Siegburg (csr-news) > Wie kein anderer Kontinent steht Afrika einerseits als Sinnbild für großen Reichtum an natürlichen Ressourcen und Land, andererseits für anhaltende Armut und fehlende Perspektiven. Und Afrika eine der wichtigen Anbauregionen für Baumwolle. Das Südwind-Institut hat in einer Studie die Bedeutung des Baumwollanbaus für viele Millionen Afrikaner und für den Welthandel untersucht.
In 72 Länder wurde im vergangenen Jahr Baumwolle angebaut, 28 davon liegen in Afrika. Baumwolle ist insofern ein bedeutender Rohstoff, macht dennoch nur 0,1 Prozent des gesamten Welthandels aus. Und obwohl in Afrika rund 4,2 Millionen Hektar der weltweit 33 Millionen Hektar Anbaufläche liegen, ist Afrika keineswegs einer der größten Anbauregionen. Zu denen gehören China, Indien, die USA und Pakistan. Ein Grund sind auch die Erträge. Während im weltweiten Durchschnitt rund 576 Kilogramm Baumwolle pro Hektar Anbaufläche geerntet werden, liegt dieser Anteil in Afrika bei 329 Kilogramm. Allerdings mit einem weiten Spektrum von rund 957 Kilogramm in Südafrika bis zu 140 Kilogramm in Somalia. Zu den wichtigsten Abnehmern der Baumwolle gehören Spinnereien, die die Baumwolle als Grundstoff für die Textilverarbeitung benötigen. Sie liegen meist in China, Indien, Pakistan oder der Türkei. Alles Länder, die auch Baumwolle anbauen, für ihre Produktion aber größere Mengen benötigen und diese importieren. Ganz anders ist diese Situation auf dem afrikanischen Kontinent. Während in den nordafrikanischen Ländern noch rund 72 Prozent der geernteten Baumwolle auch verarbeitet wird, liegt dieser Anteil in anderen Regionen nur bei 26 Prozent und in einzelnen Regionen sogar bei nur 2,5 Prozent. Die unmittelbare Folge dieser mangelnden Verarbeitungskapazitäten ist, dass der überwiegende Teil der afrikanischen Baumwolle exportiert wird. Afrika als Ganzes stellte im Jahr 2013 mit einer Menge von ca. 1,3 Mio. Tonnen mehr als 15 % der globalen Baumwollexporte und damit im Verhältnis deutlich mehr als seinen Anteil an der Weltproduktion. Damit sind die Baumwolle produzierenden Länder Afrikas aber auch vom Weltmarkt für Baumwolle abhängig.
Am Beispiel der Dreiecksbeziehung afrikanische Baumwolle – chinesische Textilproduktion – europäischer Konsum untersucht die Südwind-Studie die Interessen Chinas und Europas in Afrika: Afrikanische Baumwolle wird zu erheblichen Anteilen nach China und in andere asiatische Länder exportiert, um dort einen wichtigen Rohstoff der Textilverarbeitung zu bilden. Im Rahmen des chinesisch-afrikanischen Kooperationsforums FOCAC werden auch chinesische Investitionen in den afrikanischen Baumwoll- und Textilsektor bis hin zur Ein-richtung von Sonderwirtschaftszonen, ‚afrikanischen Shenzhens‘, gefördert. „Angesichts massiver Arbeitsrechtsverletzungen in den chinesischen Sonderwirtschaftszonen mit niedrigen Löhnen, langen Arbeitszeiten und fehlender Gewerkschaftsfreiheit ist aber offen, inwiefern dieses chinesische Engagement in Afrika zur Existenzsicherung für die Bevölkerung in Afrika beiträgt“, so die Autorin der Studie, Sabine Ferenschild. Mit der nun vorliegenden Studie will SÜDWIND einen Beitrag zur Identifizierung ökologischer und sozialer Probleme auf den einzelnen Verarbeitungsstufen der textilen Kette leisten und Ansatzpunkte für Verbesserungen aufzeigen. Deshalb stellt die Studie drei von Europa initiierte Standards im Baumwollanbau, ihre positiven Aspekte wie auch ihre Grenzen vor: Der Faire Handel, die Initiative ‚Cotton made in Africa‘ und die ‚Better Cotton Initiative‘. Alle drei wollen mithilfe ihres jeweiligen Standards zur Einkommenssicherung von Farmern in Afrika beitragen, setzen zum Teil auch ökologische Akzente, haben aber bisher große Probleme, ihre zertifizierte Baumwolle als solche zu verkaufen. Ihre Wirksamkeit ist deshalb bisher begrenzt, weswegen diese Initiativen – so die Autorin – „eher als Problemanzeige denn als Lösung verstanden werden“ müssen.