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„Gefallen an Gefälligkeiten“: Journalismus und Korruption

Die Deutschen halten ihre Medien erstmals für korruptionsanfälliger als Verwaltungen und das Parlament. Das zeigt das Globale Korruptionsbarometer von Transparency International (TI). Wie es aussieht mit der Korrumpierbarkeit von Medien, beschreibt die Studie „Gefallen an Gefälligkeiten – Journalismus und Korruption“ von TI und dem Netzwerk Recherche: Durch steigende wirtschaftliche Druck auf die Verlage verbessere die Trennung zwischen redaktionellem Inhalt und Werbung nicht.

Berlin (csr-news) – Die Deutschen halten ihre Medien erstmals für korruptionsanfälliger als Verwaltungen und das Parlament. Das zeigt das Globale Korruptionsbarometer von Transparency International (TI). Wie es aussieht mit der Korrumpierbarkeit von Medien, beschreibt die Studie „Gefallen an Gefälligkeiten – Journalismus und Korruption“ von TI und dem Netzwerk Recherche: Durch steigende wirtschaftliche Druck auf die Verlage verbessere die Trennung zwischen redaktionellem Inhalt und Werbung nicht.

In der Kurzstudie, an der sich auch die Otto Brenner Stiftung und das Institut für Journalistik der Technischen Universität Dortmund beteiligten, kommen viele Beispiele für die verdeckte Einflussnahme von Unternehmen auf Journalisten und ihre Berichterstattung zur Sprache. Eine Pressereise aus dem März 2011 wurde zum Anlass der Studie: ThyssenKrupp hatte dazu vier Mitarbeiter von Tagesspiegel, Süddeutsche Zeitung, Neue Ruhr Zeitung und Rheinische Post eingeladen. Die Journalisten flogen First Class nach Südafrika, übernachteten in einer luxuriösen Lodge und wurden mit dem Hubschrauber zu ihren wenigen Terminen geflogen. In den anschließenden Berichten über das aufstrebende Thyssen-Geschäft in Südafrika tauchte kein Hinweis auf die Finanzierung der Recherchereise durch den Konzern auf. Das deckte ein Welt-Journalist auf, dessen Bericht in den Medien jedoch ohne nennenswerte Reaktion verhallte.

Kritisch berichtet die Studie über die WAZ-Women-Group der Funke-Mediengruppe und ihre Zeitschriften Neue Welt, Echo der Frau und die aktuelle für ältere Leserinnen. Darin fände sich heimliche Werbung: Die Nennung von Produkten in redaktionellen Texten – gefolgt von einer Anzeige für diese Produkte zwei Seiten später. Angeprangert werden Journalistenreisen wie der vom VW-Konzern organisierte drei- bis viertägige Besuch bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 – zum Preis von bis zu 25.000 Euro pro Reisendem. Einen weiten Raum erhalten die Medienpartnerschaften und Kooperationen der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Die Industrieinitiative arbeitete über Jahre im Rahmen eines „Städterankings“ mit der Wirtschaftswoche und schrieb mit dem Zeit-Verlag einen Essay-Wettbewerb aus, wobei jeweils der Einfluss der INSM in diesen Kooperationen oder ihre Position als Lobbyorganisationen für den Leser nicht deutlich erkennbar wurden.

Fehlende Unternehmensverantwortung und Compliance

Die Kurzstudie geht auch der Frage nach, wie Medienunternehmen einem Missbrauch journalistischer Berichterstattung institutionell vorbeugen. „Begriffe wie Unternehmensverantwortung und Compliance findet man selten bei den Medienunternehmen und ihren Verbänden“, heißt es dazu. Die Autoren der Studie befragten dazu die Chefredakteure der 30 auflagestärksten Tageszeitungen – und erhielten nur zwei Rückmeldungen. Schlussfolgerung der Studie: Trotz einer wachsenden Abhängigkeit der Medienmacher von Werbekunden sind Compliance und der Schutz vor unethischer Beeinflussung noch nicht in allen Köpfen angekommen.

Die Kurzstudie „Gefallen an Gefälligkeiten“ – Journalismus und Korruption >> als PDF zum Download


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