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Gastbeitrag: Welche Macht hätten Konsumenten?

Natürlich können Verbraucher – wir leben ja in Republiken, die beinahe schon, aber doch noch nicht total, von Industrie- und Finanzkapitalinteressen dominiert sind – die Wirtschaftswelt umfassend verändern – wenn man sie dazu befähigt. Dafür sind allerdings eine Reihe von Voraussetzungen notwendig. Ein Gastbeitrag Univ. Prof. Ing. Dr. Karl Kollmann, dem Vorsitzenden des Österreichischen Verbraucherrat.

Salzburg (csr-news) – Natürlich können Verbraucher – wir leben ja in Republiken, die beinahe schon, aber doch noch nicht total, von Industrie- und Finanzkapitalinteressen dominiert sind – die Wirtschaftswelt umfassend verändern – wenn man sie dazu befähigt. Dafür sind allerdings eine Reihe von Voraussetzungen notwendig.

Ein Gastbeitrag Univ. Prof. Ing. Dr. Karl Kollmann,
Vorsitzender des Österreichischen Verbraucherrat (ASI)

Zuerst ist es notwendig, die Rolle von Verbraucher und Bürger gemeinsam zu sehen: nur ein “Bürger-Verbraucher” wird und kann seine Lebenswelt gestalten, wenn er/sie begreift, daß es möglich ist, sich mit gängelnder Wirtschaft und verwaltender Politik distanziert und kritisch auseinander zu setzen. Etwa unbequeme Fragen stellen, mehr und anderes wollen, ein Leben jenseits der Markenwelt und der Glücksversprechungen der Konsumgesellschaft sehen können. Dafür muß man allerdings Menschen bilden und zwar schon in der Schule: Mündigkeit als erstes Bildungsziel, nicht PISA-Punkte in Mathematik. Fragt sich nur ob die gegenwärtige Politik mit quirligen, selbstbewußten Menschen zu tun haben will. Die heutigen “Demokratiepakete” sprechen nicht dafür, sondern für eine Konsumdemokratie.

Ein partizipativer “Bürger-Verbraucher” benötigt außerdem genügend Zeit für Mitgestaltung, er/sie muß angstfrei leben können, ohne von Armut oder Benachteiligung bedroht zu sein. Zweite Grundvoraussetzung daher: Arbeitszeitverkürzung. Und Entlastung vom Konsumdruck, von den 5000 täglichen Werbebotschaften (knapp 2 Millionen im Jahr), die die Politik auch in die Schule eingeschleust hat, sowie dem zunehmenden Wettbewerbsdruck im Berufs- und Sozialleben. Wenn es dann noch klare Kennzeichnungsformen für “saubere” Unternehmen (CSR-Gütezeichen als erster Schritt) gibt, läßt sich Moral als Verbraucher leben.

Da die Welt nicht über Nacht und von selbst besser wird, bedarf es wohl eines gesellschaftspolitischen Akteurs, also einer Organisation, die jene Ziele verfolgt: eine andere, nämlich eine politische, aufklärende Bildung, Arbeitszeitverkürzung, intelligente Umverteilung (geringe Steuern für schwache und deutlich höhere für starke Einkommensbezieher). Dazu das Selbstbewußtsein, sich mit dem überall vorhandenen und quasireligiösen Wachstumsdogma auseinander zu setzen und auch mit Suffizienz, also dem berüchtigten “Verzicht”-Wort (allein wenn man an die drei Milliarden Flugreisen im Jahr 2013 denkt). Ein solcher Akteur ist heute jedoch nicht in Sicht. Eine kleine Chance bleibt: Bürger können politische Akteure in andere, in erwünschte Richtungen drängen.

Der Text ist die Kurzfassung des am 19. September in Salzburg gehaltenen Vortrags “Gesellschaftliche Unternehmensverantwortung – Ein Werbeschmäh?”.


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