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Fairphone – Nischenanbieter oder Vorreiter?

Vor sechs Monaten wurden die ersten Fairphones ausgeliefert, eines der ehrgeizigsten Projekte zur fairen und nachhaltigen Produktion von Mobiltelefonen. Das Interesse war groß und schnell waren die ersten 25.000 Exemplare verkauft. Inzwischen wird die zweite Tranche produziert. Doch wird das Fairphone seinen eigenen Ansprüchen gerecht? Die Deutsche Umwelthilfe hat dazu eine umfangreiche Studie durchgeführt und danach ist das Fairphone ein wichtiger Impulsgeber für die ganze Branche.

Berlin (csr-news) >  Vor sechs Monaten wurden die ersten Fairphones ausgeliefert, eines der ehrgeizigsten Projekte zur fairen und nachhaltigen Produktion von Mobiltelefonen. Das Interesse war groß und schnell waren die ersten 25.000 Exemplare verkauft. Inzwischen wird die zweite Tranche produziert. Doch wird das Fairphone seinen eigenen Ansprüchen gerecht? Die Deutsche Umwelthilfe hat dazu eine umfangreiche Studie durchgeführt und danach ist das Fairphone ein wichtiger Impulsgeber für die ganze Branche.

Unter den aktuellen Marktbedingungen ist es nicht möglich ein 100 Prozent faires und nachhaltiges Smartphone zu produzieren, räumt die Initiative Fairphone selber ein. Dennoch soll das Fairphone diesem Anspruch so nahe wie möglich kommen. Dazu haben sich die Macher auf die Schwerpunkte konfliktfreier Rohstoffbezug, nachhaltiges Design, faire Produktionsbedingungen, Recycling sowie Transparenz konzentriert. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat diese Schwerpunkte für die Studie aufgenommen, und um weitere Umweltaspekte wie etwa Energieeffizienz ergänzt. „Das Fairphone ist ein wichtiger Impulsgeber für eine Branche, in der viele Unternehmen verschlossen und wenig nachhaltig agieren“, erklärt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Das kleine Start-up aus den Niederlanden setzt mit seinem Smartphone ein Produkt dagegen, bei dem die vorherrschenden Missstände offen thematisiert werden“. Und es gibt einige, angefangen bei den Rohstoffen über die Produktion bis hin zur Lebensdauer von Mobiltelefonen. Im Auftrag der DUH hat die Expertin für Kreislaufwirtschaft und Ecodesign Eva Leonhardt das Fairphone untersucht und eine Expertenbefragung durchgeführt. Insgesamt 16 Organisationen haben Leonhardt ihre Einschätzung mitgeteilt, darunter das Umweltbundesamt, das Öko-Institut, Germanwatch, GIZ, das Wuppertaler Institut und die Verbraucherzentrale NRW.

Ein immer wieder heiß diskutiertes Thema ist der Bezug von konfliktfreien Rohstoffen. Inzwischen haben sich auch andere Hersteller dazu verpflichtet. Dennoch werden die Maßnahmen von Fairphone von den Experten als richtungsweisend eingestuft, insbesondere wenn es um Transparenz geht. Beim ersten Fairphone lag der Schwerpunkt beim Bezug von Zinn und Coltan aus Minen, die als konfliktfrei zertifiziert wurden, für die zweite Tranche soll zusätzlich konfliktfreies Gold verwendet werden. Fairphone strebt langfristige Beziehungen zu seinen Lieferanten an, um auch Einfluss auf die Arbeitsbedingungen nehmen zu können. Genau dies halten die Experten in der Studie auch für erforderlich. Entscheidend sei es aber, dass Fairphone seinen Kriterien treu bleibt und beispielsweise über Kooperationspartner für eine größere Verbreitung sorgt. Denn ein Problem haben die Fairphone-Macher, sie sind zu klein um durchgreifende Veränderungen voranzubringen. „Ein einzelner Hersteller von Fairphone-Größe kann wertvolle Impulse geben, aber nicht alleine Struktur-Veränderungen herbeiführen. Der Aufbau fairer Strukturen braucht vielmehr die Zusammenarbeit möglichst vieler Akteure in Wirtschaft und Politik“, heißt es in der Studie. Ein möglicher Weg wäre eine Verpflichtung für alle Unternehmen, Rohstoffe aus konfliktfreiem Abbau einzusetzen. Deshalb empfehlen die Experten, Fairphone solle sich nicht als die „faire“ Ausnahme am Markt etablieren, sondern vor allem über seine Medienaufmerksamkeit gezielt auf Verbesserungen hinwirken. Genau das plant das niederländische Unternehmen und will sich stärker in globale Multi-Stakeholder-Initiativen einbringen. Grundsätzlich erachten alle befragten Experten weitere Schritte in puncto konfliktfreier Materialien für sinnvoll und notwendig.

Beim Thema Ökodesign und Langlebigkeit fällt die Beurteilung nicht mehr ganz so einträchtig aus. Zwar gilt auch hier das bisherige Konzept als richtungsweisend, aber immerhin zwölf Experten erwarten weitere Maßnahmen. So sollte die technologische Erweiterbarkeit sichergestellt werden, um auch tatsächlich eine Langlebigkeit zu erreichen. Das gilt gleichermaßen für die Möglichkeiten zur Reparatur. Inzwischen hat Fairphone begonnen die wichtigsten Ersatzteile des Fairphones zu verkaufen, um denn Eigentümern eine ortsnahe Reparatur zu ermöglichen. Für das kommende Jahr soll ein Gerät mit besseren Reparaturmöglichkeiten entwickelt werden. Außerdem sollen mehr Recyclingmaterialien Verwendung finden. Insgesamt werden die Produkteigenschaften unter dem Aspekt Umweltschutz als gut angesehen, auch wenn es in einzelnen Bereichen, insbesondere bei der Energieeffizienz, noch Nachbesserungsbedarf gibt.

Dies entspricht auch dem Gesamtergebnis, bei dem die Nachhaltigkeit des Fairphones insgesamt mit 4,7 von 5 möglichen Punkten bewertet wird. Die Experten sind sich einig, dass das Fairphone eine lobens- und unterstützenswerte Initiative ist, die zudem ein gutes Produkt mit stimmigem Preis hervorgebracht hat. Allerdings sei eine weiter steigende Nachfrage notwendig. Dessen ist man sich bei Fairphone bewusst und möchte die Jahresproduktion in den nächsten zwei Jahren auf etwa 200.000 Exemplare erhöhen. Dies ermögliche eine stärkere Kontrolle des Geräte-Designs und der Lieferkette und stärke die Verhandlungsposition gegenüber den Lieferanten, so Fairphone-Feedback auf die Studie. „Wir stimmen den Kommentaren zu, dass viel mehr getan werden könnte und sollte und dass noch ein weiter Weg zu gehen ist, bis es für alle Geräte-Komponenten und Produktionsprozesse faire alternative Lösungen gibt“.

Ergebnisse der Befragung

Hintergrundpapier zur Studie

CM16_Innovationen


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