Hamburg (csr-news) – Wer zur Elite gehört, soll nicht anhand von Status oder Funktion, sondern anhand von Verantwortungsbereitschaft entschieden werden. „Zur Elite gehört, wer sich der Verantwortung der Elite stellt“, sagte der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende, Altbischof Wolfgang Huber, am 2. Mai auf einer Veranstaltung des Deutschen Evangelischen Kirchentages in Hamburg. Führungskräfte in der Wirtschaft sollen nicht nur den eigenen Zuständigkeitsbereich, sondern auch den größeren gesellschaftlichen Zusammenhang im Blick behalten. Ein glaubwürdiges Eintreten von Wirtschaftsführern für gesellschaftliche Werte fehle häufig. Während sich Politiker als gewählte Volksvertreter Diskussionen stellen müssten, glaubten Manger, sie könnten sich da heraushalten. Huber weiter: „Wenn die Wirtschaft beim Bemühen um den Zusammenhalt in der Gesellschaft ausfällt, ist Gefahr im Verzug.“ Mehr Manager müssten „aus der Deckung gehen und sich der Verantwortung stellen.“
Zugleich forderte der Altbischof von Wohlhabenden „Demut im Blick auf die eigenen Verdienste und Empathie für die, denen es schlecht geht“. Dies entspreche der nach christlichem Verständnis radikalen Gleichheit der Menschen vor Gott. „Die Tür zum Reich Gottes lässt sich nur von innen öffnen, für Reiche wie für Arme“, sagte Huber. Für ein humanes Zusammenleben sei es wichtig, dass Menschen Gott die Ehre geben und sich nicht selbst für Gott hielten. Maßstab für die Verantwortungsübernahme von Eliten sei, ob „der Vorteil des Starken auch ein Vorteil des Schwachen“ sei.
Selbstverschuldete Unmündigkeit überwinden
Auf der Veranstaltung unter dem Thema „Sinn des Wirtschaftens – Unternehmen in Verantwortung“ verwies der Leiter des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, der Nachhaltigkeitsforscher Prof. Uwe Schneidewind (Foto), auf die vielseitigen wirtschaftlichen Verflechtungen in einer globalen Welt. Bei Katastrophen wie dem Einsturz eines Fabrikgebäudes in der Hauptstadt Bangladeschs, Dhaka, Ende April lasse sich aufgrund von Ausdifferenzierung, Arbeitsteilung und begrenzter Handlungsspielräume kein einzelner Schuldiger festmachen. Die Schuld liege aber „auf der Ebene einer selbstverschuldeten Unmündigkeit“, sagte Schneidewind. Das gegenwärtige Wirtschaftssystem sei von Menschen gestaltet worden und könne auch von Menschen umgestaltet werden. Deshalb sei „das Wegwerfen des Vertrauens in den Menschen“ die eigentliche Schuld. Manager sollten sich fragen, was sie in ihrem Unternehmen dazu beitragen könnten, um vermeintlich unüberwindbare Sachzwang zurückzudrängen. „Aufhören einverstanden zu sein, ist der Beginn der Verantwortungsübernahme“, so Schneidewind.
Verantwortliches Wirtschaften kostet
Auf der Ebene der Unternehmen sei eine ordnungs- und strukturpolitische Verantwortungsübernahme gefragt. Dies könne beispielsweise durch die Schaffung von Verhaltenskodizes oder ökologischen Zertifizierungsstandards geschehen. Allerdings habe ein menschengerechtes Wirtschaften auch einen Preis. Schneidewind: „Wir retten diese Welt vermutlich nur mit einem kleinen bisschen Ineffizienz.“
Den Preis für ein verantwortungsvolles Wirtschaften bezifferte die Geschäftsführerin des Outdoor-Ausrüster Vaude, Antje von Dewitz. Eine zertifizierte nachhaltige Produktion „kostet ungefähr 15% mehr, als wenn wir das nicht tun würden“, sagte von Dewitz. Der Erfolg eines verantwortungsvollen Wirtschaftens sei an zwei Bedingungen geknüpft: „Wenn wir es tun, müssen wir es erstens völlig konsequent tun. Und zweitens müssen wir erreichen, dass wir als Marke damit verbunden werden.“ Weiter sagte von Dewitz, ihr Unternehmen setze deshalb auf eigene Qualitätsteams in den Zulieferländern China und Vietnam, auf langfristige Partnerschaften mit Lieferanten und auf deren Zertifizierung durch die auf die Verbesserung von Arbeitsbedingungen spezialisierte Fair Ware Foundation.
Auf die Gestaltungsmöglichkeiten globaler Unternehmen verwies die im Vorstand der Daimler AG für Integrität und Recht verantwortliche Juristin Christine Hohmann-Dennhardt. In Ländern mit hoher Korruption könnten Konzerne darauf hinwirken, ihre Geschäfte ohne Korruptionszahlungen abzuwickeln. „Unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sage ich immer: Wer, wenn nicht wir?“, sagte Hohmann-Dennhardt. Wichtig sei es, die Mitarbeiter in Risikoländern für Korruptionsrisiken zu sensibilisieren und Handlungsalternativen anhand konkreter Situationen durchzuspielen. Zugleich müssten sie wissen, dass ihnen keine Nachteile daraus entstehen, wenn durch konsequentes Handeln ein Geschäftsabschluss scheitere.