So viel Aufmerksamkeit erhielt lange kein Nachhaltigkeitsbericht mehr: Die Deutsche Bank hat es mit der Rechenschaftslegung über ihre gesellschaftliche Verantwortung in die Schlagzeilen geschafft. Sicher hätte sich das Bankhaus dabei andere Schwerpunkte gewünscht. Aber dann hätte es einen echten Dialog wagen müssen.
Ein Kommentar von Achim Halfmann
„Erneut starkes gesellschaftliches Engagement der Deutschen Bank“ war die Pressemitteilung zu dem Bericht betitelt. Sicher hätte es dem Institut gefallen, wenn die Medien über ihre 83 Millionen Euro schweren Investment in gemeinnützige Projekte berichtet hätten. Stattdessen standen zwei andere Themen im Vordergrund, die – das sei der Fairness halber auch gesagt – ebenfalls in der Pressemeldung benannt wurden: Spekulationen auf Agrarprodukte und Geschäfte mit Streubombenherstellern.
Die Botschaft der Deutschen Bank: Beide Themen sind komplex, verantwortungsvolles Handeln nicht einfach und ein Schwarz-Weiß-Schema reicht nicht. In diesem Jahr werde es keine neuen börsengehandelten Anlageprodukte auf Basis von Grundnahrungsmitteln geben. Über das zukünftige Engagement werden die Ergebnisse einer bankinternen Arbeitsgruppe zu den Ursachen der Preisentwicklung am Agrarrohstoffmarkt mitentscheiden. In Bezug auf die Streubomben berichtet die Deutsche Bank, im vergangenen Jahr die Geschäftsbeziehungen zu deren Produzenten aufgekündigt zu haben.
Reaktionen auf den Bericht belegen das fehlende öffentliche Vertrauen in die gesellschaftliche Verantwortungsbereitschaft von Deutschlands größtem Bankhaus. Derweilen weichen die Banker einem echten kritischen Dialog aus und vertun damit eine Chance, verlorenes Terrain wiederzugewinnen.
So wird das Thema Streubomben zwar ausführlich im CSR-Bericht aufgegriffen. Kern der Argumentation dazu ist jedoch ein Dialog mit einseitig ausgewählten, banknahen Partnern. Daraus zitiert die Financial Times Deutschland in ihrem Kommentar „Die unsägliche Augenwischerei der Deutschen Bank“: „Ein Vertreter von Ecofact gesteht der Bank zu, dass Richtlinien auch ‚in einem gewissen Umfang pragmatisch sein müssen‘. Das ist ein Blankoscheck für die Bank – den sie auch einlöst. Sie argumentiert, einem Fondsmanager nicht befehlen zu können, unethische Investments aufzulösen.“
Der Text ist lesenswert, die Herausforderungen beim Thema Streubomben sind sicher nicht so einfach zu lösen, wie es sich mancher wünschen würde. Wer jedoch Dialoge mit Partnern führt, die möglicherweise eher zu seinen Dienstleistern als zu seinen Kritikern gehören, der darf sich über mangelnde Glaubwürdigkeit nicht wundern. Die Deutsche Bank muss zudem Fakten sprechen lassen: Nach Recherchen der Wochenzeitung Die Zeit (Berlin) hat das Institut noch im Februar 2012 einen Kredit in Höhe von 47,5 Mio. Euro an den US-Streumunitionshersteller L-3 Communications vergeben.
Ähnliches gilt für den Umgang mit Finanzprodukten am Agrarmarkt. Unter der Überschrift „Deutsche Bank streicht Agrarwetten aus Programm“ berichtet die Welt (Berlin): „Spekulationen auf Lebensmittel sind höchst umstritten. Die Deutsche Bank gibt vorerst ein Geschäftsfeld auf, das sich ohnehin kaum lohnt.“ Ihr Engagement in diesem Geschäftsfeld verteidigt die Bank mit dem Argument, solche Finanzprodukte könnten zu einer Stabilität der Marktpreise beitragen. Alles andere als überzeugt äußert sich nach Foodwatch zu dem CSR-Bericht: „’Keine neuen börsengehandelten Anlageprodukte auf Basis von Grundnahrungsmitteln‘ – das heißt im Umkehrschluss: Die bestehenden Produkte werden fortgeführt und verschärfen weiterhin die Hungerkrise in der Welt.“
Die Deutsche Bank ist auf dem Weg und erstellt einen umfassenden CSR-Bericht mit der Anwendungsebene A+ der GRI-Guidelines. Kritische Themen spart sie nicht aus. Mit Scheindialogen gewinnt sie jedoch kein öffentliches Vertrauen. Denn bei allem Guten, was die Bank tut, richtet sich der Blick der Öffentlichkeit auf die Auswirkungen ihres Kerngeschäftes. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat das Bewusstsein dafür vertieft. Zweifellos muss sich die Deutsche Bank komplexen Herausforderungen stellen. Aber da helfen keine schönen Worte – sondern Taten, Transparenz und ein Dialog, der diesen Namen verdient.
Der CSR-Bericht der Deutschen Bank im Internet (PDF)
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