Von Benno König
Durban > Eine “Indaba” soll auf der UN-Klimakonferenz in Durban den Durchbruch bringen. Zu einer solchen traditionell afrikanischen Verhandlungsrunde haben die südafrikanischen Gastgeber die auf der Konferenz versammelten Minister für Donnerstagabend zusammengerufen – dem Vorabend des offiziellen Schlusstermins für die Verhandlungen. Eine “Indaba” bezeichnet in der Zulu-Sprache eine offene Gesprächsrunde, in der jeder seine Position darstellen kann, aber zu der jeder mit der Bereitschaft zum Zuhören und auch zum Kompromiss erscheinen muss – traditionell im Schatten eines der typisch afrikanischen Baobab-Baumriesen.
Tatsächlich blieben die Erfolgsaussichten von Durban in den letzten Stunden der Konferenz offen, auch wenn aus europäischen Delegationen vorsichtiger Optimismus anklang. Hoffnungen setzten die Europäer vor allem auf ein neues Verhandlungsbündnis, das am Nachmittag offiziell verkündet wurde. Vertreter der EU und zahlreicher Entwicklungsländer bekannten sich dabei erstmals gemeinsam zum Ziel eines neuen rechtlich bindenden Klimaschutzabkommens, um die Erderwärmung auf zwei Grad begrenzen zu können.
Die neue Allianz erhöht vor allem den Druck auf China, sich zumindest grundsätzlich ebenfalls international zur Begrenzung seiner Treibhausgasemissionen zu verpflichten. Lockmittel der EU ist dabei das Angebot einer zweiten Verpflichtungsperiode für das Kyoto-Protokoll, ein zentrales Verhandlungsziel der Chinesen.
Röttgen wertete das gemeinsame Vorgehen der EU und der meisten Entwicklungsländer als “politische Demonstration” von insgesamt rund 120 Staaten – immerhin die klare Mehrheit der gut 190 Konferenzteilnehmer. Dieses Signal werde von den Adressaten, den großen Verursachern von Treibhausgasen wie China und den USA, auch bereits gehört.
“Wenn sich China bewegt, …” war am Donnerstag ohnehin einer der meistgehörten Sätze in den Fluren des Kongresszentrums von Durban. Dahinter steckt der Gedanke einer Art Dominospiel. Erster Stein wäre das frisch geschmiedete Bündnis von EU und Entwicklungsländern. Sollte es ihnen gemeinsam gelingen, China auf ihre Seite zu ziehen, so erwartet etwa Christoph Bals von der Organisation Germanwatch, dürfte das andere wichtige Schwellenland Indien sich einem neuen Abkommen wohl nicht mehr verweigern.
Die beiden anderen Mitglieder der sogenannten BASIC-Gruppe der Schwellenländer, Brasilien und Südafrika, stehen einem solchen Vertrag ohnehin aufgeschlossener gegenüber. Die dann isolierten USA würden sich, so die Hoffnung der EU-Unterhändler, dann zumindest nicht mehr in den Weg stellen. Zusammen mit sich abzeichnenden Ergebnissen beim Aufbau des neuen globalen Klimafonds GCF wäre damit der Erfolg von Durban gesichert.
Bis zur abendlichen Indaba blieben dies allerdings erst mal nur Träume. Zu dem angestrebten neuen Abkommen gebe es zwischen der EU und den großen Schwellenländern noch “weit voneinander entfernt liegende zeitliche Vorstellungen”, räumte Röttgen nach Gesprächen der EU mit den BASIC-Staaten ein. Diese wollen demnach die nächsten zehn Jahre in erster Linie unverbindlich weiterverhandeln. “Was hier nicht geht, ist zehn Jahre Pause zu machen”, sagte dazu der deutsche Minister.
Die EU setzt stattdessen auf einen parallelen Ansatz des Handelns und Verhandelns, bis es vielleicht 2020 zu dem neuen großen Abkommen kommt. Andernfalls dürften auch zumindest die Inselstaaten kaum mit von der Partie sein. Für sie sei ein Handeln vor 2020 schlicht eine Überlebensfrage, unterstrich der Sprecher der AOSIS-Gruppe, Grenadas Umweltminister Karl Hood.
In der Rolle des Buhmanns fanden sich vorerst die USA. In einem emotionalen Statement musste sich deren Chefunterhändler Todd Stern, dessen Plenarrede durch die Protestrede einer US-Umweltschützerin verzögert wurde, des Vorwurfs erwehren, die USA würden die Verhandlungen blockieren. Stern ging dabei so weit, sich hinter die Forderung nach neuen internationalen Regeln für den Klimaschutz zu stellen. Ob diese auch rechtlich verbindlich sein sollen, ließ er allerdings offen.