Dhaka (csr-news) – Der Zugang zur Berufstätigkeit hat Frauen in Bangladesch Anerkennung und Bewegungsfreiheit gebracht. Nun geht es darum, weiteren Frauen als Unternehmerinnen ein selbstbestimmtes Wirtschaften zu ermöglichen. So sieht es Nurjahan Begum. Die Ökonomin hat Nobelpreisträger Muhammad Yunus bei der Umsetzung seiner Idee einer „Bank für die Armen“ von Anfang an unterstützt und gehörte später zum Leitungsgremium der so entstandenen Grameen Bank. Heute ist sie Direktorin von Grameen Shikkha, einem Bildungs- und Stipendiatenprogramms für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.
„Als wir anfingen, gab es das Sprichwort: Unglücklich ist der Mann, dessen Kuh stirbt. Aber glücklich ist der Mann, dessen Frau stirbt“, berichtet Nurjahan Begum. Das war Mitte der 70ger Jahre. Seitdem hat sich vieles verändert in Bangladesch, was sich nicht zuletzt darin zeigt: Mit Hasina Wajed ist dort eine Frau Ministerpräsidentin. Als die Grameen Bank 1976 startete, traute kaum jemand Frauen einen Umgang mit Geld zu. Von den heute 8,7 Millionen Einlegern der Grameen Bank sind 97% Frauen. Viele von ihnen haben ein niedrig verzinstes Darlehen – einen sogenannten Mikrokredit – erhalten, um damit ein Kleingewerbe beginnen zu können: als Schneiderin, in der Krankenpflege oder im Handel. Eine dieser Frauen erzählte Nurjahan Begum: „Früher brauchte mir mein Mann keine Medizin, wenn ich erkrankte. Heute holt er einen Arzt, weil ich zum Unterhalt der Familie beitrage.
Mit flankierenden Programmen hat die Grameen Bank zur Selbständigkeit der Frauen in Bangladesch beigetragen: mit Alphabetisierungskursen, Informationen zur Familienplanung oder mit einem Darlehensprogramm, das Frauen den Erwerb von Grundbesitz ermöglichte. Nurjahan Begum: „Das hat die Scheidungsquote verringert, die Männer können ihre Frauen nicht mehr einfach vom Grundstück jagen.“
Nun gilt es, die gesellschaftliche Stellung der Frauen in der nächsten Generation zu fördern. „Viele Familien haben keine Träume für ihre Mädchen“, sagt Nurjahan Begum. Bei Jungen sei das anders, da gebe es weitreichende Zukunftsplanungen. Dass sich daran etwas ändert, will Grameen Shikkha mit seinen Stipendiatenprogrammen unterstützen. Über 3.500 Schüler und Studenten aus wirtschaftlich armen Familien haben bisher davon profitiert.
Inzwischen hat das Stipendiatenprogramm eine weitere Stufe genommen und bietet Universitätsabgängern Unterstützung auf dem Weg in die Selbständigkeit. Die Idee entstand dadurch, dass viele Programmteilnehmer bei der Grameen Bank eine Anstellung suchten. Durch ein zinsgünstiges und im ersten Jahr nach Abschluss rückzahlungsfreies Darlehn und durch Beratung sollen diese jungen Leute dazu ermutigt werden, ein eigenes Unternehmen zu gründen und so für sich und andere Arbeitsplätze zu schaffen.
In Bangladesch sind allerdings nicht nur Universitätsabsolventen gefragt. Der rasch wachsenden Industrie fehlen Facharbeiter. Seit 2008 engagier sich Grameen Shikkha deshalb im Aufbau von Berufsschulen. Ein Bericht über ein soeben eröffnetes Berufsschulzentrum im Norden Dhakas folgt.
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Foto: Junge Frauen in Dhaka