbänden. Auch Tierethiker und Vertreter der Kirchen sollen eingeladen werden. Zugleich appellierte er an die Länder und die Erzeuger, die zur Verfügung stehenden Fördermittel der EU und des Bundes in noch stärkerem Maße für die Belange des Tierschutzes zu nutzen. Da sei noch deutlich Luft nach oben, sagte der Minister. Ausdrücklich unterstützen will Schmidt eine Politik der gläsernen Ställe und der offenen Höfe. „Um Verbrauchern ein realistisches Bild der Landwirtschaft zu vermitteln, benötigen wir mehr Transparenz in der Stallhaltung. Erzeuger müssen auf die Menschen zugehen und Gelegenheiten zur Kommunikation bieten“, sagte Schmidt. Aber auch die Konsumenten nimmt er in die Pflicht: „Schon heute haben die Verbraucher die Möglichkeit, mit dem Einkaufskorb Politik zu machen. Wer den Tierschutz einfordert muss auch bereit sei, für das Wohl der Tiere den Preis zu bezahlen, von dem die Erzeuger leben können. Unsere Lebensmittel sollen nicht billig sein, sie müssen ihren Preis wert sein.“ Schmidt: „Wer es ernst meint, kann sich etwa mit dem Tierschutzlabel des Tierschutzbundes bewusst für Produkte entscheiden, bei deren Erzeugung hohe Standards garantiert werden.“
Eckpunkte der Initiative „Eine Frage der Haltung – neue Wege für mehr Tierwohl“
1. Tierschutz bereits bei der Entwicklung serienmäßig hergestellter Stalleinrichtungen verpflichtend prüfen
Bereits der Hersteller einer Stalleinrichtung muss künftig ein Typenzulassungsverfahren für jede neue Einrichtung durchlaufen, bei dem Experten die Stalleinrichtung umfassend unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzes prüfen. Erfahrungen mit solchen Zulassungsverfahren gibt es bereits in Schweden, in der Schweiz und in Österreich. In einem ersten Schritt wird dies für den Legehennenbereich vorgeschlagen. Nach Erörterung des Zulassungsverfahrens mit allen betroffenen Kreisen wird das BMEL im 1. Halbjahr 2015 einen Verordnungsentwurf vorlegen.
2. Nicht-kurative Eingriffe bei Nutztieren beenden
Haltungseinrichtungen und Haltungsmanagement müssen sich den Bedürfnissen der Tiere anpassen – nicht umgekehrt. Für einen raschen Einstieg setzt das BMEL dabei auf freiwillige Vereinbarungen der Wirtschaft mit verpflichtenden Zeitvorgaben zum Verzicht auf das Kupieren eines Teils der Schwänze bei Schweinen, das Kupieren eines Teils der Oberschnäbel bei Legehennen und Puten sowie das nicht schmerzfreie Enthornen von Rindern. BMEL bringt Wissenschaft, Wirtschaft und Tierschutzverbände zusammen und moderiert den Prozess zu solchen verbindlichen Ausstiegsvereinbarungen. Im 1. Quartal 2015 soll der Entwurf einer freiwilligen Vereinbarung vorliegen, mit dem Ziel eine wirksame Selbstverpflichtung der Wirtschaft im 3. Quartal 2015 zu erreichen. Der Zeitplan wird sich an den Fortschritten in Wissenschaft und Praxis orientieren, die das BMEL mit Forschung und Modell- und Demonstrationsvorhaben finanziell fördert.
3. Sachkunde der Tierhalter verbessern
Die tierschutzgerechte Behandlung, Versorgung und Tötung von Tieren wird durch höhere Kenntnisse und Fähigkeiten von Personen, die mit landwirtschaftlichen Nutztieren umgehen, verbessert werden. Dazu sollen 2015 mit allen Stakeholdern die rechtliche Verankerung weiterer Anforderungen an die Sachkunde von Personen diskutiert und die Schlussfolgerungen umgesetzt werden. Insbesondere bei großen Tierhaltungsanlagen kann es zielführend sein, einen Experten mit entsprechender fachlicher Ausbildung als Tierschutzbeauftragten zu bestimmen.
4. Tierschutz bei Schlachtung von Tieren weiter entwickeln
In die Tierschutz-Schlachtverordnung werden bis Ende 2015 Anforderungen an das Hältern, Betäuben und Töten von Fischen und Krebstieren und wo erforderlich weitere Anforderungen an das Töten warmblütiger Tiere aufgenommen. Die aktuell in den Fokus gerückte Problematik des Schlachtens hochträchtiger Tiere ist eine Herausforderung an alle Wirtschaftsbeteiligten, solche Schlachtungen zu verhindern. Das BMEL fokussiert diese Anstrengungen durch Initiativen auf EU-Ebene und durch Forschung und – falls erforderlich – auch durch Rechtsänderungen.
