Bern/Luzern (csr-news) > „Wie viel Blut klebt an unseren Smartphones, Tablet und Computern“? Eine Antwort auf die Frage wollen die Schweizer Hilfsorganisationen Brot für alle und Fastenopfer mit ihrem Hightech-Rating geben. Sie haben die zehn wichtigsten Marken in der Schweiz untersucht. Das Resultat: Mehrheitlich sind die Konzerne dabei, ihr Verhalten zu ändern und die Herstellungsbedingungen zu verbessern. Aber es gibt auch noch viel zu tun.
Gegenüber der letzten Untersuchung im Jahr 2008 haben die beiden Organisationen sichtbare Verbesserungen festgestellt. „Uns fällt aber auf: Dem Umweltschutz wurde dabei mehr Beachtung geschenkt als den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten“, resümiert Kampagnenleiterin Daniela Renaud. „Besonders beim Gesundheitsschutz und den zentralen Fragen der existenzsichernden Löhne und der Arbeitsrechte bleibt noch viel zu tun“. Allerdings, so räumen die Organisationen ein, verhalten sich die Hersteller sehr unterschiedlich. Laut Ethik-Rating befinden sich HP und Nokia auf einem sehr guten Weg, für Apple und Dell fällt das Urteil mittelmäßig aus. Die Anbieter Acer, Lenovo, Samsung, Sony werden als ungenügend bewertet während Asus und HTC als inakzeptabel gelten. Renaud forderte von den Konzernen, auf ihre Zulieferer einzuwirken und die Einhaltung von Arbeitsschutzrechten und Umweltschutz einzufordern.
Plätze 1-4
Quelle: Ethik-Rating von Fastenopfer und Brot für alle
Die beiden Hilfsorganisationen wollen mit ihrem Rating Bewusstsein schaffen. „Kaum jemand weiß, unter welchen Bedingungen Elektronik-Geräten hergestellt werden oder woher die verarbeiten Rohstoffe stammen. Von den älteren Geräten bis zu den neusten Modellen wie iPhone6 oder Samsung Galaxy Alpha: Hunderttausenden von Arbeitern stehen dafür in China bis zu 14 Stunden am Tag am Fließband. Und in Afrikas Minen bauen Männer unter unwürdigen Bedingungen und ohne Schutzeinrichtungen unter Tag Erze ab. Und beide Male reicht ihr Lohn nicht zum Leben“, so Renaud. Deshalb haben Mitstreiter der beiden Organisationen heute Morgen an fünf Schweizer Bahnhöfen Rating-Karten im Visitenkartenformat an die Reisenden verteilt. Der Slogan „Wieviel Blut steckt in deinem Smartphone?“ soll zum Nachdenken anregen und auf der Rating-Karte konnte man direkt überprüfen, wie das eigene Smartphone in Bezug auf Konfliktrohstoffe, Arbeitsrechte und Umwelt abschneidet.
Für das Rating wurden die wichtigsten Hersteller von IT-Produkten zu den Themenbereichen Arbeitsrechte, Umwelt und Konfliktrohstoffe analysiert. Letztlich ausgewählt wurden die zehn Unternehmen mit dem größten Marktanteil bei Smartphones in der Schweiz. Für die Bewertung wurden die Firmen befragt sowie öffentlich zugängliche Informationen und die CSR-Berichte betrachtet. Alle Informationen wurden anhand eines Rasters mit 26 Kriterien aufbereitet. In den Bereichen Strategie, Umsetzung, Verifikation und Transparenz wurden an jedes Unternehmen 0 bis 3 Punkte vergeben. Mit 44 Prozent wurde der Bereich Arbeitsrechte am stärksten gewichtet. Die Ergebnisse wurden farblich untermalt, von Dunkelgrün für eine sehr gute Leistung über orange für ein mittelmäßiges Abschneiden bis hin zu rot für die Unternehmen, bei den noch einiges im Argen liegt.
Plätze 5-10
Quelle: Ethik-Rating von Fastenopfer und Brot für alle
Am Anfang vieler Handys und Computer steht der Abbau von Mineralien in der Demokratischen Republik Kongo, dem wichtigsten Lieferanten von Kupfer, Gold, Coltan und Kassiterit. Diese Mineralien stammen aus den Provinzen Katanga, Maniema, Süd- und Nordkivu sowie Orientale, in denen bewaffnete Banden um die Ressourcen kämpfen. Der Reichtum an Bodenschätzen bezeichnet Bischof Fridolin Ambongo Besungu, Präsident der Bischofskommission für natürliche Ressourcen, zugleich als einen Fluch für sein Land: „Der Bergbau trägt wenig zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen in den Bergbaugebieten bei“. Die Auswirkungen des Mineralabbaus auf die lokale Bevölkerung seien desaströs, sowohl wirtschaftlich und sozial als auch im Umwelt- und Sicherheitsbereich, sagte Ambongo Besungu bei der Vorstellung des Ethik-Ratings. Er betonte, dass ein Boykott der Region aber nicht die Lösung sei. „Wir kämpfen dafür, dass die kongolesische Regierung einen internationalen Rechtsrahmen schafft, innerhalb dessen die Unternehmen ganz legal Mineralien für die Hightech-Produkte abbauen können, transparent und gerecht: Ein Rohstoffabbau, der ertragreich ist – für die Unternehmen, aber auch für die lokale Bevölkerung“, so Ambongo Besungu.
Nicht besser sieht es in den in den Elektronikfabriken in Fernost aus. Ausbeutung und Verletzung von Arbeitsrechten gehören zum Alltag. 14 Stunden Arbeit am Tag zu einem Lohn, der zum Leben nicht reicht. Kwan Liang von der Organisation Sacom aus Hongkong hat für das Rating vor Ort Untersuchungen durchgeführt. Vier Städte in drei Provinzen hat Liang mit ihrem Forscherteam bereist, um die Arbeitsbedingungen bei fünf verschiedenen Zulieferern von Samsung, Hewlett-Packard, Asus und Lenovo zu begutachten. Dazu führten sie Gespräche mit Arbeitern und nahmen verdeckte Untersuchungen vor. Ihr Fazit: „Um Lagerkosten zu sparen, bestellen die Konzerne extrem kurzfristig. Den Druck geben die Zulieferunternehmen an ihre Beschäftigten weiter: Bis zu 50 Überstunden pro Woche müssen sie leisten, um die Lieferfristen einzuhalten. Dabei erlaubt das Gesetz nur 36 Stunden pro Monat. Doch viele haben keine Wahl, denn die Grundlöhne genügen nicht zum Leben“. Vier Städte in drei Provinzen hat Liang mit ihrem Forscherteam bereist, um die Arbeitsbedingungen bei fünf verschiedenen Zulieferern von Samsung, Hewlett-Packard, Asus und Lenovo zu begutachten. Dazu führten sie Gespräche mit Arbeitern und nahmen verdeckte Untersuchungen vor.
Hier geht es zum Ethik-Rating.
Weitere Einblicke gibt die dazugehörige Broschüre „Blutige Realitäten in smarten Geräten“
Wie es um das eigene Smartphone bestellt ist, lässt sich bei der Smartphone-Beichte feststellen.