Berlin (csr-news) > Eine Welt ohne Internet? Nicht mehr vorzustellen. Die Vernetzung und Digitalisierung der Gesellschaft schreitet weiter voran. Welchen Einfluss dies auf Produktion und Konsum hat, untersuchte das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) gemeinsam mit Partnern in der Studie „Dezentrale Produktion, 3D-Druck und Nachhaltigkeit“. Ihr Fazit: Für die Umwelt bietet der Trend ‚weg von zentraler Massenproduktion‘ Chancen, die allerdings nicht überbewertet werden dürfen. Dezentralisierung der Technologie allein reicht nicht aus. Es braucht auch neue Protagonisten für Nachhaltigkeit, die die neuen Technologien so einsetzen, dass sie soziale und ökologische Vorteile erschließen. Die sogenannte „Maker“-Bewegung, die auf Kreativität statt auf große Fabriken setzt, könnte hier eine wichtige Rolle spielen oder auch eine Renaissance des Do-it-Yourself. Hauptautor der Studie Ulrich Petschow: „Die Dezentralisierung bietet unglaubliche technologische Potenziale, wie es sie seit dem Aufkommen der Massenproduktion noch nie gab. Es klingt so verlockend: Zukünftig werden immer mehr Produkte dezentral am 3D-Drucker hergestellt. Doch diese Bottom-up-Lösung als Hoffnungsträger für zukunftsfähige Produktionssysteme zu sehen, da etwa weniger Ressourcen, Transport und Logistik gefordert wären, springt zu kurz. In unserer Studie zeigen wir, dass nur unter speziellen Bedingungen Dezentralisierung zu einer Entlastung der Umwelt führen würde.“
Die Studie hat hierfür Anwendungsfelder wie die Herstellung einer Handyschale oder eines Flugzeugersatzteils untersucht, die Technologien des 3D-Drucks in der Praxis zum Teil bereits anwenden. Am Beispiel der Handyschale zeigen die Forscher, dass die Dezentralisierung der Produktion keineswegs per se zu einer Verminderung der Ressourcenverbräuche und der Umweltbelastungen beiträgt. Beim Flugzeugersatzteil können sich hingegen durchaus plausible Möglichkeiten eröffnen, in denen die Dezentralisierung der Produktion zu erwartbaren Umweltentlastungen führt, so die Studienergebnisse. Doch es ist nicht nur wichtig, wie produziert wird, sondern auch durch wen. Da Massenproduktion und -konsum in heutiger Form weder sozial noch ökologisch nachhaltig sind, bilden sich immer mehr Netzwerke, in denen Nutzerinnen und Nutzer kollaborativ zusammenarbeiten. „Wikipedia und Linux mögen die prominentesten Beispiele dafür sein, wie gemeinschaftlich im offenen Austausch und ohne zentrale Steuerung gearbeitet wird“, so Petschow. „Solche Formen der Kollaboration gibt es in ersten Ansätzen auch im Bereich der materiellen Produktion. Wenn die Crowd beginnt, sich zur Herstellung von Waren zu vernetzen, demokratisiert sich die bisher monopolisierte Welt der Produktion. Es entsteht Wertschöpfung 2.0“, so Petschow. „Die Herausforderung wird sein, diese neuen Möglichkeiten konsequent für eine Nachhaltigkeit 2.0 zu nutzen.“