5. Verbraucherbewusstsein stärken – Initiativen von Wirtschaft und Tierschutzbund zusammenführen
Das wachsende Bewusstsein der Verbraucher führt zu Forderungen an die Tierhalter, die mit erheblichen Kosten verbunden sind. Das BMEL begrüßt deshalb alle Maßnahmen, die nachfrageseitig zur Verbesserung der Tierhaltungsbedingungen beitragen. Das Tierschutzlabel des Deutschen Tierschutzbundes, dessen Weiterentwicklung vom BMEL unterstützt wird und die Brancheninitiative Tierwohl geben dem Verbraucher die Chance, Tierschutz mit dem Einkaufskorb zu unterstützen. Konkrete Verbesserungen beim Tierschutz zahlen sich dank solcher Initiativen auch für die Erzeuger aus. Sie werden umso wirksamer sein, wenn sie aufeinander abgestimmt werden.
6. Tierschutz auf internationaler und EU-Ebene voranbringen
Auf EU-Ebene und im Rahmen internationaler Organisationen (OECD, OIE) sollen einheitliche und höhere Tierschutzstandards vorangebracht werden. Hierzu dient insbesondere der bis Ende 2014 geplante Abschluss einer gemeinsamen Erklärung mit Dänemark und den Niederlanden für eine konsequente Weiterentwicklung des Tierschutzniveaus in der EU. Für eine bessere Information der Verbraucher wird BMEL bei der neuen EU-Kommission für ein EU-Tierschutzlabel eintreten.
7. Forschung für mehr Tierwohl stärken
Die Grundlagen und Rahmenbedingungen für den Tierschutz werden insbesondere durch das Kompetenzzentrum Tierschutz mit aufzubauendem Netz von Demonstrationsbetrieben (Start Anfang 2015), die Entwicklung und standardisierte Bewertung von Tierschutzindikatoren (bis Ende 2015), die Verbesserung der Haltungssysteme und Forschung u.a. zu gesellschaftlichen Erwartungen an die Tierhaltung (z.B. „Social lab“ im Rahmen des Innovationsprogramms des Thünen-Instituts u.a.) verbessert. Die Forschungsstrategie „Tier“ der Deutschen Agrarforschungsallianz wird dabei berücksichtigt. Die Tötung von 45 Millionen männlicher Küken pro Jahr muss beendet werden. Ergebnisse des Forschungsprojekts zur Geschlechtsbestimmung in Hühnereiern werden voraussichtlich Anfang 2015 vorliegen. Das BMEL wird den Transfer eines erfolgreich entwickelten Verfahrens der Geschlechtsbestimmung im Ei in die breite Praxis aktiv begleiten und sich für ein rasches Ende der Tötungspraxis einsetzen. Im Regierungsentwurf für den Haushalt des BMEL 2015 sind 5 Millionen Euro Bundeszuschüsse für Modell- und Demonstrationsvorhaben im Bereich Tierschutz ausgewiesen. Auch die Ressortforschung des BMEL, die Förderung tiergerechter Haltungsverfahren im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ und die Zuschüsse zur Förderung des ökologischen Landbaus und anderer nachhaltiger Formen der Landwirtschaft leisten wichtige Beiträge für mehr Tierschutz. Der Wissenschaftliche Beirat Agrarpolitik wird mit seinem Gutachten „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ einen wertvollen Beitrag zur Tierwohl-Initiative liefern. Hierbei soll wie auch in den bereits laufenden Forschungsprojekten auch die Frage von Größen tiergerechter Haltung von Nutztieren diskutiert werden.
8. Kompetenzkreis Tierwohl
Zur laufenden Rückkopplung zwischen BMEL und allen Stakeholdern wird im Oktober 2014 ein „Kompetenzkreis Tierwohl“ für die Dauer von zwei Jahren berufen. Praktiker, Wissenschaftler, Vertreter gesellschaftlicher Gruppen und berufsständiger Organisationen, Tierschutz- und Verbraucherverbänden und Kirchen sollen die Umsetzung der Tierwohl-Initiative begleiten und ergänzende Vorschläge unterbreiten.
9. Zahl der Versuchstiere begrenzen
Die Zahl der Versuchstiere ist auf das unerlässliche Maß entsprechend der unabweisbaren wissenschaftlichen und sicherheitsbezogenen Anforderungen zu beschränken. Die „Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch“ (ZEBET) wird weiter ausgebaut und intensiviert ihre Aktivitäten in der Ersatzmethodenforschung sowie Beratung von Behörden und Forschern. ZEBET engagiert sich künftig zusätzlich für die Verbesserung der Haltungsbedingungen für Versuchstiere (Refinement). Im Zusammenhang mit der überarbeiteten Rechtslage zum Schutz von Versuchstieren übernimmt ZEBET neue Aufgaben der Dokumentation und Beratung. Neben der Förderung der Ersatzmethodenforschung durch das BMBF zeichnet das BMEL herausragende Arbeiten jährlich durch den Tierschutzforschungspreis aus und unterstützt die Stiftung zur Förderung der Erforschung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zur Einschränkung von Tierversuchen.
