Berlin (csr-news) > Nachhaltigkeit ist fest in unserer Unternehmens-DNA verankert. So oder ähnlich beschreiben viele Unternehmen ihre Haltung zur Unternehmensverantwortung. Was darunter genau zu verstehen ist, darüber sollen die regelmäßig erscheinenden Nachhaltigkeitsberichte aufklären. Doch was sagen diese Berichte eigentlich über die tatsächliche Nachhaltigkeitsleistung aus? Die Zertifizierungsgesellschaft GUTcert hat diesen Zusammenhang in zwei Studien untersucht, branchenübergreifend und am Beispiel der Automobilindustrie.
Es sind diese Tage, während der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt, an denen die Branche gerne ihr grünes Gewissen zeigt. Ob Hybrid oder Elektro, ob grün oder blau, in Zukunft wird umweltschonend gefahren. Ist die grüne Botschaft erstmal verbreitet, dann wird schnell deutlich, das Herz der Ingenieure hängt dann doch eher an Pferdestärken, an Größe und Kraft und sinnlosen Spielereien. Wie nachhaltig agiert also diese Branche? Es gibt praktisch keinen größeren Hersteller in der Automobilindustrie, der sich nicht mit Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung beschäftigt. Die mehr oder weniger üppig gestalteten Nachhaltigkeitsberichte legen Zeugnis davon ab. Ob dieses, in den Berichten vermitteltes Bild mit der Realität übereinstimmt, das wollten die Analysten von GUTcert wissen und haben dazu zwölf Autohersteller unter die Lupe genommen. Die zentrale Frage war: Wie weit ist die Nachhaltige Entwicklung in den jeweiligen Unternehmen nachweisbar fortgeschritten? Die Studie ist die branchenbezogene Fortsetzung einer ähnlichen Studie, die bereits im Frühjahr veröffentlicht wurde und die Nachhaltigkeitsleistung von insgesamt 27 Unternehmen unterschiedlicher Wirtschaftszweige untersuchte. Dazu wurde die prinzipielle Berücksichtigung von mehr als 80 Indikatoren betrachtet, aber vor allem deren Entwicklung. Auf diesem Weg soll beispielsweise schnell deutlich werden, welche Schwerpunkte die Unternehmen setzen, ob Indikatoren nur genannt werden oder ob auch konkrete Ziele mit ihnen verbunden sind und welche Indikatoren in den Nachhaltigkeitsberichten überhaupt aufgegriffen werden.
Zwei Aspekte vorweg, der Umfang eines Nachhaltigkeitsberichts sagt gar nichts über die erbrachte Nachhaltigkeitsleistung aus und auch nichts über die Qualität oder Transparenz des Berichts. Das Gegenteil kann der Fall sein, die pointierte kompakte Präsentation kann eher zum Lesen verführen als das zahlengespickte 300-Seiten-Werk (NGOs und Medien ausgenommen). Ein weiterer Aspekt ist die Begrifflichkeit, Nachhaltigkeitsbericht oder CSR-Bericht – beides kommt vor, meint nicht immer das Gleiche, orientiert sich aber meist den GRI-Standards. Von den untersuchten Berichten aus der Automobilindustrie waren zehn Nachhaltigkeitsberichte, die Wirtschaftlichkeit mit abdecken, zwei waren CSR-Berichte, von denen einer eher ein integrierter Bericht war. In allen Berichten zeigte sich ein nicht immer klares, selbst gezeichnetes Unternehmensbild. Mal werden die Dinge besser dargestellt, als sie sind, mal ist die Wirklichkeit der Berichterstattung voraus – beides hält sich die Waage. Insgesamt konnten die Unternehmen mit 1000 Punkten bewertet werden. In drei Schwerpunktbereichen wurde bewertet: Management und Kommunikation, Produkt und Produktion sowie Personalmanagement. Soviel vorweg, Fiat hat mit 868 Punkten in der Gesamtbewertung am besten abgeschnitten. Insgesamt zeigt sich, die Stärke der Automobilhersteller ist der Bereich Management und Kommunikation, nur Honda offenbarte hier Defizite. Im Vergleich zur ersten Studie schnitten die Kfz-Hersteller im Durchschnitt deutlich besser ab, als Unternehmen anderer Branchen. Innerhalb der Branche werden alle Unternehmen mit den mehr oder weniger gleichen Herausforderungen konfrontiert, reagieren aber mit unterschiedlichen Produktpaletten und Geschäftsmodellen. Beispielsweise sehen alle Hersteller Innovation als einen wichtigen Treiber nachhaltiger Entwicklungen in allen Geschäftsbereichen an. Zudem beschäftigen sie sich mit Ressourceneffizienz, nachhaltiger Mobilität und neuen Antriebssystemen. Im Detail setzen die Unternehmen allerdings andere Schwerpunkte, die sich teilweise durch die nationalen Besonderheiten (etwa gesetzliche Verpflichtungen zur Berichterstattung) ergeben. So berichtet Peugeot stark zu Personalthemen, FIAT zur Effizienzsteigerung, die deutschen Marken berichten umfangreicher über ihre Innovationskonzepte während Toyota gesellschaftliche Mobilität als Schwerpunkt betrachtet. Für die Analyse von Bedeutung war auch, wie umfangreich die einzelnen Indikatoren berücksichtigt werden. Hier lag Peugeot an erster Stelle, dicht gefolgt von FIAT. „Peugeot spricht praktisch alle heute von Stakeholdern geforderten Themen an und berichtet dazu überwiegend systematisch“, schreiben die Autoren dazu. Ganz im Gegensatz dazu Honda, „Themen werden nur rudimentär erwähnt oder Teilziele berichtet: Schlagworte ohne Substanz überwiegen“. Größte Schwachstelle bei allen Herstellern ist der Indikatorenbereich Personalmanagement und im Bereich der Produktion die Indikatoren zur umweltfreundlichen und zur gesunden Produktion. Ein unterschiedliches Bild zeigt sich beim Lieferantenmanagement, ein wichtiges Feld unternehmerischer Nachhaltigkeit. Zwar beschäftigen sich alle Hersteller damit, aber immerhin 58 Prozent berichten nicht darüber, ein Drittel hat nur die direkten Lieferanten im Visier. Entsprechend ist das Thema Supply Chain im Nachhaltigkeitsmanagement kaum mit konkreten Zielen verbunden, lediglich Renault hat sich zu festen Audits verpflichtet.
Die Studien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung insgesamt und zur Automobilindustrie werden bei GUTcert zum Download angeboten. Beide Studien geben einen ausführlichen Einblick in Sein und Schein der Nachhaltigkeitsberichterstattung.