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Vertrauen gestärkt? – Lebensmittelwirtschaft zieht positive Bilanz

In wenigen Tagen beginnt in Berlin die Internationale Grüne Woche, die Leistungsschau der Lebensmittelwirtschaft und Agrarindustrie. Während sich die Gegner der Agrarindustrie auf ihre Demonstrationen vorbereiten, zieht die Branche eine positive Bilanz. Trotz aller Skandale der vergangenen Jahre haben die Deutschen vollstes Vertrauen in ihre Lebensmittel, so das Ergebnis einer Studie.

Berlin (csr-news) > In wenigen Tagen beginnt in Berlin die Internationale Grüne Woche, die Leistungsschau der Lebensmittelwirtschaft und Agrarindustrie. Während sich die Gegner der Agrarindustrie auf ihre Demonstrationen vorbereiten, zieht die Branche eine positive Bilanz. Trotz aller Skandale der vergangenen Jahre haben die Deutschen vollstes Vertrauen in ihre Lebensmittel, so das Ergebnis einer Studie.

Beauftragt wurde diese vom Verein „Die Lebensmittelwirtschaft“, eine Vereinigung von Erzeugern, Herstellern und Händlern mit dem Ziel Verbrauchervertrauen durch Information und Aufklärung zu stärken. Sein erstes Jahr hat der Verein nun hinter sich gebracht und schließt dieses mit einem positiven Fazit ab. Das Ansehen von Lebensmittel hat sich in den vergangenen Monaten signifikant erhöht – Ziel also erreicht? Immerhin 87 Prozent der Verbraucher geben an, dass sie den angebotenen Lebensmitteln vertrauen. Für drei Viertel der Befragten haben die Lebensmittel in Deutschland eine hohe bis ausgezeichnete Qualität, nur fünf Prozent halten sie für schlecht. “Mit einem klaren Bekenntnis zur Offenheit ist es uns gelungen, die öffentliche Diskussion zu versachlichen und Verbrauchervertrauen zurück zu gewinnen“, betonte Gerhard Berssenbrügge, Vorstandsvorsitzender des Vereins. „Diesen Weg wollen wir 2014 fortsetzen – unter dem thematischen Schwerpunkt Vielfalt und Sicherheit”. Und mit neuem Vorsitzenden, dieser Posten wird turnusgemäß von Markus Mosa, Vorstandsvorsitzender der Edeka AG, übernommen. Um die Lebensmittelwirtschaft als Gesamtbranche wahrnehmbarer machen, plant der Verein 2014 gemeinsame Branchenzahlen und Indizes zu entwickeln. Mosa: “Zwar kaufen wir alle täglich Lebensmittel. Aber es fehlt eine genaue Vorstellung über die gesamtwirtschaftliche Bedeutung und Struktur der Branche. Das wollen wir ändern“.

Dass die Branche eine hohe wirtschaftliche Bedeutung hat, das hat der Bund für Lebensmittelrecht BLL in dieser Woche durch neue Zahlen bekräftigt. “2012 arbeiteten 13 Prozent aller Erwerbstätigen in unserem Sektor – das ist mehr als ein Achtel”, sagt Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des BLL. 5,4 Millionen Menschen versorgen in 730.000 überwiegend kleinen und mittelständischen Unternehmen aus den Bereichen Landwirtschaft, Agrargroßhandel, Lebensmittelhandwerk, Ernährungsindustrie, Lebensmittelgroßhandel, Lebensmitteleinzelhandel und Außer-Haus-Markt die über 80 Millionen Einwohner Deutschlands flächendeckend mit Lebensmitteln. Hinzu kommen Exporte in einer Größenordnung von fast 65 Milliarden Euro. „Damit ist die Lebensmittelbranche einer der bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren hierzulande. Wir tragen mit 157 Milliarden Euro, also sieben Prozent, zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung in Deutschland bei”, so Minhoff.