10. Mehr Tierschutz auch für Haus- und Begleittiere
Gemeinsam mit Ländern und Kommunen werden Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Welpenhandels vorangetrieben. Das BMEL vergibt gemeinsam mit der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) in den verschiedenen Disziplinen einen Tierschutzpreis für den besonders tierschutzfreundlichen Umgang mit dem Pferd. Die vom BMEL herausgegebenen Gutachten und Leitlinien werden auf das Erfordernis der Anpassung an den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand überprüft und ggf. entsprechend einer Prioritätsbewertung überarbeitet. Für nicht domestizierte Tiere in Obhut des Menschen wurde das neue Säugetiergutachten bereits am 7. Mai 2014 vorgestellt.
Dokumentation:
Brancheninitiative Tierwohl von Handel und Erzeugern
Im Herbst 2013 kündigten Supermarktketten gemeinsam mit Erzeugerverbänden eine eigene Tierwohlinitiative an. Kernidee ist ein Fond, der aus den Einnahmen der Fleischverkäufe gespeist wird. Konkret sind das vier Cent pro verkauftem Kilogramm Schweinefleisch und schweinefleischhaltiger Wurst, etwa 65 Millionen Euro sollen so jährlich zusammenkommen. Daraus sollen Verbesserungen in der Tierhaltung honoriert werden: Auslaufmöglichkeiten für die Tiere oder größere Stallflächen etwa. Indes startete die Initiative nicht wie angekündigt in diesem Jahr, sie soll nun Anfang 2015 für Schweinefleisch lanciert werden.
CSR NEWS hat Handelsunternehmen aus diesem Anlass gefragt, welche Bedeutung sie dieser Initiative beimessen und ob sie – um ein „Level Playing Field“ zu erhalten – gesetzliche Regeln für erforderlich halten. Hier dokumentieren wir die Antworten:
Aldi Nord
„Als einer der führenden Lebensmitteleinzelhändler in Europa sind wir uns unserer sozialen und ökologischen Verantwortung bewusst. Auch der Tierschutz nimmt bei uns eine besondere Rolle ein. Seit 2013 engagieren wir uns daher in der branchenweiten, freiwilligen Initiative für mehr Tierwohl in der Schweine- und Geflügelproduktion, die für uns Bestandteil unserer unternehmerischen Verantwortung ist. Ziel der Initiative ist die Verbesserung des Tierwohls in der Nutztierhaltung, um Verbraucherinnen und Verbrauchern auch in Zukunft qualitativ hochwertiges Schweine- und Geflügelfleisch anbieten zu können.“
Aldi Süd
„Die Unternehmensgruppe ALDI SÜD legt großen Wert auf einen verantwortungsvollen und respektvollen Umgang mit der Umwelt und eine artgerechte Tierhaltung. Diese Grundsätze haben wir für alle unsere Lieferanten verbindlich festgeschrieben. (…) Schon mehrfach haben wir jedoch in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass unserer Auffassung nach weniger ein gemeinsames Preisniveau im Verkauf dem Wohl und Schutz von Tieren dient, sondern vielmehr ein gemeinsames und ernsthaftes Bemühen von Tierhaltern, Lieferanten sowie dem Handel, gemeinsam klare Kriterien zum Tierschutz festzulegen und diese möglich und angemessen überwachbar zu machen.“
Edeka
„Generell setzt sich EDEKA dafür ein, dass das Thema Tierwohl in der gesamten Prozesskette über alle Stufen hinweg – unter Einbeziehung aller Marktbeteiligten – nachhaltig mit ökologisch und ökonomisch vertretbaren Lösungen verankert wird. Der EDEKA-Verbund unterstützt deshalb ausdrücklich die Überlegungen für ein Mehr an Tierwohl und beteiligt sich aktiv an der weiteren Projektarbeit der Branchen-Initiative „Tierwohl“, die stufenübergreifend durch QS (Qualität und Sicherheit GmbH) koordiniert wird. Mit ihrem Vorsitz in der Gesellschafterversammlung der QS GmbH hat die EDEKA-Zentrale diese Initiative 2013 maßgeblich mit initiiert.“
Kaufland
