Nairobi (csr-news) – Auch die im deutschen Handel angebotenen Kaffeebohnen und Teeblätter stammen nicht nur von großen Farmen, sondern von vielen tausenden Kleinbauern – zum Beispiel aus Kenia. Ein nachhaltiger Produktionsprozess muss also bei solchen Farmern beginnen, deren Anwesen nur zwischen 2.000 und 6.000 qm groß sind. Dieser Herausforderung stellen sich Organisationen wie Solidaridad. Mit dem Solidaridad-Programmmanager Joseph Kamanu, verantwortlich für Tee-Farmen in Ost- und Zentral-Afrika, sprach CSR NEWS.
Joseph Kamanu bildet mit 13 Kollegen das Regional Expertice Centre von Solidaridad in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Die Nichtregierungsorganisation hat sich zum Ziel gesetzt, für soziale Gerechtigkeit und gegen strukturelle Armut zu kämpfen. Der Einsatz für Menschenrechte gelingt dann am besten, wenn Menschen stark gemacht werden, sagt Kamanu. Dazu will Solidaridad mit einer Zentrale im niederländischen Uetrecht sowie acht Expertenzentren in Lateinamerika, Asien und Afrika beitragen. Kamanu und seine Kollegen sind in Ost- und Zentralafrika im Einsatz, um Kleinbauern zu stärken. Der nachhaltige Anbau von Kaffee, Tee, Kakao und Zuckerrohr sind einige Themen, denen sie sich dabei widmen. Neue Programme zielen auf die Klimaneutralität, eine nachhaltige Landnutzung und die Lebensmittelsicherheit. Dabei kooperiert Solidaridad sowohl mit anderen NGOs als auch mit Unternehmen.
Der Zusammenschluss kleiner Farmer in Kooperativen ist ein erster wichtiger Schritt hin zu einem verbesserten und nachhaltigen Anbau. Die Mitglieder vereinbaren ein Internal Control System (ICS) und die Kooperativen gelten so als ein eigenständiger Anbieter, der die für einen Marktzugang erforderliche Größe besitzt. Solidaridad entwickelt Schulungsmaterialien und bildet Berater sowie sogenannte Promotor Farmer – vorbildliche Landwirte – aus, die solche Kooperativen über ein dreistufiges System bis zum Erhalt von Nachhaltigkeitszertifikaten führen:
„quick wins“ und langfristige Ziele
In der ersten Beratungsstufe geht es um die „quick wins“, um schnelle Erfolge. Die Beratung vermitteln „gute landwirtschaftliche Praktiken“, die durch Ertrags- und Qualitätssteigerung sowie einen optimierten Mitteleinsatz den finanziellen Ertrag steigern. Gesellschaftliche Themen und Umweltschutz gehören zur zweiten Stufe: Für den Schutz fruchtbarer Böden, den verantwortlichen Umgang mit Wasser, Abfallbehandlung, den sicheren Einsatz von Agrochemikalien, Arbeitssicherheit oder die Gesundheit investieren die Farmer einen Teil des Umsatzplus aus Stufe 1.
Den Schutz der Böden und den sichern Einsatz von Agrochemikalien hält Kamanu dabei für besonders drängende Themen: Furchtbare Erde wird häufig durch massive Regenfälle weggespült. Hier können die bodendeckende Bepflanzung ungenutzter Flächen und das Auffangen und Aufbewahren des Regenwassers für Trockenperioden helfen. Agrochemikalien werden gerade von Kleinstbauern häufig nicht in Fachhandlungen, sondern irgendwo auf dem lokalen Markt erworben. Durch deren unsachgemäßen Einsatz gefährden sie sich selbst und die Abnehmer ihrer Produkte. Da Farmer in der Regel nicht nur eine Pflanze anbauen, passiert es zudem, dass die für das Zuckerrohr bestimmten Agrochemikalien auch auf dem Gemüse landen.
In einer dritten Beratungsphase geht es um die Zertifizierung der landwirtschaftlichen Kooperationen nach Standards wie UTZ Certified, Rainforest Alliance oder anderen. Der Anstoß zu solchen Nachhaltigkeitszertifizierungen kommt häufig von den Handelsketten über die Produzenten zu den Farmern – Top Down also. Es gibt aber auch den anderen Weg, dass landwirtschaftliche Kooperationen durch eine Zertifizierung ihrer Produkte bessere Preise erzielen wollen, berichtet Kamanu. Die Berater von Solidaridad stellen den Bauern die unterschiedlichen Nachhaltigkeitslabel sowie deren Vorteile und Nachteile dar und bereiten sie mit Selbst-Audits und Pre-Audits auf eine externe Zertifizierung vor.
Schwarze Schafe unter den Zertifizieren?
Bei Kaffee sei UTZ Certified der führende Standard, bei Tee dagegen Rainforest Alliance. Grundsätzlich eigne sich der Einstieg über UTZ Certified, da dieser Standard die Ansprüche vieler anderer Zertifikate in sich vereinige, so Kamanu. Wo möglich empfiehlt Solidaridad den Farmern eine gleichzeitige Zertifizierung nach UTZ Certified und Rainforest Alliance: Die Anforderungen seien zu 70 Prozent deckungsgleich, der Zertifizierer spare etwa die Hälfte seiner Zeit und der Zertifizierte erhebliche Kosten. Den von NGOs kritisierten Kaffee-Verhaltenscodex der 4C Association hält Kamanu für eine sinnvolle Hinführung der Farmer zu einer späteren Zertifizierung.
Die externen und als unabhängig geltenden Auditierungsorganisationen hält Kamanu für zuverlässig: Unter den Auditierern herrsche ein harter Wettbewerb, ‚schwarze Schafe‘ würden da schnell aus dem Markt gedrängt.
In Zukunft will sich Solidaridad verstärkt der ersten und farmnahen Verarbeitungsstufe landwirtschaftlicher Produkte zuwenden. Tee wird dort durch das Trocknen und Zerkleinern, Kaffee durch das Herauslösen der Kaffeekirsche aus der Frucht auf den Export vorbereitet. Dabei werde bisher besonders auf Qualitätsmerkmale wie Bohnengröße, Farbe oder Geschmack geachtet, sagt Kamanu. Die Lebensmittelsicherheit komme bei solchen Kontrollen schnell zu kurz, auf chemische Verunreinigungen, mikrobiologische Belastungen oder Metallrückstände werde zu wenig geachtet. Solidaridad will das ändern.
CSR in Kenia
Lesen Sie in den kommenden Wochen auf CSR NEWS und im CSR MAGAZIN mehr über die gesellschaftliche Unternehmensverantwortung in dem ostafrikanischen Land. CSR NEWS-Redakteur Achim Halfmann hat vor Ort mit Unternehmern, NGOs und den Menschen „auf der Straße“ gesprochen. Und ein kenianischer Journalist berichtet aktuell und exklusiv für CSR NEWS aus Ostafrika.