München (csr-news) > Seit 2009 dokumentiert die oekom Corporate Responsibility Review die Defizite und Fortschritte bei der Integration von Nachhaltigkeitskriterien in die Unternehmensführung. Heute wurden die aktuellen Ergebnisse für 2013 präsentiert und die zeigen, dass Unternehmen ihrer Verantwortung nur teilweise gerecht werden.
Bei der Bewertung international tätiger, börsennotierter Großunternehmen mit Sitz in den Industrieländern, die oekom research regelmäßig im Auftrag zahlreicher Investoren analysiert, gab es im vergangenen Jahr wenig Bewegung. Nur rund jedes sechste Unternehmen (16,8%) erfüllt die von oekom research branchenspezifisch definierten Mindestanforderungen an das Nachhaltigkeitsmanagement und erhält dafür den oekom Prime Status (Stand 31.12.2013). Im Vergleich zu 2012 ist dieser Anteil nur leicht um 0,1% gestiegen. Ebenfalls gestiegen ist jedoch auch der Anteil der Unternehmen, die eine schlechte Nachhaltigkeitsleistung zeigen. Er liegt aktuell bei 53,1% nach 52,3% im Jahr 2012. Knapp ein Drittel aller Unternehmen (30,1%) weist zumindest erste Ansätze im Nachhaltigkeitsmanagement auf, entsprechende Aspekte sind jedoch noch nicht systematisch und flächendeckend im Management verankert. „Wir sehen bei den weltweit größten Unternehmen zu wenige und zu kleine Schritte in Richtung einer nachhaltigen Wirtschaftsweise“, fasst Matthias Bönning, COO und Head of Research von oekom research zusammen. Dies ist nach Einschätzung von oekom research in doppelter Hinsicht problematisch: Zum einen drohen in vielen kritischen Bereichen wie beispielsweise dem Klimawandel die Entwicklungen zu eskalieren. Je später hier gehandelt wird, desto höher wird der Aufwand sein, um Fehlentwicklungen zu korrigieren, sofern dies dann überhaupt noch möglich ist. Zum anderen werden auch Unternehmen, die etwa ihren Energie-, Wasser- und Rohstoffverbrauch nicht systematisch managen oder Produkte anbieten, die dem steigenden Umwelt- und Sozialbewusstsein der Verbraucher nicht genügen, langfristig nicht am Markt bestehen. Insofern wäre es im Eigeninteresse der Unternehmen, das Kurzfristdenken aufzugeben und nachhaltig zu wirtschaften.
Im Ländervergleich liegen Unternehmen aus Finnland und Deutschland vorne. So erreichen 64,3% der relevanten finnischen Unternehmen den oekom Prime Status, von den deutschen Unternehmen sind es 58,3%. Auf den weiteren Plätzen folgen Italien (50,0%), Niederlande (40,7%) und Frankreich (40,3%). In Österreich zeigt jedes dritte Unternehmen eine hinreichende Leistung, in der Schweiz gut ein Viertel der Unternehmen. Von den US-amerikanischen und kanadischen Großunternehmen genügt nicht einmal jedes Zehnte den Anforderungen, Japan bildet wie in den Vorjahren mit einem Anteil von 7,7% das Schlusslicht. Interessant ist der Vergleich von Unternehmensleistungen in den einzelnen Ländern mit der Nachhaltigkeitsleistung der entsprechenden Staaten. Oekom research hat dazu 56 Staaten, darunter alle OECD- und EU-Länder, als Emittenten von Staatsanleihen untersucht. Dabei zeigt sich, dass in Staaten mit hohen Nachhaltigkeitsstandards, beispielsweise Vorgaben für umweltbezogene Produktqualitäten, auch die Unternehmen über eine bessere Nachhaltigkeitsleistung verfügen. Allerdings gilt auch hier, keine Regel ohne Ausnahme – in Italien zeigt sich dieser Zusammenhang nicht. Die Unternehmen schneiden deutlich besser ab als Italien im Länderranking.
Im Branchenvergleich erreichen die Hersteller von Haushaltsprodukten für ihr Nachhaltigkeitsmanagement im Durchschnitt 46,3 von 100 möglichen Punkten und damit die höchste Bewertung. Auf Rang 2 des Branchenratings platziert sich die Automobilindustrie mit einer Durchschnittsbewertung von 42,7. Die Öl- und Gasindustrie (22,4) sowie die Immobilienbranche (18,4) rangieren am unteren Ende der Rangliste. „Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen, Verstöße gegen Umweltstandards und Korruption sind unter den global tätigen Großunternehmen nach wie vor stark verbreitet“, stellt Matthias Bönning fest. Verletzungen international anerkannter Arbeitsrechte finden dabei häufig nicht durch die Großkonzerne selbst statt, sondern bei deren Zulieferern in Entwicklungs- und Schwellenländern. In der Textilindustrie haben dies in jüngerer Zeit die schweren Arbeitsunfälle in Fabriken in Bangladesch gezeigt. oekom research hat bei jedem fünften der analysierten Textilunternehmen entsprechende Verstöße gegen Arbeitsrechtsstandards festgestellt. Noch höher ist der Anteil bei den Herstellern von Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräten, von denen mehr als jedes vierte Unternehmen (26,7%) durch entsprechende Verstöße aufgefallen ist.
In die Verletzung von Menschenrechten besonders häufig involviert sind die Unternehmen der Bergbaubranche. Knapp jedes zehnte Unternehmen (8,9%) weist hier einen entsprechenden Verstoß auf. Häufig geht es dabei um die unzureichende Entschädigung oder die gewaltsame Vertreibung von Anwohnern im Zuge der Erweiterung von Minen. Auch in Verstöße gegen Umweltstandards sind Unternehmen der Bergbaubranche besonders häufig verwickelt, bedingt unter anderem durch die massiven Umweltauswirkungen des Tagebaus sowie den Einsatz und die Freisetzung giftiger Substanzen. Mehr als jedes dritte analysierte Unternehmen (35,6%) weist hier einen Verstoß auf. Gleiches gilt für knapp jede sechste im globalen Warenaustausch tätige Handelsgesellschaft. Dabei sind insbesondere große asiatische Handelshäuser, die auch im Abbau von Rohstoffen wie Kohle oder der Öl- und Gasförderung aktiv sind, an Umweltzerstörungen beteiligt. Fälle von Korruption hat oekom research insbesondere bei den Anbietern von Medizintechnik und -produkten registriert. Rund jedes siebte analysierte Unternehmen (14,3%) ist hier in Korruptionsfälle verwickelt. Auch bei den Ausrüstern und Dienstleistern in der Öl- und Gasbranche, in der Pharmaindustrie sowie in der Baubranche liegt der Anteil von in Korruption involvierten Unternehmen bei über 10%.
Die Studie steht zum Download zur Verfügung.