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Umweltverbände kritisieren Muschelwirtschaft im Wattenmeer

Mit der Eröffnung der Muschelsaison keimt wieder ein Konflikt zwischen Fischern und Umweltverbänden auf. Die einen sehen ihre Existenz bedroht, die anderen die Bestände der Miesmuscheln. Im Jahr 2011 veröffentlichte die schleswig-holsteinische Landesregierung alarmierende Zahlen. Die natürlichen Miesmuschelbestände waren in 20 Jahren um fast 90 Prozent gesunken. Seitdem geht es darum, wie eine nachhaltige Muschelwirtschaft aussehen muss.

Hamburg (csr-news) > Mit der Eröffnung der Muschelsaison keimt wieder ein Konflikt zwischen Fischern und Umweltverbänden auf. Die einen sehen ihre Existenz bedroht, die anderen die Bestände der Miesmuscheln. Im Jahr 2011 veröffentlichte die schleswig-holsteinische Landesregierung alarmierende Zahlen. Die natürlichen Miesmuschelbestände waren in 20 Jahren um fast 90 Prozent gesunken. Seitdem geht es darum, wie eine nachhaltige Muschelwirtschaft aussehen muss.

Die Umweltverbände Schutzstation Wattenmeer und WWF sind besorgt über die Zukunft der Miesmuscheln. Sie sind im Nationalpark Wattenmeer ein Teil der dort geschützten natürlichen Lebensgemeinschaften, aber sie sind bedroht. „Die Muschelwirtschaft hat bisher ihre Chance nicht ergriffen, auf diesen dramatischen Rückgang naturverträglich zu reagieren“, kritisiert Silvia Gaus von der Schutzstation Wattenmeer. Stattdessen werde auch heute nach immer neuen Wegen gesucht, den Ertrag zu steigern. Augenblicklich wird versucht, innerhalb des Nationalparks mit sogenannten „Smart Farms“, das sind künstliche Anlagen zur Saatmuschelgewinnung, die fehlenden Besatzmuscheln für die Kulturflächen zu erhalten. „Für jede Anlage muss mit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung nachgewiesen werden, dass sie keine erheblichen Schäden in dem Schutzgebiet verursacht“, sagt Gaus. Bei der bereits bestehenden Anlage vor Hörnum sei dies unterblieben. Die erheblichen Veränderungen der Naturlandschaft im Nationalpark durch diese künstliche Installation werden jedem Besucher jedoch sofort deutlich. Besonders kritisieren die Umweltverbände, dass weiterhin wilde Miesmuschelbänke zur Saatmuschelgewinnung befischt werden: „Kaum hat sich in der Unterwasserwelt des Nationalparks eine natürliche Muschelbank gebildet, wird sie in weiten Teilen abgefischt“, sagt Hans-Ulrich Rösner vom WWF. „So haben natürliche Muschelbänke unter Wasser, wo sie Riffe bilden können, keine Überlebenschance“, sagt Rösner und fordert ein Ende dieser Praxis. Die Muschelfischer sehen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt und stellen und werfen der Politik vor, sich von den Umweltverbänden treiben zu lassen. Tatsächlich würden sie nur in einem kleinen Gebiet innerhalb des Wattenmeers ihre Fischerei ausüben, mit weit mehr als 90 Prozent der Fläche kämen sie gar nicht in Berührung. Die Schutzstation Wattenmeer und der WWF konnten sich allerdings mit einer Klage beim Oberverwaltungsgericht durchsetzen und damit die Praxis stoppen, dass gebietsfremde Arten mit Saat-Miesmuscheln aus entfernten Regionen in den Nationalpark eingeschleppt werden. „Die Muschelfischerei im Nationalpark Wattenmeer muss endlich zu einer nachhaltigen und nationalparkverträglichen Wirtschaftsweise finden“, fordert Rösner. Der aktuelle Beginn der Muschelsaison müsse der Auftakt werden, neue Wege in der Fischerei anzupacken, die den Nationalpark respektieren.

Dass eine nachhaltige Muschelfischerei möglich ist, haben die Niedersächsischen Muschelfischer im vergangenen Jahr gezeigt. Nach zwei Jahren wissenschaftlicher Analyse wurden fünf Kutter mit dem MSC-Siegel für nachhaltige Fischerei gekennzeichnet. Die Zertifizierung nach MSC-Standard bescheinigt, dass ausreichend Muscheln für die Zukunft da sind, dass die marinen Lebensräume intakt bleiben und dass die bestehenden Managementregeln für eine nachhaltige Nutzung der Miesmuschelbstände sorgen. Für die Muschelfischer bedeuten die Regeln, dass sie fast ein Drittel der 102 stabilen Miesmuschelstandorte im niedersächsischen Wattenmeer nicht befischen dürfen. Außerdem müssen die Flächen der Miesmuschelbänke insgesamt mindestens 1.000 Hektar und die Miesmuschelbiomasse – also das Lebendgewicht der Muscheln – mindestens 10.000 Tonnen betragen. Werden diese Werte in zwei aufeinanderfolgenden Jahren um mehr als zehn Prozent unterschritten, dann erteilt die Behörde so lange keine Genehmigungen mehr, bis mindestens einer dieser Werte wieder erreicht ist.


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