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Kenianischer Tee: Zukunft der Arbeit, Traceability und Added Value

Wer an manchen Stellen der Nandi Hills in Westkenia von einem Berghügel in die Umgebung schaut, sieht bis zum Horizont nur Teefelder. „Tee ist die Versicherung, Tee ist das Schulgeld für die Kinder, Tee ist einfach alles“, sagt Robert Keter, der dort eine von landesweit nur vier Teefabriken in kenianischem Besitz betreibt. Die Zukunft des Teesektors hängt in vieler Hinsicht an Bildungsthemen.

Nandi Hills (csr-news) – Wer an manchen Stellen der Nandi Hills in Westkenia von einem Berghügel in die Umgebung schaut, sieht bis zum Horizont nur Teefelder. „Tee ist die Versicherung, Tee ist das Schulgeld für die Kinder, Tee ist einfach alles“, sagt Robert Keter, der dort eine von landesweit nur vier Teefabriken in kenianischem Besitz betreibt. Die Zukunft des Teesektors hängt in vieler Hinsicht an Bildungsthemen.

Kenia ist der drittgrößte Teeproduzent der Welt – und der größte Teeexporteur. Als Marke ist kenianischer Tee dennoch kaum bekannt: Die schmackhaften Blätter werden auf der Teeauktion in Mombasa verkauft, nach dem Export – etwa nach Pakistan – mit Tee aus anderen Ländern vermengt und kommen dann aus Teemischung auf den Markt.

Der überwiegende Teil des Tees – etwa 65% – wird auf den 600.000 Kleinfarmen des Landes angebaut. Internationale Konzerne dominieren die Weiterverarbeitung; im ganzen Land sind nur vier Teefabriken im Besitz lokaler Unternehmen. Insgesamt bietet der Tee entlang der Produktionskette drei Millionen Kenianern Arbeit: Die weitaus größte Gruppe sind die Teepflücker, die wie vor 100 Jahren durch die Felder streifen und die „reifen“ Blätter mit hoher Fingerfertigkeit fassen und in ihren Körben sammeln.

Automatisierung bedroht Teepflücker

Robert Keter ist einer der lokalen Teeproduzenten. Zur Emrok Teefabrik gehört eine eigene Teefarm, 350 Arbeiter finden dort einen Job. Durch eine automatisierte Ernte könnte er deren Zahl auf 50 verringern, hat der Unternehmer errechnet. Darauf verzichtet Keter – anders als manche multinationalen Konzerne, wie er sagt. Dort hätten Automatisierungen und der Abbau von Arbeitskräften bereits zu gewaltsamen Protesten geführt, Arbeiter hätten Maschinen niedergebrannt. Gesetzlich sei die Automatisierung auf eine Quote von 30% der Produktion beschränkt, wobei offen bleibe, wie genau mit dieser Quote im Arbeitsalltag zu rechnen sei, sagt Keter. Einen auf Jahre hinaus sicheren Arbeitsplatz besitzen die kenianischen Teepflücker jedenfalls nicht.

Fabrik im Grünen

Unternehmen wie Emrok sind dafür auf andere Mitarbeiter angewiesen, auf technisch geschultes Personal – auch auf dem Land. Ein Besuch in Nandi Hills in der Teefabrik von Robert Keter überrascht: Nach scheinbar endlosen Kilometern durch Teefelder und über lehmige Straßen tauchen die Gebäude wie aus dem Nichts zwischen den Hügeln auf. Im Zweischichtbetrieb werden hier Tag für Tag bis zu 60.000 kg Tee hergestellt. Die Blätter stammen von 4.000 Kleinfarmern und der eigenen Teeplantage. An den zwei Produktionslinien der 2012 erbauten Fabrik, im Labor, in der Werkstatt und der Verwaltung sind 40 Mitarbeiter tätig, darunter nur wenige Handlanger: Der ganz überwiegende Teil sind Ingenieure, Mechaniker, Kaufleute und Laboranten. Die Jobs mit Zukunft in Kenias Teeindustrie sind Fachleuten vorbehalten.

Dazu gehören auch Qualitätskontrolleure: Die Emrok Teefabrik schließt derzeit eine Zertifizierung nach dem Managementsystem für Lebensmittelsicherheit ISO 22.000 ab. Als nächstes folgt die Nachhaltigkeits-Zertifizierung durch die Rainforest Alliance. „Der Markt fordert das“, sagt Fabrikmanager Wilson Koech. Die Arbeiter der eigenen Farm seien bereits entsprechend trainiert, nun folgen Schulungen auf den Zulieferfarmen. Was Nachhaltigkeitsgesichtspunkte anbetrifft, so sieht man sich bei Emrok bereits heute gut aufgestellt: Pestizide würden nur an den umgebenden Hecken und auf Durchgängen eingesetzt, ansonsten setze man – wie auch die anderen Farmen der Umgebung – auf natürliche Unkraut- und Schädlingsbekämpfung. Und für die Arbeitnehmerrechte garantiere die starke Position der Gewerkschaft: Die Mehrheit der Mitarbeiter sei in der Kenya Plantation and Agricultural Workers Union organisiert, die alle zwei Jahre neue Tarifverträge aushandele.

Added Value und Traceability

Mit den Zukunftsthemen der Teeproduktion in Kenia beschäftigt sich im Regierungsauftrag die Tea Research Foundation of Kenya. „Pestizidfreiheit ist ein wichtiges Marketing-Argument für kenianischen Tee“, sagt deren Direktor Eliud Kireger. Jedoch werde kenianischer Tee häufig mit asiatischen Tees vermischt, was zu dem Risiko von Pestizidbeimengungen und zu geringerer Qualität führe. „Unsere Herausforderung heißt Traceability“, so Kireger, der sich mehr Interesse seitens des Handels an der Rückverfolgbarkeit von Teeprodukten wünscht. Die entsprechenden Herkunftsnachweise könnten für kenianischen Tee erbracht werden.

Eine Zukunftsperspektive für kenianische Teefarmer sieht Kireger in der traditionellen Teeverarbeitung auf der Ebene der Kleinfarmen. Seit sechs Monaten forscht seine Stiftung unter der Überschrift „Cottage Industries“ dazu. „Added value“ sei der Schlüssel, um den Farmern ein besseres Einkommen zu ermöglichen. In Train-The-Trainer-Programmen will die Tea Research Foundation Fachleute ausbilden, die den Anbauern das erforderliche Wissen über die traditionelle Teeverarbeitung vermitteln. Eine genossenschaftliche Organisation könnte ihnen den Absatz dieser Produkte erleichtern. Einen Absatzmarkt sieht der Forscher für den traditionellen Tee in China und Pakistan. Nun müssen gesetzliche Rahmenbedingungen her, die den Kleinfarmern die Weiterverarbeitung des Tees bis zum abgepackten Fertigprodukt gestatten. Die in Kenias Teeproduktion dominanten multinationalen Firmen hätten an der Idee der „Cottage Industries“ kein Interesse, so Kireger.

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