Damit das so bleibt, soll sich die Branche weiter öffnen und zeigen was und wie sie produziert und arbeitet. Mosa: “Besonders der Weg hin zur Öffnung der Produktionsstätten ist nicht immer einfach. Wir wissen, dass hohe hygienische Standards und eng getaktete Abläufe zuweilen den Blick hinter die Kulissen erschweren. Die Lebensmittelwirtschaft wird aber prüfen, was möglich ist“. Auf der Grünen Woche will sich der Verein vor allem auch mit Themen rund um die Esskultur, Ethik und Sicherheit von Lebensmitteln präsentieren. Gerade die Lebensmittelsicherheit wird in diesem Jahr mit der bevorstehenden Europawahl ein wichtiges Thema bleiben, denn tragfähige Lösungen für mehr Verbraucherschutz können nur aus Europa kommen. “Es gibt keinen Weg vorbei an europäischen Lösungen. Verbraucherschutz und insbesondere Lebensmittelsicherheit im europäischen Binnenmarkt können heutzutage nur durch einheitliche Regelungen auf EU-Ebene gewährleistet werden“, so Minhoff auf dem Neujahrsempfang des BLL. Betroffen davon sind auch die Bioerzeuger, denn die europäische Ökoverordnung soll überarbeitet werden, wie der zuständige EU-Agrarkommissar nach Informationen des Nachrichtenmagazins Spiegel plant. Weil es in der Vergangenheit auch in der Biobranche Lebensmittelskandale gegeben hat, müsse das Vertrauen der Verbraucher in Bioprodukte erhalten und verbessert werden. Heute stimmten die EU-Parlamentarier für eine Verschärfung der Kennzeichnung von Lebensmitteln sowie deren Kontrollen. Hintergrund sind die zunehmenden Betrugsfälle in der Europäischen Union. „Diese hätten verheerende Konsequenzen für all die Landwirte, Zwischenhändler und einzelnen Personen, die die Regeln beachten, und sie zerstören das Vertrauen der Verbraucher“, so EU-Berichterstatterin Esther de Lange. Ihr Bericht wurde mit 659 Stimmen bei 24 Gegenstimmen und 8 Enthaltungen angenommen. Unter anderem fordert sie darin eine EU-weite Definition von Lebensmittelbetrug. Das Parlament fordert des Weiteren eine verbesserte Überwachung von Tiefkühlprodukten und verlangt von der Kommission, einen Vorschlag für eine verpflichtende Kennzeichnung von Fleisch und Fisch vorzulegen. Es betont in der Entschließung, dass die Pflicht zur Angabe des Ursprungslandes die Rückverfolgbarkeit entlang der Lebensmittelkette verbessern kann, einschließlich bei Fleisch, das in verarbeiteten Lebensmitteln verwendet wird.

Dennoch nimmt die Zahl der Menschen, die den Ankündigungen und Versprechen der Branche nicht mehr glauben will, stetig zu. Während der Grünen Woche hat das Aktionsbündnis „Wir haben es satt“ wieder zu großen Demonstrationen aufgerufen und erwartet dazu mindestens 10.000 Teilnehmer. Das Bündnis wehrt sich gegen industrielle Landwirtschaft und Massentierhaltung und setzt sich für kleinbäuerliche Strukturen ein. „Wenn die Bundesregierung die Alarmsignale in der industriellen Massentierhaltung in Deutschland und die Stimmen von über 250 bundesweiten Bürgerinitiativen, die sich dagegen wehren nicht wahrnimmt, geht ihre Politik an den Bedürfnissen der Menschen vorbei. Das agrarindustrielle Modell ist am Ende. Es müssen umgehend grundlegende Reformen in der Landwirtschaftspolitik eingeläutet werden. Der neue Agrarminister Friedrich und die Partei-Chefs der Großen Koalition, Frau Merkel, Herr Seehofer und Herr Gabriel, müssen endlich Politik für die Bauern und Bürger anstatt für die Agrarindustrie machen!“, so Jochen Fritz, Sprecher des Bündnisses.


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