„Die Verbesserung des Tierwohls ist Kaufland ein wichtiges Anliegen. Als Mitbegründer der Initiative Tierwohl setzen wir uns maßgeblich für die Förderung einer tiergerechteren und nachhaltigeren Fleischerzeugung ein. Wir fördern die Initiative Tierwohl, da wir auch in Zukunft den Verbrauchern Schweinefleisch in hervorragender Qualität und großer Vielfalt anbieten, gleichzeitig aber auch das Tierwohl noch stärker zur Grundlage unseres Handelns machen möchten. Zu diesem Zweck haben wir mit anderen Handelspartnern unter Einbeziehung von Wirtschaft, Wissenschaft und NGO’s ein umfassendes Programm zur Förderung des Tierwohls auf der landwirtschaftlichen Produktionsebene (Schweinemast, Ferkelaufzucht, Sauenhaltung/Ferkelerzeugung) entwickelt und hierfür wissenschaftlich fundierte, messbare und belegbare Anforderungen an die Tierhaltung definiert, die deutlich über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus gehen.“
Lidl
„Lidl hat bereits Erfahrungen mit dem Tierschutzlabel des deutschen Tierschutzbundes in Deutschland gesammelt und führt ein entsprechend gekennzeichnetes Produkt im Sortiment. Getreu unserem Motto ‚Auf dem Weg nach morgen‘ und als einer der ersten Anbieter verkauft Lidl bereits seit Anfang 2012 das Ganze Hähnchen mit dem Siegel des Deutschen Tierschutz Bund e. V. in 90 % seiner Filialen in Deutschland. Für den Kunden ist dieses Produkt bereits auf den ersten Blick gut zu erkennen: Auf den Verpackungen wird explizit auf die verbesserten Haltungsbedingungen hingewiesen. Durch eine farbliche Kennzeichnung mit einer grünen Verpackung grenzen sich diese Produkte von konventionell erzeugten Produkten deutlich ab. Lidl Deutschland unterstützt damit das Label „Für mehr Tierschutz“ und plant auch weiterhin diese Initiative des Deutschen Tierschutzbundes e. V. zu fördern.“
Das Thema „Tierwohl“ spielt bei alternativen Lebensmittelmärkten eine große Rolle – etwa bei Alnatura:
„Alnatura als Bio-Unternehmen bietet in seiner Produktpalette rund 90 Prozent vegetarische Produkte an. Die Fleisch- und Wurstprodukte, die wir im Sortiment haben, stammen alle aus biologischer Landwirtschaft. Damit entsprechen sie der EG-Öko-Verordnung zur Tierhaltung und -fütterung. Diese regelt eine artgerechtere Tierhaltung. Die Richtlinien der Anbauverbände haben noch weitergehende Anforderungen an das Tierwohl, zum Beispiel bezüglich Platz und Auslauf. Deswegen ist es Alnatura wichtig, möglichst viele der tierischen Produkte von verbandszertifizierten Landwirten oder Herstellern zu beziehen. Derzeit sind rund 65% unserer Eier, Fleisch- und Milchprodukte verbandszertifiziert.“
Und auch in Österreich beschäftigt sich der Handel damit:
Spar
„SPAR Österreich bezieht das gesamte Schweine- und Rinder-Frischfleisch ausschließlich aus Österreich mit dem AMA-Gütesiegel. Mit diesem sind bereits strengere Tierschutz-Richtlinien verbunden, als in vielen anderen EU-Ländern. Ebenso strenger als beispielsweise in Deutschland sind in Österreich die Haltungsbestimmungen bei Geflügel bei Besatzdichten und ähnlichem. Gerade jetzt setzen wir uns massiv gegen eine geplante Besatzdichtenerhöhung ein und führen hier Gespräche mit dem Tierschutz-Verein Vier Pfoten.
Generell ist Fleisch für uns in Österreich ein hochwertiges und sehr regionales Produkt, bei dem wir entsprechend auf österreichische Qualitätsprogramme mit österreichischen Institutionen setzen. Wir vertrauen hier eben auf das AMA-Gütesiegel, haben aber auch selbst gemeinsam mit Tierschutz-Organisationen Projekte gestartet. Beispielsweise haben wir schon vor Jahren Kaninchen aus unserem Sortiment verbannt und bieten Gänse nur noch aus Betrieben an, die von Vier Pfoten auf die Positiv-Liste gesetzt wurden. Auch bei Schweinen und Rindern setzen wir auf eigene Qualitätsprogramme, bei denen Tierschutz immer integraler Bestandteil ist: beim Strohschwein wird beispielsweise auf Spaltböden verzichtet oder die Murtaler Almochsen verbringen mindestens zwei Saisonen auf österreichischen Alpen.“
>> Einen weiterführenden Artikel zur Tierwohlinitiative finden Sie in der Septemberausgabe des CSR MAGAZIN: www.csr-magazin.net
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